Franz Nieberl: Das Klettern im Fels
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Franz Nieberl: Das Klettern im Fels

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Das 92 Seiten haltende Büchlein eines als Kletterer schon längere Zeit vorteilhaft bekannten Autors hat Anspruch auf sorgfältige Beachtung, namentlich von Seiten von Anfängern und angehenden Führerlosen. Um nicht Mißverständnisse hervorzurufen, will ich hervorheben, daß der Verfasser durchaus nicht der Meinung ist oder dazu Veranlassung gibt, daß seine Anleitung für den Anfänger einen Berufsführer oder einen bergerfahrenen Kameraden, welcher ihm Führerstelle vertritt, entbehrlich mache. Er weist im Gegenteil den Anfänger auf solche Lehrmeister ausdrücklich hin und gibt dann erst dem in solcher Schule Vorgerückteren weitere schriftliche Belehrung in ausgiebiger, leicht faßlicher und von trefflichen Illustrationea unterstützter Form. Die Lektüre ist nicht nur nützlich, sondern auch amüsant, durch einen frischen, aller Pedanterie abholden, dabei aber schlichten Ton und einen guten Humor, mit einem gewissen Stich ins Malitiöse; doch dieses nur gegen die Maulhelden des alpinen Klettertums, gegen die Philister am Biertisch und gegen die Snobs in den Vereinshütten. Nach einer kleinen Einleitung, in welcher das Klettern — der Klettersport ist als Teil des Alpensports überhaupt gedacht — als Sport definiert wird, wird die Eignung zum Klettern besprochen, zunächst die körperliche ( Gesundheit, Gestalt, Gewandtheit, Kraft, Ausdauer, Abhärtung, Sehkraft, Schwindelfreiheit ), dann die geistige ( Orientierungsvermögen, Kartenlesen, Gebrauch von Kompaß und Aneroid, Geistesgegenwart, Vorsicht, alpiner Schneid ), hierauf die seelische Eignung und endlich die Erhaltung und Stärkung der Eignung durch Training, Turnen, Baden und Schwimmen, Kletterschule, alpinen Schilauf vernünftige Lebensweise ohne Alkohol. Zu den mehr theoretischen Kapiteln ( auch in diese sind natürlich praktische Winke und erlebte Beispiele in Menge eingestreut ) gehören die gut geschriebenen Anleitungen über Beschreibung neuer Touren, Zusammensetzung von Kletterpartien, Gehen mit und ohne Führer, Alleingehen, Gehen in Gesellschaft. Ich begrüße es, daß in diesen Abschnitten die Sprache Nieberls, der, glaube ich, ein prinzipieller Führerloser ist, gelegentlich sogar ein Alleingänger war, angenehm absticht gegen den herausfordernden Ton mancher der Jüngeren dieser Schule, die vielfach denen, welche sie als „ Geführte " geringschätzen, bei ehrlicher Vergleichung der wirklichen Leistung nicht das Wasser reichen würden. In Kapitel III bespricht Nieberl das „ Gelände ", wobei neben den Gesteinsarten, den Grasbergen und der Gesteinsschichtung auch Eis und Schnee, die auch in den „ Kletterbergen " sporadisch vorkommen, zur Behandlung kommen. Kapitel IV ist der Ausrüstung, der allgemeinen, wie der speziellen zum Klettern, Kapitel V der Klettertechnik gewidmet. Hier sind besonders die Abschnitte über Seil, Seiltechnik usw. instruktiv. Manches war mir, dessen alpine Lehrzeit nun schon 45 Jahre zurückliegt, in seiner Kompliziertheit neu. Von einigem ( wenigen ) wollte sich mein alter Kopf nicht überzeugen lassen. So finde ich pag. 53 den Satz: „ Die von Dent vertretene Regel: ein 18 m. langes Seil ist für drei und bei einfachen Felsbergen sogar für vier Personen ganz ausreichend, hat heutzutage keine Gültigkeit mehr; ob sie je eine besessen, vermag ich nicht zu entscheiden ", etwas hochmütig gegenüber dem Überwinder des Dru und dem Verfasser von „ Above the snow line ", und des Badminton-Handbuchs „ on mountaineering ". Aus welchem Zusammenhang das Zitat aus Dent stammt ( Herr Nieberl macht keine nähern Angaben, was hier und an einigen andern Stellen im Interesse der Sache zu bedauern ist ), weiß ich augenblicklich nicht. Immerhin glaube ich, daß Dent die Meinung seiner Zeit mit Autorität vertritt, und ich erinnere mich persönlich, Partien wie die Traversierung des Portien-grates, der Fletschhörner, des Rimpfischhorns u.a. m ., lauter lange und durchwegs schwierige Klettereien, zu viert an einem 18 Meterseil ohne sonderliche Unbequemlichkeit und Risiko gemacht zu haben. Und entgegen der Meinung von Herrn Nieberl auf pag. 53, halte ich auf Firn und Fels drei gut zusammengearbeitete Männer für die wünschenswerteste und die besten Chancen bietende Gesellschaft. Ich brauche wohl nicht zu beteuern, daß ich auch andere Kombinationen ausprobiert habe, und daß ich auch für die Reize eines abenteuerlichen Abstiegs dureh unbekannte Felswände mit nur einem Begleiter empfänglich gewesen bin. Dem Kapitel VI: Gefahren beim Klettern, und dem Schlußwort kann ich uneingeschränkte Zustimmung zollen und somit: „ Ende gut, alles gut ".

Redaktion.

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