Positive Bilanz trotz Problemen
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Positive Bilanz trotz Problemen Fünf Jahre Monte-Rosa-Hütte

Erst wurde sie bejubelt, dann wegen Abwasserproblemen mit Häme übergossen: Die unter der Ägide der ETH gebaute Monte-Rosa-Hütte hatte keinen einfachen Start. Fünf Jahre später sind die Probleme behoben. Nun wird die Hütte aus der Obhut der ETH entlassen.

Als die neue Monte-Rosa-Hütte 2009 ihren Betrieb aufnahm, war das Interesse gross: Anstelle der 6500 Gäste, für die das von der ETH Zürich lancierte Vorzeigeprojekt ausgelegt war, kamen in den ersten Jahren um die 10 000. Das war nicht nur für die Hüttenwarte eine grosse Herausforderung. Auch die Technik kam an den Anschlag. Und in die Schlagzeilen.

Nachdem man das Abwasser 2013 wegen technischer Probleme direkt in die Umgebung ablassen musste, kippte die zuvor euphorische Berichterstattung. Anstatt mit Lob wurde die Hütte nun mit Kritik und Häme überschüttet. Ein Leserbriefschreiber meinte etwa, dass sie eine «Fehlplanung durch unsere zukünftige Elite» sei. Kritisiert wurde auch, dass der Selbstversorgungsgrad bei der Energie nicht die versprochenen 90% erreichte.

Eine Fehlplanung sei die Hütte aber nicht gewesen, sagt Michael Benz von der ETH Zürich, der das Projekt bis heute begleitet. Vielmehr sei die Hütte Opfer ihres eigenen ­Erfolgs geworden. Dies zeige sich gerade bei der Energieversorgung und beim Abwasser: Durch den grossen Besucherandrang musste die Kläranlage, die rund ein Drittel des gesamten verbrauchten Stroms benötigt, permanent laufen – das Abwasser konnte nicht wie geplant gespeichert werden, um es dann zu reinigen, wenn genügend Sonnenenergie zur Verfügung steht.

Zu komplex für andere Hütten

Um den Energieengpass zu beheben, nahm man das Blockheizkraftwerk vermehrt in Betrieb. Erschwerend kam dazu, dass die Grobstoffabscheidung beim Abwasser nicht wunschgemäss funktionierte. So verstopfte das Grobsieb in der ersten Reinigungsstufe immer wieder und musste mühsam von Hand gereinigt werden. Das Problem sei mittlerweile gelöst, sagt Bastian Etter, Forscher am Wasserforschungsinstitut Eawag und Mitglied der SAC-Hüttenkommission. Er begleitete die Sanierung der Anlage.

Das Sieb sei mittlerweile durch ein Becken mit einer Schneckenpumpe ersetzt worden. Diese befördert die komprimierten Grobstoffe in Kehrichtsäcke, die danach ausgeflogen und mit dem Hausmüll entsorgt werden. Das Schmutzwasser selber wird durch eine biologische Stufe mit Membranfiltration weitergereinigt. Wenn das ­Frischwasser in der Hütte knapp wird, kann das gereinigte Abwasser für die WC-Spülung verwendet werden. Im Frühling 2014 konnte die Sanierung abgeschlossen werden. Seither arbeitet die Anlage einwandfrei.

Die Idee des Wasserrecyclings sei grundsätzlich gut, so Etter. Doch die Anlagen seien zu komplex und deshalb nicht für andere Hütten geeignet. Neuartige Trockensysteme, etwa mit Urinseparation, seien einfacher und weniger aufwendig.

Aufgezeigt, was möglich ist

Optimiert wurde die Hüttentechnik nicht nur wegen der am Anfang auftretenden Mängel. Bei der wahrscheinlich am besten vermessenen Hütte der Schweiz können die Forscher schnell spezielle Beanspruchungen feststellen, die Leistungsfähigkeit einzelner Komponenten überprüfen und gezielt optimieren. So zeigte sich zum Beispiel, dass die Gebäudehülle besser funktioniert als erwartet. So hat die Hütte einen sehr geringen Wärmebedarf, obwohl die Aussentemperaturen selten über 10 Grad Celsius liegen. Dank zusätzlichen Fotovoltaikpanels der neuesten Generation und der Optimierung der bestehenden, in die Fassade integrierten Anlage steigerte sich der Solarstromertrag nochmals um rund 60%. «Damit sind wir bei der Energie bei einem Eigenversorgungsgrad von 90% angelangt», sagt Benz. Nicht eingerechnet ist dabei die Energie, die fürs Kochen verwendet wird. Benz zieht eine positive Bilanz: «Alle Anlagen laufen reibungslos.»

Die gesammelten Erfahrungen der Forscher stossen auf ein breites Interesse. So erhält Benz jetzt noch jede Woche zwei bis drei Anfragen zur Hütte. Sehr zufrieden mit dem Geburtstagskind ist auch Peter Planche von der SAC-Sektion Monte Rosa, der die Hütte gehört. Er hat von Anfang an sehr eng am Projekt mitgearbeitet und viel Zeit darin investiert. «Das war nur möglich, weil ich bereits pensioniert war», meint er lachend. Dass so viele Gäste kamen, überraschte auch den Walliser. Man habe gerechnet, dass die Besucherzahlen mit dem Neubau um 50% ansteigen würden. «Wir dachten, das sei optimistisch», sagt Planche. Die Panne mit dem Abwasser erachtet er nicht als Drama: «Wir konnten das Problem beheben.» Im Vergleich zur alten Hütte sei die Situation ohnehin viel besser. Damals sei das gesamte Abwasser in den Gletscher geleitet worden.

«Schritte nach vorne wagen»

Höchst erfreulich sei, dass er von den Hüttenbesuchern nur positive Rückmeldungen erhalten habe, sagt Planche. Für ihn ist aber auch klar, dass der Bau ein Einzelfall ist – allein schon aufgrund der Entstehungsgeschichte. «Wir schätzen uns glücklich, dass die ETH Zürich uns für ihr Jubiläumsprojekt ausgewählt hat.»

Auch für den Zentralverband nimmt die neue Monte-Rosa-Hütte eine Sonderstellung ein. Ulrich Delang, Bereichsleiter Hütten beim SAC, meint: «Es ist wichtig, dass man als Verband auch einmal einige Schritte nach vorn gewagt.» Das Projekt habe dank den vielen Messungen gut aufgezeigt, was technisch möglich sei. Zur teilweise geäusserten Kritik am hohen Ausbaustandard verweist Delang auf eine Umfrage des SAC. Diese ergab, dass «Hüttengäste zwar nicht wegen des vorhandenen Komforts eine Hütte wählen, ihn aber sehr schätzen, wenn er wie in der Monte-Rosa-Hütte vorhanden ist». Delang konnte auch keinen Neid von anderen Hütten feststellen. Vielmehr habe das Projekt durch seine einmalig grosse Medienpräsenz die SAC-Hütten insgesamt breiter bekannt gemacht. Dazu beanspruchte die Monte-Rosa-Hütte dank der von der ETH und den Sponsoren gesicherten Finanzierung den SAC-Hüttenfonds vergleichsweise wenig.

Neues Team übernimmt

Einen Auftrag zur grösseren technischen Aufrüstung der SAC-Hütten leitet Delang aus dem Projekt aber nicht ab. «Wir sind auf eine zuverlässige, möglichst einfache Haustechnik angewiesen. Aber auch froh, um jedes Gerät, das wir im Tal lassen können.»

Für die Hütte gibt es auf Ende Jahr eine Änderung: Die Daten des Leitsystems und der technischen Überwachung werden künftig nicht mehr von der ETH Zürich erfasst und in Zürich gespeichert. Diese Aufgabe wird von der ebenfalls am Projekt beteiligten Firma Siemens übernommen. Auf die Haussteuerung kann weiterhin vom Tal und von der Hütte aus zugegriffen werden.

Auf die Wintersaison hin übernimmt ein neues Team die Hüttenwartaufgabe: Das Ehepaar Peter und Brigitte Rubin aus Baltschieder.

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