Schneeschuhläufern ist Lawinengefahr nicht klar
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Schneeschuhläufern ist Lawinengefahr nicht klar Lawinenforscher warnen vor Schneeschuhtouren ohne Ausrüstung

Wer mit Schneeschuhen in eine Lawine kommt, hat statistisch gesehen eine kleinere Überlebenschance als Skitourenfahrer. Der Grund: Schneeschuhläufer haben nicht immer ein LVS dabei.

Geraten Schneeschuhgänger in eine Lawine, sterben sie deutlich häufiger als Ski- und Snowboardtourengänger. Das belegt eine aufwendige Studie des WSL-Instituts für Schnee und Lawinenforschung (SLF). Die beiden Lawinenforscher Kurt Winkler und Frank Techel haben herausgefunden, dass es zwischen 2005 und 2015 auf Ski- und Snowboardtouren 22-mal mehr Lawinenunfälle gegeben hat als auf Schneeschuhtouren. «Aber von den verunglückten Schneeschuhsportlern starben mehr als dreimal so viele», sagt Kurt Winkler. Mitverantwortlich sei eine weniger effiziente Kameradenrettung als bei den Ski- und Snowboardtourengängern. Zudem würden Schneeschuhsportler offensichtlich weniger oft eine vollständige Notfallausrüstung mit LVS, Sonde, Schaufel und Smartphone mit sich führen.

Auch Anfänger müssen sich ausrüsten

Immer mehr Wintersportler erkunden unberührte Winterlandschaften mit Schneeschuhen, das zeigen nicht nur die rasant steigenden Verkaufszahlen der Sportfachhändler. Auch die Rettungs- und Sicherheitsfachleute sind mit dem Trend konfrontiert. Sie schlagen deshalb Alarm und fordern besonders von Schneeschuhbegeisterten ohne viel Erfahrung vermehrt «ausrüstungstechnische Disziplin». Bruno Hasler, Bergführer und Ausbildungschef beim SAC, ist sicher: «Zahlreiche Schneeschuhenthusiasten sind sich der Lawinengefahr abseits gesicherter Wege zu wenig bewusst. Sie riskieren so deutlich mehr.» Er erinnert eindringlich daran, dass Schneeschuhwanderer ohne Notfallausrüstung ausnahmslos nur auf Wintertouren der Kategorie WT1 unterwegs sein sollten. «Auf höher eingestuften Touren oder abseits gängiger Routen müssen zwingend LVS, Sonde, Schaufel und ein geladenes Handy mit dabei sein», sagt er. Und zwar auch dort, wo das Gelände auf den ersten Blick nicht lawinengefährlich aussehe. Entscheidend seien nicht nur der Verlauf und die Neigung der eigenen Spur, sondern auch die Umgebung. Auch von entfernteren, steileren Hängen könne Gefahr ausgehen. Die vom SAC dezidiert vertretene Haltung wird von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU), von den Krankenkassen und Versicherungen sowie vom Bundesamt für Sport unterstützt.

Massgebend ist die Klassifizierung

Kantonale Pro-Senectute-Organisationen bieten hingegen WT1- und WT2-Schneeschuhtouren ohne Lawinenausrüstungspflicht an. Peter Burri Follath, Leiter Marketing und Kommunikation von Pro Senectute Schweiz, findet dies «vertretbar». Diese Touren führten ausnahmslos durch Gebiete, wo neben der selbst gezogenen Spur kein Hang steiler als 30 Grad sei. «Wir gewichten bei der Tourenleiterausbildung die Sicherheit hoch», sagt er. Im letzten Winter habe man deshalb mehrere Touren auch in WT1-deklariertem Gelände abgesagt. Damit ist auch die Frage eines aufmerksamen «Die Alpen»-Lesers beantwortet: Ihm ist aufgefallen, dass auf Touren, die vom SAC angeboten werden, die Notfallausrüstung im Rucksack zwingende Voraussetzung ist, dass bei Schneeschuhtouren von Pro Senectute dagegen LVS, Sonde und Schaufel nicht «zwingend» zur Ausrüstung dazugehören.

«Das massgebende Kriterium ist und bleibt die Klassifizierung der beabsichtigten Tour», sagt SAC-Ausbildungschef Bruno Hasler. Er hat die Schneeschuhtourenskala WT1–WT6 (WT steht für Wintertrekking) mitentwickelt. Sie ist analog zu den Wanderwegen in sechs Grade unterteilt, von WT1 (sehr leicht, keine Hänge steiler als 30 Grad in der Nähe) bis WT6 (sehr schwierig, lawinengefährlich). Bruno Hasler hat zwar Verständnis dafür, dass sich wenig erfahrene Schneeschuhsportler zum Beispiel für eine einmalige Plauschtour nicht sofort die ganze Sicherheitsausrüstung kaufen und mittragen wollen. Dennoch stellt er unmissverständlich klar, dass ab WT2 grundsätzlich eine vollständige, allenfalls gemietete Ausrüstung und eine lückenlose Planung unter Berücksichtigung der aktuellen Lawinensituation dazugehören.

SAC-Schwierigkeitsbewertung von Schneeschuhtouren

WT1

Gelände: insgesamt flach oder wenig steil (<25°), keine Steilhänge in der näheren Umgebung

Gefahren: keine Lawinengefahr, keine Abrutsch- oder Absturzgefahr

Anforderungen: keine Lawinenkenntnisse notwendig

WT2

Gelände: insgesamt flach oder wenig steil (<25°), Steilhänge in der näheren Umgebung

Gefahren: Lawinengefahr, keine Abrutsch- oder Absturzgefahr

Anforderungen: Grundkenntnisse im Beurteilen der Lawinensituation

Über 600 markierte Trails

Wer ohne Lawinenausrüstung mit Schneeschuhen unterwegs sein möchte, hält sich an ausgeschilderte und gesicherte Wanderrouten oder eben an WT1-Touren. Die ausgeschilderten Routen werden bei Lawinengefahr gesperrt. In der Schweiz existieren bei guten Schneeverhältnissen bereits über 600 markierte Trails in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Eine gute Übersicht bietet www.globaltrail.ch oder in der Westschweiz www.swisssnowshoe.ch.

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