Sturzunfälle auf Skitouren – ein unterschätztes Risiko?
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Sturzunfälle auf Skitouren – ein unterschätztes Risiko?

Die Statistiken zeigen klar: Bei Skitouren ist das Risiko, in einer Lawine ums Leben zu kommen, am grössten. Sturzverletzungen sind jedoch deutlich häufiger – und können auch tödlich enden.

Die Unfallgefahren auf Skitouren hängen zu einem grossen Teil von der Schneesituation ab. Bezüglich Lawinen ist primär die Lawinengefahrenstufe entscheidend, bei Sturzunfällen ist es eher die Schneebeschaffenheit: Im lockeren Pulverschnee oder bei weichem Sulz ist Skifahren ausserhalb der Pisten in der Regel kein Problem, aber bei Bruchharst oder harter Schneeoberfläche steigt die Verletzungsgefahr stark an.

Die Entwicklung der Bergnotfallstatistik der letzten Jahre (siehe Grafik) zeigt eine deutliche Schere: Prozentual nehmen Lawinenunfälle ab, Sturzunfälle hingegen zu. Erklärungsansätze gibt es dafür mehrere.

Die Mortalität ist bei Lawinenunfällen am höchsten. Daher wird der Fokus in der Ausbildung auf die Lawinenprävention gelegt. Es gibt ein grosses Angebot an qualitativ hochstehenden Ausbildungskursen.

Auch bei der Einschätzung der Lawinengefahr (z. B. Skitourenguru bei der Planung), bei der Qualität der Prognosen und bei der Notfallhilfe hat sich in den letzten Jahren viel getan. So gibt es immer bessere LVS und Lawinenschaufeln, zudem werden vermehrt Skihelme und Airbags benutzt.

Gemäss Sportstudie Schweiz ist davon auszugehen, dass immer mehr Skitourengänger unterwegs sind. Weitaus am meisten davon bewegen sich aber in einfachem Gelände mit kaum oder wenig Lawinengefahrenpotenzial. Aber stürzen und sich verletzen kann man auch in diesem Gelände.

Die Beurteilung der Schneebeschaffenheit ist nicht immer einfach und oft subjektiv. Hat man wenig Erfahrung, ist man auf persönliche Kontakte oder auf Social Media angewiesen. Aber: Wenn ein Crack den Schnee als «noch gut drehbar» einschätzt, ist diese Beurteilung für Neueinsteiger vor Ort wahrscheinlich ein Problem.

Nicht zu unterschätzen ist auch die Ausrüstung. Seit mehreren Jahren werden im Skitourenbereich praktisch nur noch Pin-Bindungen verkauft. Damit läuft es sich leichter, aber das Auslöseverhalten einiger Produkte scheint eher zweite Priorität zu haben («Die Alpen» 11/2019).

Lawinenwinter mit vielen Todesopfern

Obwohl Lawinenunfälle prozentual abnehmen, hat es im vergangenen Winter viele Unfälle gegeben. Dabei dürfte die komplexe und sehr schwierig einzuschätzende Schneedeckensituation, die über lange Phasen des letzten Winters anhielt, eine wichtige Rolle gespielt haben.

«Viel spekuliert wurde auch über den Einfluss der Covid‑19-Pandemie. Die häufig geäusserte Vermutung, dass viele Personen mit wenig Lawinenerfahrung in den Bergen unterwegs waren, weil sie den vollen Skigebieten entfliehen wollten, und es damit zu mehr Unfällen mit unerfahrenen Personen kam, kann aus den Unfallzahlen kaum bestätigt werden», schreibt das SLF. Zwar werde der Ausbildungsstand der erfassten Personen nicht in der Schadenlawinendatenbank erfasst, aber der subjektive Eindruck der Lawinenprognostiker und Unfallbearbeiter spreche gegen die Vermutung. Vielmehr seien bei den Unfällen oft auch sehr erfahrene Personen betroffen gewesen.

Autor / Autorin

Bruno Hasler

Tipps für sichere Skitouren

•Lassen Sie sich in Lawinenkunde ausbilden.

•Schliessen Sie sich einer lawinenkundigen Leitung an, wenn Sie selbst über wenig Kenntnisse und Erfahrung verfügen.

•Informieren Sie sich über die aktuelle Lawinengefahr, die Schneeverhältnisse und das Wetter.

•Wählen Sie eine Tour mit kleinem Lawinenrisiko, und brechen Sie nicht allein auf.

•Nehmen Sie immer die Notfallausrüstung (Lawinenverschüttetensuchgerät mit drei Antennen, Sonde, Schaufel) sowie ein Mobiltelefon mit, und machen Sie sich mit der Handhabung vertraut.

•Fahren Sie defensiv, und beachten Sie das Sturz- und das Absturzrisiko.

•Trinken, essen und rasten Sie regelmässig. Beachten Sie Zeitplanung und Wetter, und kehren Sie wenn nötig rechtzeitig um.

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