Vom Creux du Van in den Himalaya
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Vom Creux du Van in den Himalaya

Der Bergführer Stéphane Schaffter verstarb im Juli in Zanskar. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen unabhängigen Menschen, der gleichzeitig fordernd und grosszügig war und sich mit absoluter Leidenschaft den Bergen verschrieben hatte.

«Ich weiss jetzt bereits, dass mein Leben zu kurz sein wird. Es wird nicht reichen, um meine Sehnsucht nach Gipfeln zu stillen», schrieb Stéphane Schaffter in Passion verticale, dem Buch über seine Karriere. Der Kopf des renommierten Himalaya-Bergsteigers war noch voll mit Projekten, als er am 24. Juli in Zanskar von einem Wildwasserstrom mitgerissen wurde und sein Leben verlor. Er führte eine Expedition an, die anlässlich des 150-Jahr-­Jubi­läums der Genfer SAC-Sektion stattfand.

Die Lust am Weitergeben

Ein zu kurzes Leben – gewiss. Und auch wieder nicht, wenn man statt der Jahre die Expeditionen des Alpinisten zählt, der bereits mit 16 Jahren zum ersten Mal die Wand des Creux du Van im Kanton Neuchâtel hochstieg. Eiger, K2, Everest, unzählige Erstbesteigungen im Himalaya, Expeditionen in die Anden, nach Grönland oder in den Hohen Atlas. Kaum eine Höhenlage auf diesem Planeten, die der Bergführer nicht durchquert hat. Es war eine regelrechte Höhensehnsucht, die über die ganzen Jahre ungebrochen blieb. «Ich kenne nicht viele mit einer derart glühenden Leidenschaft für die Berge», sagt der Genfer Bergführer Yannick Flugi, der ebenfalls an der Expedition in Zanskar teilgenommen hat. «Für ihn war es ein Bedürfnis, eine Liebe, die er mit anderen teilen wollte.»

Vor rund zehn Jahren hatte der Wahlgenfer die Jagd auf Achttausender ad acta gelegt. Von da an drehte er Dokumentarfilme und gab seine Leidenschaft an die jüngere Generation weiter. 2011 führte er neun junge Genfer Bergsteiger nach Zanskar, drei Jahre später drei junge Schweizer Rider. «Mit ihnen entdeckte er seine Jugend wieder», erzählt Yannick Flugi, «sie motivierten ihn weiterzumachen.»

Beispiellose Grosszügigkeit

Stéphane Schaffter trieb es immer vorwärts. Er schonte sich nicht. Es kam so weit, dass er jenen nur wenig Verständnis entgegenbrachte, die sich nicht hundertprozentig engagierten. «Er war kompromisslos und zögerte nicht, jemanden in den Senkel zu stellen, der sich keine Mühe gab», erinnert sich Yannick Flugi. «Aber er war auch extrem grosszügig, fähig, alle Arten von Expeditionen zu organisieren und ­jedermann auszurüsten.» Ausserdem besass er die Gewohnheit, im Anschluss an eine Expedition seine ganze Ausrüstung den einheimischen Führern zu überlassen. Der Himalaya-Experte hatte auch gelernt, nicht aufzugeben – trotz vielen Widrigkeiten, trotz den vielen Todesfällen von befreundeten Bergsteigern, die vor ihm gehen mussten. «Dieser Sport ist zu uns ­besessenen Bergsteigern erstaunlich hart», schrieb er. «Aber ich habe dieses Leben vor über 40 Jahren gewählt (...), die Wahl eines freien und leidenschaftlichen Menschen.»

Stéphane Schaffter ist viel zu früh von uns gegangen. Er bleibt eine grossartige Quelle der Inspiration.

Lesetipp

Stéphane Schaffter, Passion verticale. Du Jura à l’Himalaya, Editions du Belvédère, 2013

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