Wanderungen im Rhätikon
Unterstütze den SAC Jetzt spenden

Wanderungen im Rhätikon

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Von E. Imhof ( Section Scesaplana ).

Auf den Sommer 1890 hatte ich eine Reihe schöner Pläne für eine vielseitige Bereisung des neuen Excursionsgebietes des S.A.C. entworfen. Rhätikon und Plessurgebirge sollten in den verschiedensten Theilen und Richtungen durchwandert werden, theils aus rein touristischem, theils aus wissenschaftlichem Interesse. Natürlich wollte ich dabei mein Itinerar, sowie die Excursionskarte auf die Probe stellen, resp. Stoff sammeln zu allfälligen Ergänzungen und Berichtigungen. Alles war mit Reisegenossen und, wo nöthig, mit Führern verabredet und vorbereitet. Es kam nur noch auf das Wetter an. Aber eben das Wetter! Das läßt sich nun einmal weder bestellen, noch bestimmen. Wie manche freudig begonnene Tour wurde da verregnet, wie mancher schöne Plan durchkreuzt! Eine planmäßige Durchwanderung des Excursionsgebietes wurde durch das fast beständige Regenwetter und durch zeitweiligen Schneefall unmöglich gemacht. Man mußte sich mit einzelnen kleinen Spritztouren von je ein oder zwei Tagen begnügen und die Ausfüllung der Lücken auf kommende Jahre verschieben. So bin ich z.B. fünf Mal nach dem westlichsten Abschnitt des Rhätikon aufgebrochen, jedesmal in der Absicht, mehrere Tage dort zu verweilen und die ganze Grenzkette von der Kleinen Furka bis zur Luziensteig zu begehen. Zwei oder höchstens drei Tage hätten dazu genügt. Aber es sollte nicht sein. Jedesmal hielt das gute Wetter nur einen Tag oder einige Stunden an, dann folgte wieder mehrtägiger Landregen, oft verbunden mit Schneefall in den Höhen. An Geduld, Ausdauer und gutem Humor hat es mir und meinem trefflichen Führer, Fortunat Enderlin von Maienfeld, nicht gefehlt. Wir haben es auch versucht, uns in Alphütten einzuquartieren und so die Regentage vorübergehen zu lassen. Aber was half es? Es regnete eben immer zu, die Wolken hingen in schweren, undurchdringlichen Massen am Himmel, die Nebel strichen trübselig und kalt an den Bergwänden umher, erfüllten überall die Thäler und Schluchten und gestatteten oft kaum, einige E.Imhof.

Schritte vor sich hin zu sehen. So war man auf der Stelle festgebannt und zu langweiligem Nichtsthun verurtheilt.

Zwar ist es mir, Dank den immer wieder erneuerten Versuchen, gelungen, mehrere Gipfel des Falknisgebietes ( Falknis, Gleckhorn, Tschingel und Naafkopf ) zu besteigen; aber ich brauchte dazu ebenso viele Anläufe und Tage, als es Gipfel sind, und die einzelnen Touren liegen zeitlich immer mehrere Tage und selbst Wochen auseinander. Dabei fehlen noch die beiden Grauspitzen, die Kreuzplatte und Hornspitze, und ich will darum mit dem Bericht über den westlichen Rhätikon warten, bis das noch Fehlende nachgeholt und die Bereisung des ganzen Gebietes wo möglich nach einem einheitlichen Plane erfolgt sein wird.

Von den Touren in andern Theilen des Clubgebietes, die vom Wetter besser begünstigt waren, greife ich drei für die Berichterstattung im Jahrbuch heraus.

1. Auf und um die Scesaplana.

Der 28., 29. und 30. Juli 1890 waren wunderschöne Tage, eine der wenigen Schönwetterperioden des sonst so regnerischen Sommers, und sie werden mir immer in der angenehmsten Erinnerung bleiben, weil ich während derselben eine meiner genußreichsten Bergtouren ausfuhren konnte. Zwar war es keine groß angelegte Hochgebirgs- und Gletscherfahrt, es handelte sich nicht um Eroberung noch unbetretener Spitzen oder Auffindung netter Wege, es galt kein kühnes Wagen und Ueberwinden von Gefahren; aber die Tour führte in ein herrliches Gebirge, reich an reizenden Landschaften und großartigen Scenerien, an weiten Rundsichten und lieblichen Idyllen, und das prächtige Wetter gestattete, all das Schöne und Große auch voll und ganz zu genießen.

Am 28. Juli, Morgens 7 Uhr, trat ich mit meiner Frau eine Wanderung auf und um die Scesaplana an. Für sie war es die vierte, für mich die siebenzehnte Tour auf diesen herrlichen Berg, den Liebling der Prätigauer und Vorarlberger. Wenn man aber einen Berg mehrmals bestiegen hat, so ist er Einem zu einem Stück Heimat geworden, zu dem man sich immer wieder hingezogen fühlt. Die vermehrte Kenntniß erhöht das Interesse, und dieses treibt zu neuen Anstrengungen; nie hat man ausgelernt, denn die Natur ist auch auf dem verhältnißmäßig kleinen Raum eines einzelnen Berges oder einer einzelnen Gebirgsgruppe unendlich reich. Ich für meine Person muß gestehen, daß jetzt, nachdem ich siebenzehn Mal auf der Scesaplana gewesen, das Verlangen nach der achtzehnten Besteigung nicht kleiner ist, als vor 15 Jahren das Verlangen nach der ersten Besteigung war. Nur suche ich, wenn ich kann, dem Berg neue Seiten abzugewinnen und scheue dafür auch Umwege nicht. Also wird sich Niemand verwundern, wenn wir, meine Frau und ich, auf unserer letzten Scesaplana-Tour für Auf- und Abstieg etwas weit ausholten.

Schweizerthor-Lünersee. Ueber die sonnigen Terrassen von Montagna und das an Obstbäumen und üppigen Wiesen reiche Busserein wanderten wir zunächst Schuders zu. Auf dieser Strecke steigt man etwa 600 m, wovon aber 400 m auf die Schuderser Cresta kommen, über welche ein meist sehr steiniger Weg in vielen Windungen hinaufführt. Zum Glück ist diese Cresta ziemlich stark bewaldet, was die Unannehmlichkeit des Weges doch wesentlich mildert. Oberhalb des Waldes führt der Weg durch ein wüstes Rüfengebiet, das in beständiger Bewegung begriffen ist, so daß der Weg dort öfters neu angelegt oder verlegt werden muß und doch immer in sehr mißlichem Zustand bleibt. Schuders ist eine kleine, ganz auf Viehzucht angewiesene Kirchgemeinde von wenig über 100 Einwohnern. Die Häuser und Ställe liegen zerstreut auf einer steilen Berghalde hoch über dem tief eingeschnittenen Tobel des Schraubachs. Kartoffeläcker und Hausgärten sind auf ganz kleine Flächen eingeschränkt und liefern geringe Erträge. Einige schmächtige Kirschbäume, deren kleine Früchte erst im August reif werden, erinnern daran, daß wir uns am obersten Rand der Obstbaumregion befinden. Um so stattlicher sind die noch zahlreichen Ahorne, die in malerischen Gruppen bei einander stehen und den schönsten Schmuck der Wiesen und Bachufer bilden. Auch ein kleines Buchenwäldchen thront noch oberhalb Schuders, in dem die Buchen bis über 1500 m steigen. Aber der Boden unter dem Dörfchen gegen das Tobel hin ist häufigen Rutschungen und Rüfen ausgesetzt. Manches schöne Gut ist schon von dem immer weiter um sich fressenden Tobel verschlungen worden; manches Haus und mancher Stall mußte schon weiter aufwärts versetzt werden, um dem gierigen Rachen des Abgrunds zu entgehen, manche üppige Wiese wurde von tückischen Rüfen tief aufgerissen und mit Schlamm und Trümmerhaufen überschüttet. Auch der letzte, nasse Sommer hat wieder große Verwüstungen angerichtet und Wiesen, Bäume, Gebäulichkeiten und Wege theils für immer zerstört, theils für längere oder kürzere Zeit unbrauchbar gemacht.

Von Schuders an führt der Weg noch eine Weile ziemlich steil aufwärts, dann zieht er sich fast horizontal oder doch nur mit kleinen Steigungen und Senkungen theils durch den obern Waldrand, theils über schöne Bergweiden hin. Auf dem in großen Tobeln drei Mal ein- und ausbiegenden, gut angelegten Alpweg erreicht man in etwa zwei Stunden das Vorder- oder Schuderser-Aelpli und in einer weitern halben Stunde das Hinter- oder Grüscher-Aelpli und bleibt dabei immer in einer Höhe von etwa 1600 m und im Angesicht der großartig herrlichen Gestalten von Drusen- und Sulzfluh, die mit ihren weißschimmernden, stolzen Kalkmauern den Hintergrund der Landschaft prächtig abschließen.

Um 12 Uhr waren wir im Grüscher-Aelpli, hatten also bis hieher mit Einschluß je einer halben Stunde Rast in Schuders und im Schuderser-Aelpli fünf Stunden gebraucht. Bei der Partutsquelle hielten wir uns Vilan. Kleine Furt ». 2730 2861 E.Imhof.

28042969 Ciprianspitz.

E. Bosshard del. 17. VII. 90.

Scesaplana ( 2969 m ) von Schöneck bei Chur.

. nur so lange auf, als nöthig war, um einen erfrischenden Trunk zu nehmen. Diese Prachtsquelle sprudelt aus vielen Löchern in einer kleinen Boden-nische hervor und bildet gleich von Anfang an einen starken Bach, der nach einem ganz kurzen Lauf in den schwächern Aelplibach fällt. Der Boden der Quellennische ist unregelmäßig hügelig und von vielen größern 2969 E. Bosshard del. 8. X. 87.

und kleinern Steinblöcken besäet, die ganz oder zur Hälfte im Wasser stehen und wie die Zwischenräume mit einem dichten Moosteppich bekleidet sind. Ueber diesen Teppich rieselt und sprudelt das wunderbar klare Wasser und sammelt sich rasch zu starken Adern, die sich wiederum zum ansehnlichen Bach vereinigen. Zwischen den schwellenden Mooskissen, die sich über die Steine ausbreiten, finden sich zahlreiche Vertiefungen und Becken von verschiedenen Djmensionen, die bis an den Rand mit Wanderungen im Rhätikon.

dem klarsten, frischesten Wasser gefüllt und deren Grund wieder von dem schwarzgrünen Mooskleid oder von feinem, weißem Kies bedeckt ist. Es ist das vielleicht die schönste und stärkste Quelle im ganzen nördlichen Rhätikon und ihr Wasser ist ungemein erfrischend und wohlschmeckend. Freudig begrüßt man sie, wenn man nach längerem Marsch sie erreicht, und gern macht man, wenn man in die Gegend kommt, einen Umweg, um sie zu genießen. Nur ungern aber verläßt man sie, namentlich wenn man weiß, daß nun bis auf die Höhe des Schweizerthors kein Wasser mehr zu finden ist. Freilich kann man, um dorthin zu gelangen, dem Aelplibach folgen bis zu seiner Quelle oder noch weiter bis zur Quelle, die am Fuß der Wand unter dem Schweizerthor hervorbricht, und dann von dort östlich und südöstlich ansteigen; aber das ist ein Umweg und führt über eine 200 m hohe und steile Schutthalde, auf der man nur mit Mühe aufsteigen kann, da der meistens feine und lose Schutt unter den Füßen weicht. Gute Kletterer können zwar, wenn sie die Stelle finden, rechts durch die Wand hinauf klettern, bis sie das Rasen- und Schuttband erreichen, über welches der auf der Excursionskarte eingezeichnete Weg führt. Aber das ist nicht Jedermann anzurathen, und auch gewandte Kletterer werden ohne Führer die Stelle nicht leicht finden und dann statt Vortheil Nachtheil haben.

Wir zogen vor, von der Partutsquelle allmälig, und doch für die Mittagszeit immer noch steil genug, nordöstlich empor zu steigen, zunächst zwischen den letzten Tannen und Ahornbäumen durch, dann über die großblockige Trümmerhalde, die nur stellenweise feinem, beweglichen Schutt enthält und darum leichter zu passiren ist, als die Halde längs der Felswand. Man findet so leicht das schon von Weitem sichtbare Schutt- und Rasenband, das an der Felswand nordwestlich zur zahn-lückenartigen Scharte des Schweizerthors führt. Dieses Band ist ziemlich breit, aber auch ziemlich abschüssig und geht nach unten oder für uns nach links in eine senkrecht abfallende Wand über, während rechts oben sich die gewaltigen Felsmassen aufthürmen, die das nordwestliche Ende der Drusenfluh bilden.

Weg ist keiner da, aber im Schutt und im spärlichen Rasen finden sich doch kleine Absätzchen, die wie schmale Geißenwege aussehen, auch etwa Spuren früherer Begehungen zeigen. Auf diesen kommt man ganz gut fort, doch sollte man schwindelfrei sein, mit den Augen das Terrain gehörig sondiren, um immer die besten Absätzchen zu finden, und sich eher nach oben halten, damit man sich bei allfälligem Straucheln nicht gleich am Rand des Abgrundes findet. Bei genügender Vorsicht ist das Band oder Terräßchen gefahrlos. Wir sind z.B. längere Zeit auf demselben geblieben, um theils stehend, theils sitzend den schönen Blick hinaus in 's Thal und hinauf an die gewaltigen Felswände zu genießen oder um einzelne Alpenblumen zu pflücken, die ihre farbenprächtigen E. Imhof.

Köpfchen aus Gras und Schutt hervorleuchten ließen. Ist das Band überschritten, so kommt man an eine kahle, glatte und steile, aber doch nicht senkrechte Felsenstufe, in welche drei Wasserrinnen wie Hohlkehlen eingeschnitten sind. Gewöhnlich führen diese Hohlkehlen kein Wasser, und durch sie, am besten durch die am meisten links herabkommende, kann und muß man nun zum Theil auf allen Vieren hinaufklettern, welches clubistische Kunststück auch von meiner Frau mit Bravour, wenn auch nicht ohne vorheriges bedenkliches Kopfschütteln ausgeführt wurde. Um 2 Uhr waren wir auf der Paßhöhe ( 2151 m ) und hatten also von der Grüscher-Alp zwei Stunden gebraucht, waren aber auch absichtlich langsam gegangen und hatten uns mehrfach mit Botanisiren aufgehalten. Sonst legt man diese Strecke auch leicht in 1112 Stunden zurück.

Auf der Paßhöhe blieben wir nun eine volle Stunde, denn es ist ein sehr eigenartiger und interessanter Paß und man kommt nicht so oft dorthin. Schon die Aussicht nach der schweizerischen und nach der österreichischen Seite ist schön. Besonders fesselt aber die nächste Umgebung des Passes selber: die gewaltigen Wände der Drusenfluh und Kirchlispitzen und der tiefe Absturz im Süden gegen die Grüscheralp, dann im Norden das kecke Haupt der Zimbaspitze und vieles Andere. Auch zeichnet sich der Paß durch eine merkwürdige orographische und hydrographische Eigenthümlichkeit aus. Während derselbe nämlich im Süden in schroffen, kahlen Kalkwänden abbricht, breitet sich oben ein kleines, wellenförmiges Rasenplateau aus, das sich nach Norden in sanften Böschungen zum Rellsthal senkt. Den Südrand der Paßhöhe bildet eine kahle Felsenschwelle, an welche sich auf der Nordseite eine kleine, versumpfte Einsenkung anlehnt, eine Art kleine Doline, wie sie größer und zahlreicher am Grubenpaß auftreten. Diese Schweizerthor-Doline sammelt mehrere Quellen, darunter eine mit vorzüglichem Trinkwasser an der nördlichen Dolinenwand. Sie hat, wie die Dolinen im Karst, keinen oberirdischen Abfluß und bildet doch auch keinen See, sondern hat nur einen etwas versumpften Boden. Das Wasser fließt unterirdisch ab. Möglicherweise geht, wie die Hirten der dortigen Gegend meinen, ein kleiner Theil desselben nach Norden in 's Rellsthal, aber die Hauptmasse sieht man als ziemlich starken Bach am Südrand der Doline in einer Kluft der dortigen Kalkmauer verschwinden. Durch unterirdische Gänge findet es seine ewig verborgenen Wege, bis es endlich, nach Unterteufung der Kalkmauer und der Landesgrenze, 200 m weiter unten auf Schweizerboden im circusähnlichen Hintergrund der Grüscher-Alp wieder zum Vorschein kommt. Das Schweizerthor zeigt also, abgesehen von den landschaftlichen Reizen, die es mit andern Pässen, z.B. mit dem Cavelljoch und dem Drusenthor, gemein hat, Eigenthümlichkeiten, die man anderswo nicht so leicht wieder findet. Es sind, kurz zusammengefaßt, Wanderungen im Rhätikon.

folgende: die völlig veränderte Natur auf der Süd- und Nordseite des Passes: senkrechter, kahler Felsabsturz auf der einen und wellenförmiges Rasenplateau auf der andern Seite; die Dolinenbildung oder beckenförmige Einsenkung mit versumpftem Boden auf der Paßhöhe; der unterirdische Wasserabfluß, und zwar unter der höhern, felsigen Dolinenwand durch.

Um 3 Uhr brachen wir wieder auf, um hinter den Kirchlispitzen durch und über das Verrajöchl ( nicht iVerrajöchl, wie infolge eines Mißverständnisses im Itinerar und auf der Excursionskarte steht ) dem Lünersee zuzusteuern. Es marschirt sich da leicht und angenehm, denn die Steigungen und Gefälle sind keine schroffen mehr, und man geht fast immer über blumenreichen Weideboden. Nur am Verrajöchl ( 2331 m ) liegen kleinere und größere Blöcke eines porösen, löcherigen, dunkelgrauen Arlbergkalkes umher, der nördlich ansteht und dort einige sonderbare, ruinenförmige Figuren bildet. Diese Felsbildungen sind auf der Karte zu wenig ersichtlich; es erscheint auf derselben dort herum Alles als Grasboden. Auffallend sind auch in den weißen Kreidewänden der Kirchlispitzen die blutrothen, breiten und langen Bänder von Seewerkalk. Ich betrachtete mir die Kirchlispitzen genau, um die Stellen herauszufinden, von und über welchen denselben beizukommen wäre, und ich glaube, drei solche Stellen gefunden zu haben, die ich mir merkte, um sie gelegentlich einmal zu probiren oder Andern mitzutheilen. Für diesmal aber ließ ich sie links liegen und wanderte selbander in aller Gemüthlichkeit und Fröhlichkeit dem Lünersee zu. Um 4 Uhr erreichten wir denselben und um 4 ½ Uhr langten wir in der Douglashütte ( 1969 m ) an und hatten also vom Schweizerthor 1 ½ Stunden, von Schiers aus 9 ½ Stunden gebraucht, wovon jedoch auf Rasten 2 ¼ Stunden, auf den Marsch selber 7 ¼ Stunden kommen. Die Combe'sche Formel 1 ) ergibt für die Wege von Schiers bis zum Schweizerthor 12 ( 14 —I— 15348 Min. = 5 Std. 48 Min.

vom Schweizerthor bis zum Verrajöch112(1 +l.8)= 340 „ 34 „ von Verrajöchl bis zur Douglashütte 8(3.5 + 3.5)= 560 „ 56 „ Zusammen438 Min. = 7 Std. 18 Min.

Das Ergebniß der Berechnung stimmt also sehr gut mit unserer Erfahrung überein. Bei der dritten Theilstrecke wurde als Geschwindigkeits-coëfficient 8 angenommen, weil etwa die Hälfte dieser Strecke längs dem E. Imhof.

See horizontal verläuft. Ist der Abstieg ein ziemlich ununterbrochener, so darf man als ersten Factor 6 setzen.

In der großen, bewirtschafteten Douglashütte, eigentlich einem kleinen Sommer-Gasthaus mit 24 Betten und zwei größern Speise- und Aufenthaltszimmern, ging es hoch her, denn der schöne Tag hatte viel Volk, Herren und Damen, herbeigezogen. Auch ein Künstler aus München war da, der prächtige Aufnahmen von den schönsten Punkten der Umgebung machte. Die freundliche Martina, die Wirthstochter von Brand, und ihre Gehülfin hatten alle Hände voll zu thun, um die vielen hungrigen und durstigen Gäste zu befriedigen, und selbst die anwesenden Führer mußten dabei etwa Hand anlegen. Es war ein herrlicher Abend, und das muntere Touristenvolk war in bester Stimmung und voll Bewunderung für den prächtigen See und seine großartige Gebirgsumrahmung. Unwillkürlich denkt man hier an das Lied: „ In den Felsen, die voll Schnee, liegt ein himmelblauer See ", ja es ist Einem, als wäre das Lied speciell mit Rücksicht auf diesen wundervollen Hochgebirgssee gedichtet worden. Wenn an einem schönen Sommertag, namentlich gegen Abend, die dunkelblaue Wasserfläche ruhig daliegt und die in der untergehenden Sonne erglühenden Kalkspitzen und Gräte ringsherum in der klaren Fluth sich mit einer Schärfe der Umrisse spiegeln, daß man im Spiegelbild jede kleine Einzelheit erkennt, so gibt das ein Bild, wie es so schön und rein, so wunderbar prächtig weder Feder noch Stift darstellen und nicht einmal die Phantasie sich ausmalen kann. Wohl gibt es ja noch viele schöne Bergseen im weiten Alpenland, und mancher hat einen noch großartigeren, noch majestätischeren Gebirgskranz, wir erinnern nur an das Kleinod des Oeschinensees im Berner Oberland, aber keiner liegt so hoch und ist dabei so groß und klar. Und in dieser Höhe, so hoch über der Waldregion, im freien Reich der Alpenrose, ist nun einmal die Natur anders und wird anders empfunden, als weiter unten, wo die Luft schwerer, die Hitze drückender und die Alltäglichkeit näher ist. Auch der Daubensee an der Gemmi läßt sich mit dem Lünersee nicht vergleichen. Wohl liegt er noch fast 300 m höher, aber er ist kleiner, namentlich schmäler. Was ihm aber besonders abgeht, das ist die Klarheit des Wassers und die Freundlichkeit der Umgebung. Denn während am Lünersee die Großartigkeit und Wildheit der Hochgebirgsnatur auf 's Schönste vereinigt ist mit der Lieblichkeit blumengeschmückter Alpenmatten, paßt der Daubensee mit seiner trüben, grauen Wasserfläche gut zu der kahlen, trostlosen Einöde seiner düstern Umgebung.

Die Annehmlichkeit des Aufenthaltes am Lünersee wird noch erhöht durch die freundliche und gute Bewirthung und durch die Gesellschaft, die sich da jeweilep zusammenfindet und die sich aus Schweizern, Oesterreichern und Deutschen, meistens Mitgliedern des S.A.C. und des D. u. Oe. A.V., recrutirt. Aber bei aller Verschiedenheit der Herkunft, Wanderungen im Rhätikon.

der politischen und religiösen Zugehörigkeit, der Lebensstellung und des Charakters ist hier Alles einig in der Liebe und Begeisterung für die Gebirgsnatur, und Alles verfolgt hier das eine Ziel: die Scesaplana.

Scesaplana-Brand. So brachen denn am folgenden Morgen um 3 Uhr 45 Min. ganze Colonnen nach der Beherrscherin des Lünersees auf. Das Wetter war zwar etwas zweifelhaft geworden, aber man war guter Dinge und hoffte das Beste. Bei der kühlen Morgenluft kam man auf dem neuen, guten Weg rasch hinauf auf die Todte Alp. Hier ging der Weg aus, aber dafür folgte guttragender Schnee, auf dem man fast ebenso leicht marschirte, wie auf dem Weg. Unter dem Kamin wurde Kriegsrath gehalten. Die Einen meinten, man müsse umkehren, das Wetter werde je länger, je schlimmer; die Andern, vor Allen meine Frau und ich, sahen den Himmel voll Baßgeigen und erklärten alle Wetterzeichen, auch die schlechten, als gut. Schließlich siegten die Optimisten, und vorwärts ging 's, dem schönen Ziele zu. Aber es kostete noch einige Mühe, denn auf den steilen Halden unter und über dem Kamin war der Schnee etwas weich geworden. Endlich war der oberste Grat und bald darauf, um 6 Uhr 15 Min., die königliche Spitze selbst erreicht. Und welch ein wundervolles Wetter! Während der letzten Stunde des Aufstiegs hatte ein günstiger Morgenwind die Nebel- und Wolkenmassen weggefegt, nur noch schwache, dünne Schleier blieben hoch über allen Gipfeln und brachten einige Schattirung in den sonst rein blauen Himmel, aber ohne die Aussicht irgendwie zu beeinträchtigen. Etwas frisch war 's da oben, denn es wehte ein kühler Wind. Da wir aber gut gekleidet waren, so konnten wir eine volle Stunde auf der hohen Warte bleiben und die weite Aussicht mit aller Muße genießen.

Diese war wirklich großartig. Auch der Bodensee war so freundlich, seinen weiten, blauen Spiegel zu uns herauf leuchten zu lassen, was man ihm hoch anrechnen muß, da er sonst gerne in ein graues Nebelgewand sich hüllt. Das untere Rheinthal, Theile von Appenzell und Thurgau, sowie die Landschaften jenseits des Bodensees bis zum deutschen Jura lagen dem Blicke offen und ließen durch das Fernrohr manche Ortschaften deutlich erkennen. Majestätisch aber stand in weitem Bogen der hehre Alpenkranz da wie eine geschlossene Phalanx: die Silvrettagruppe vom dreigezackten Fluchthorn bis zu der massigen Pyramide des Piz Linard, die lange Albulakette mit dem ernsten Piz Kesch und seinen Trabanten, zur Linken bis zu den Wächtern des Flüelapasses, Schwarz- und Weißhorn, zur Rechten bis zu den stolzen Häuptern von Oberhalbstein und Avers, Piz d' Aela, Tinzenhorn, Piz Piatta etc., dann die von der Morgensonne hell beleuchtete Adula- und Medelsergruppe, darunter die regelmäßigen Pyramiden des Rheinwald- und des Güferhorns, die steil aufstrebenden, scharf geschnittenen Nadeln des Tambo- und Einshorns, der kantige Piz Terri und so viele Andere. Dahinter waren deutlich zu erkennen einzelne E. Imhof.

Zermatter Fürsten, speziell Monte Rosa ( Dufourspitze und Nordend ), Dom und, wie mir schien, auch das Zermatter Weißhorn. Gewiß sind noch andere Spitzen der dortigen Gegend und vielleicht selbst der Montblanc sichtbar, aber in dem unentwirrbaren Gipfelmeer nicht leicht zu bestimmen. Hätte man einmal ein gut gezeichnetes Panorama, dann könnte man der Sache besser auf die Spur kommen. Hoffentlich wird uns der D. u. Oe.A.V. bald mit diesem von vielen Seiten sehnlichst erwarteten Werk erfreuen. Beschlossen hat er es schon seit längerer Zeit. Die Berner Oberländer und die Tödikette präsentiren sich weniger vortheilhaft, da man sie nicht von der Front, sondern nur von der Flanke sieht, wobei die zahllosen Spitzen sich in einen dichten Knäuel zusammenschieben, so daß auch die hervorragendsten Riesen nur undeutlich sich von der Masse abheben. So stehen z.B. Trinserhorn, Vorab, Bifertenstock, Oberalpstock, Dammastock und Finsteraarhorn in einer geraden Linie hintereinander, ebenso ist die Linie nach der Jungfrau mit zahlreichen zwischenliegenden Spitzen, darunter der Tödi, besetzt, so daß es kaum möglich ist, dieselben alle von einander zu unterscheiden. Bei den höchsten Häuptern, wie Finsteraarhorn, Tödi und Bifertenstock, gelingt dies schon noch, namentlich mit Hülfe eines guten Fernrohrs. Wenn man aber da mit bloßem Auge viele bestimmte Spitzen zu unterscheiden glaubt, so fürchte ich, daß man mehr mit der Phantasie, als mit den Augen sieht. Wenn ferner hie und da von Touristen aus dem Reich draußen auch der Brocken gesehen wird, so beneide ich dieselben wegen ihres Vermögens, um die Ecken, resp. um die Erd- wölbung herum sehen zu können, und verwundere mich nur, daß dieselben bisher noch nicht den Leuchtthurm auf Helgoland und den Berliner Kreuzberg entdeckt haben. Allerdings sieht man viele ganz respectable Brocken von der Scesaplana aus, aber der Brocken liegt unter dem Horizont! Wieder über demselben zeigt sich dann die stattliche Schaar der Algäuer und Bayerischen Alpen, unter welchen man die Mädele-Gabel, die Zugspitze, das Wetterstein-, Karwendel- und Miemingergebirge und andere Größen besonders unterscheidet. Es folgen im äußersten Umkreis die Oetzthaler- und theilweise die Zillerthaler- und Hohen Tauern-Gruppen, dann der Ortler mit großem Gefolge und vor allen prächtig die Berninagruppe, deren Häupter vom Cambrena bis zum Monte della Disgrazia sich alle deutlich vom blauen Himmel abheben. Was endlich Alles davor und dazwischen Platz gefunden, übergehe ich, um den Leser nicht mit einer zu langen Reihe von Namen zu ermüden. Wer je bei gutem Wetter auf freistehender und hochragender Bergspitze stand, weiß, wie zahllos die Gipfel sich drängen, wie Reihen auf Reihen hinter und neben einander folgen, und wer es nicht weiß, dem nützt keine Beschreibung etwas, der muß kommen und selber sehen. Das Gesagte mag genügen, um die Reichhaltigkeit und die Art der Scesaplana-Aussicht einigermaßen zu charakterisiren.

Wanderungen im Rhätikon.

i:ì Um 7 Uhr 15 Min. traten wir den Rückzug am Der aber war lustig und ging rasch vor sich. Denn vom Gipfelgrat durch die Mulde bis zum Kamin, dann von diesem bis etwa halbwegs zum Todtalpsee ging 's mit fliegender Eile in langen Rutschpartien hinunter, die von Herren und Damen, im weichen Schnee sitzend, ausgeführt wurden und namentlich den letztern, die dem Ding Anfangs nicht getraut, dann aber es flott mitgemacht hatten, großen Spaß bereiteten. So war man schnell vorwärts gekommen und betrat, nachdem das letzte Stück auf dem gewöhnlichen Weg zurückgelegt war, um 811z Uhr wieder die Douglashütte, hatte also für den ganzen Abstieg nur 1 ¼ Stunde gebraucht.

Wir blieben des herrlichen Wetters und des wundervollen Sees wegen bis etwas nach 12 Uhr hier oben und wären noch länger geblieben, wenn nicht um diese Zeit die Anzeichen eines nahenden Gewitters sich eingestellt hätten. Raschen Schrittes ging es über das Seebord und den Bösen Tritt hinunter, was jetzt leicht zu machen ist, da der D. u. Oe. A.V. einen sehr guten Weg, theils in den Felsen eingehauen, theils über den ersten großen Schuttkegel, angelegt hat. Der ans dem Felsen hervorbrechende Abfluß des Lünersees, der dann, in mehrere Arme getheilt, in prächtigen Cascaden über die Felsenstufen stürzt, die zwei mächtigen, vom Zirmenkopf herabkommenden Schuttkegel mit ihren gedrehten Spitzen, dann weiter unten die üppig grünen Weiden und Wiesen mit ihrer Staffage von Heuern und Heuerinnen, die dunklen Tannen- und Laubholzwälder an den untern Abhängen und die steil darüber emporsteigenden Bergwände, weiter das Sommerdörfchen Schattenlaggant mit seinen wasserreichen Brunnen u. A. m. gaben Stoff genug zur Betrachtung und Unterhaltung, so daß die Zeit schnell dahinflog und Brand fast unversehens erreicht wurde. Um 2 Uhr kehrten wir im obern, ältern Gasthaus bei der uns wohl bekannten Familie Kegele ein und wurden von derselben, wie gewohnt, auf 's Freundlichste aufgenommen. Wir kamen gerade zur rechten Zeit, denn kaum waren wir im Haus, so stellte sich richtig ein kleines Gewitter mit tüchtigem Regenschauer ein. Doch hielt dasselbe nicht lange an, so daß wir einen herrlichen Abend verleben und neue Pläne für den folgenden Tag schmieden oder richtiger die nöthigen Vorbereitungen für die Ausführung schon geschmiedeter treffen konnten. Man ist zwar wohl aufgehoben in Brand, und das Thal bietet der Reize so viele, insbesondere auch vielfache Gelegenheit zu höchst interessanten Bergtouren ( Zimbaspitz, Säulenspitz u. A. ), daß man lange da verweilen könnte und als Sommerfrischler wie als Tourist volle Befriedigung finden müßte. Doch konnten wir für diesmal nicht länger bleiben.

Spusagang-Kleine Furka. Nach guter Nachtruhe verabschiedeten wir uns von unseren lieben Gastwirthen, in der Hoffnung auf öfteres und fröhliches Wiedersehen, und traten um 5 ½ Uhr die Weiterreise an, um auf etwas ungewohnten Wegen wieder in 's Prätigau zurückzukehren. Auf E. Imhof.

den sogenannten Spusagang 1 ) hatten wir es abgesehen. Kuoni's schöne Erzählung unter diesem Titel im „ Schwizerdütsch " ( Bändchen 29 und 30 ) hatte uns denselben besonders interessant gemacht, und drum wollten wir ihn genauer kennen lernen. Also schritten wir zunächst dem alpenreichen Zalimthälchen zu, das eine schöne Mulde bildet zwischen den zwei nördlichen Ausläufern der Scesaplana und im Hintergrund durch die kühne Pyramide der Zalimspitze, den höchsten Punkt des Panüeler Schroffen, abgeschlossen wird. Das Thälchen mündet am Nordfuß des Mottenkopfs durch eine enge, ungangbare Schlucht in 's Brandnerthal. Man steigt darum auf der linken Seite dieser Schlucht in der Richtung gegen das Matschonjoch über grüne Matten und an schönen Gütern vorbei ein ordentliches Stück empor. Etwa nach einer Stunde kommt man, den Matschonweg rechts lassend, über einen Steg und betritt damit die Alp Unter-Zalim. Dann geht es fast eine Stunde lang über einen schönen,. ebenen Thalboden, der gerade von einer großen Zahl von Heinzen 2 ) besetzt war, die wie Soldaten in Reih und Glied dastanden. Rechts und links steigen die zum Theil noch bewaldeten Hänge erst mäßig, dann steiler an und machen weiter oben senkrechten Felswänden Platz, in denen besonders das breite, rothe Band von Seewerkalk auffällt, das in beträchtlicher Höhe vom Wildenberg zum Mottenkopf hinüberzieht und das man in genau gleicher Höhe, Ausdehnung und Form auch im jenseitigen Thälchen von Sonnenlaggant beobachtet, so daß diese Schicht die ganze Kette von einer Seite nach der andern durchzieht und also ein eigenes, vollständiges Stockwerk in derselben bildet. Der Mottenkopf sieht viel trotziger und böser aus, als er wirklich ist, denn er ist ganz gut, wenn auch nur auf steilem Weg, zugänglich und trägt noch eine ziemlich große, grüne Scheitelfläche. Bald hatten wir auch die Alp Unter-Brüggele hinter uns und erreichten nach einer schönen, zweistündigen Morgenwanderung um 7112 Uhr die Alp Ober-Zalim ( 1577 m E.K. ).

Ober-Brüggele liegt nicht an diesem Weg, winkt aber aus der Höhe, 200 m über Unter-Zalim, herab und liegt am Weg über den Paß „ Im obern Sack ", dem kürzesten Weg von Brand nach dem Nenzinger Himmel. Auf der jenseitigen Alp Setsch trifft er mit dem Weg vom Matschonjoch oder Virgloriapaß zusammen. Beide Pässe sind sehr interessant, reich an landschaftlichen Reizen und leicht zu begehen. Der Virgloriapaß speciell bietet großes geologisches Interesse, weil man an ihm die verschiedenen Formationen der alpinen Trias nahe bei einander findet. Eine dieser Wanderungen im Rhätikon.

Formationen, der Virgloriakalk, ein schwarzer, von vielen weißen Spath-adern durchzogener, sehr harter Kalk, der im Walgau vielfach technisch verwendet wird, hat von diesem Paß den Namen. Wir ließen diesen, wie den obern Sack rechts liegen, denn der Spusagang war unser nächstes Ziel.

In Ober-Zalim nahm uns eine Sennerin für ein halbes Stündchen in ihre Hütte auf und reichte uns bereitwillig treffliche Milch. In dem Häuschen befindet sich ein kleines Stübchen, in das man durch die Küche eintritt. Beide Räume, sowie die wenigen Geräthschaften und das Geschirr waren rein gehalten, das Bett gut gemacht und das Zimmer ordentlich gelüftet. Dazu war die Sennerin freundlich, zuvorkommend und gesprächig, und erschien uns darum in weit günstigerem Lichte, als die Caricatur in Petzendorfers „ Naturgeschichte des alpinen Menschen ". Sie war aber nicht übel verwundert, als sie vernahm, daß wir über den Spusagang gehen wollten. Der Paß sei nach Allem, was sie davon gehört habe, schwierig und gefährlich und höchstens für Jäger und Schwärzer gangbar, jedenfalls aber nicht für „ solche " Damen.

Wir ließen uns jedoch nicht abschrecken und pilgerten frohen Muthes zunächst noch über magern Weidboden ziemlich steil aufwärts, dann weniger steil durch ein auf der Excursionskarte nicht genügend oder gar nicht bezeichnetes Trümmerfeld und endlich über eine nicht sehr hohe, aber lose und steile Schutthalde und einige Felsstufen dem zerrissenen Grat zu. Das letzte Stück des Aufstiegs war allerdings für eine Frau nicht ganz leicht, erforderte einigen Muth und sichern Gang, wurde aber doch ohne irgendwelche Gefährde überwunden. Durch eine schräg links ansteigende kurze, kaminartige Rinne, deren Wände durch vorspringende Schichtenköpfe gebildet und deren Boden mit einem feinen, beweglichen Schutt bedeckt war, so daß man sich an einigen Stellen besser mit den Händen halten, als mit den Füßen auftreten konnte, erreichten wir den äußerst verwitterten und wild aussehenden Felsengrat, von dem wir nach Salaruel hinunter- und an die Kleine Furka hinübersehen konnten. Es sah da allerdings sehr ungemüthlich aus, aber ich war meiner Sache sicher und wußte, daß wir nur auf einer freilich sehr steilen und dem Fuß wenig Halt gebenden Schutthalde, die nach unten in einen Absturz übergeht, westlich um einen Felskopf herumgehen mußten, um den in Arbeit stehenden Weg auf den Panüeler Schroffen zu erreichen und dann auf demselben mit aller Sicherheit absteigen zu können. Das Traversiren dieses Schuttfeldes war für meine Frau das schwierigste Stück Arbeit der Reise. Allein mit einiger Hülfe ging es doch ganz gut, wenn auch langsam. Um 9 ½ Uhr befanden wir uns auf dem Punkt, wo der genannte Weg den Grat erreicht. Es ist das der obere Spusagang, während der untere Spusagang etwas nördlicher über den theilweise begrasten Kamm bei Punkt 2243 m durchfuhrt.

E. Imhof.

Der Blick nach Salaruel hinunter und auf das kleine, blaue Seeauge des Hirschbades, auf die tischebene grüne Fläche des Nenzinger Himmels mit seinen vielen Hütten und der auf etwas erhöhtem Punkt stehenden St. Rochuskapelle, dann hinüber an die schöne Pyramide des Naafkopf und auf mehrere Alpen bietet viel Abwechslung und verbindet das reizend Liebliche mit dem überwältigend Großartigen, Ueber alle Maßen schreckhaft wild sind die zerrissenen, von der Verwitterung tief durchfurchten Wände des Panüeler Schroffen mit den von ihnen herabhängenden breiten Schutthalden. Da der Panüeler Schroffen über die Kleine Furka mit der Honspitze zusammenhängt, so bildet das Ganze einen gewaltigen Halbkreis, der an die Ruinen eines zur Hälfte eingestürzten, ungeheuren Kraters erinnert. Man begreift, daß es Einem in dieser Felsenwildniß unheimlich zu Muthe werden kann, und daß die Leute sich nur mit Grauen von der Flucht zweier Liebenden über diese bis dahin pfadlosen Felsen erzählen. Jetzt ist es anders. Der D. n. Oe. A.V. hat einen zum großen Theil in Felsen eingehauenen, weiter unten theilweise auch über Schutt- und Grashalden führenden, famosen Weg angelegt. Derselbe führt aus der Gegend des Hirschbades über den Spusagang auf den Panüeler Schroffen, von wo man dann in einer guten Stunde über den Gletscher auf die Scesaplana gelangen kann. Als wir da durchkamen, war der Weg schon bis weit über den Spusagang hinauf fertig. Ich habe den Weg bis zu der 3 m langen eisernen Leiter verfolgt, die oberhalb des Spusagangs angebracht ist, und mich überzeugt, daß er für schwindelfreie Touristen durchaus gefahrlos ist. Er wurde noch im Herbst 1890 fertig und am 21. September eingeweiht und begangen. Er hat 500 Gulden gekostet und heißt nun zu Ehren des Herrn Dr. Strauß aus Constanz, eines um die Erforschung der Vorarlberger Gebirge verdienten Alpinisten, Straußweg. Es ist das jetzt der schönste und interessanteste Scesaplanaweg, auf dem man vom Nenzinger Himmel leicht in sechs bis sieben Stunden auf die Spitze gelangen kann. In Verbindung mit dem Weg vom Lünersee her gibt das eine herrliche Längstraversirung des Berges, die jedenfalls in Zukunft oft ausgeführt und eine Lieblingstour der Scesaplanabesteiger werden wird. Besonders wird sich die Richtung von Ost nach Westen: Lünersee-Scesaplana- ( drei Stunden ) Panüeler Schroffen- ( eine Stunde ) Spusagang - Nenzinger Himmel ( drei Stunden ) mit zusammen etwa sieben Stunden Marschzeit, empfehlen, weil man dann am Morgen früh auf der Spitze sein kann. Die umgekehrte Richtung: Nenzinger Himmel-Spusagang-Pamieler Schroffen- ( fünf Stunden ) Scesaplana- ( eine Stunde ) Lünersee ( zwei Stunden ) erfordert acht bis neun Stunden.

Nach einstündigem Aufenthalt verließen wir den schönen und interessanten Punkt, um der Kleinen Furka, die wir nun immer vor Augen hatten, zuzusteuern. Auf dem guten Weg kommt man im Zickzack rasch hinunter in 's Salaruel, dann aber langsamer über ein weites, zum Theil mit Wanderungen im Rhätikon.

Krummholz überwachsenes Trümmerfeld. Jenseits desselben führt ein wenigstens theilweise vorhandener Weg wieder aufwärts gegen die Kleine Furka. Etwa in der Höhe von 2000 m findet man eine starke Quelle mit vorzüglichem Wasser, an der man gerne einen Moment verweilt, um so mehr, als auch schönes Edelweiß in der Nähe winkt. Dann aber wird der Aufstieg schärfer und führt zuletzt wieder über eine Schutthalde ziemlich steil empor zur Paßhöhe, die wir um 1 Uhr erreichten. Aus der Ferne sieht dieselbe wie ein schöner, runder Sattel aus, in Wirklichkeit aber ist sie stark geschartet und mit Thürmchen und sogenannten Reitern besetzt. Auch die Südseite des Passes wird, wie die Nordseite, von einer steilen Schutthalde gebildet.

Ueber dieselbe ging 's, nach einer halbstündigen Rast, leicht und rasch hinunter nach den grasreichen Mädern der Alp Fasons, auf denen gerade das duftende Heu eingesammelt wurde. Wir waren nun in wohlbekannter, heimischer Gegend, die wir schon oft durchwandert hatten. Aber es ist immer ein etwas langer und nicht gerade angenehmer Weg von da hinaus nach Seewis, der „ trauten Heimat " des Dichters Johann Gaudenz v. Salis, der seinem Wunsche gemäß hier an des Friedhofs Mauer sein Ruheplätzchen gefunden hat.

Um 4112 Uhr waren wir in Seewis im heimeligen Hotel Scesaplana und hatten also von der Kleinen Furka an drei, von Brand an, mit Einschluß von etwas über zwei Stunden Rast, elf Stunden gebraucht; um 7 Uhr brachte uns der Abendzug der Prätigauerbahn von Grüsch nach Schiers. Damit war eine der interessantesten und abwechslungsvollsten Touren, die man im Rhätikon machen kann, zum Abschluß gekommen. Sie hat uns einen guten Einblick in ein herrliches Stück unserer Berge gewährt, uns viel Freude und Genuß verschafft und den Wunsch nach mehr in uns mächtig gefördert.

2. Aus den Bergen von St. Antönien.

Am 31. Juli blieb ich daheim, um auszuruhen und einige Correspondenzen zu besorgen, aber am 1. August zog ich wieder aus. Ueber das Kreuz, das Kühnihorn und den Schafberg wollte ich zunächst Partnun erreichen. Das Kreuz ist ein Prachtspunkt und wird von den umliegenden Orten aus mit einer gewissen Vorliebe, aber doch noch viel zu wenig besucht. Ich war wer weiß wie vielmal da oben und habe es jedesmal gut getroffen. Die Tour kann eben leicht in einem Tag, ja selbst in einem halben Tag gemacht werden, und dabei kann man auf den verschiedensten Wegen auf- und absteigen. Man riskirt also nicht, bei gutem Wetter aufzubrechen und den Fuß des Berges zu erreichen, um dann am andern Tag bei Wind und Regen auf die wolkenumhüllte Spitze zu kommen oder ganz unverrichteter Sache umkehren zu müssen. Ein einziges Mal traf ich, es war an einem Abend bei Sonnenuntergang, auf E. Imhof.

der Ostseite des Berges gegen St. Antönien das Thal mit Nebel erfüllt, wodurch aber die Aussicht in die Runde umher nicht nur nicht vermindert, sondern am ein interessantes Stück, ein wohlausgebildetes Nebelbild, vermehrt wurde. Wir waren drei Personen und sahen unsere Schattenbilder, von einem prächtigen, kreisförmigen Regenbogen umschlossen, auf der Nebelwand. Die Figuren machten alle unsere Bewegungen und Stellungen genau nach und gingen sammt dem Farbenring mit uns hin und her. Standen wir nahe bei einander, so sah Jeder alle drei Figuren, doch sich selber am deutlichsten, entfernten wir uns von einander, so sah Jeder nur noch sich selber. Solche Nebelbilder kann man im Prätigau, wenn man darauf achtet, hie und da sehen. So habe ich sie schon beobachtet vom Gyrenspitz ( auf dem Gyr 2167 m ), ob der Luziensteig und von Fadera bei Seewis gegen das Rheinthal, zuletzt auch, bei meiner sechszehnten Besteigung, auf der Scesaplana am 25. Juli 1890, Morgens zwischen 5 und 6 Uhr, gegen den Sttdrand des Gletschers, in der Richtung des Schaflochs. Das letztgenannte Nebelbild, das von mehreren Personen, u. A. auch von unserem Jahrbuch-Redactor Wäber und seinen zwei Söhnen, sowie von Hrn. Seminarlehrer Zwicky in Schiers, gleichzeitig gesehen wurde, war mir dadurch merkwürdig, daß es sich binnen einer Viertelstunde auf den vom Winde bewegten Nebelmassen mehrmals bildete und wieder verschwand. Im Prätigau und draußen im Rheinthal kann man, wenn im Thal eine Nebelschicht liegt, während auf den Höhen die Sonne scheint, die Punkte bestimmen, von welchen man mit Wahrscheinlichkeit ein Nebelbild wird beobachten können. Man muß die Punkte so wählen, daß man hinter sich die Sonne, vor und unter sich die Nebelwand hat. Die Nebelbilder können aber sehr ungleich schön und deutlich erscheinen; es hängt das ab von der Dichte und Dicke der Nebelschicht, von der Entfernung derselben vom Beobachter und von der Reinheit der obern Luftschichten. Eine ausführliche Erklärung der Nebelbilder hat Professor A. Heim im XIV. Jahrbuch des S.A.C., ( pag. 406 ff. ) gegeben.

Um 6 ½ Uhr marschirte ich ab und stieg raschen Schrittes über Fajauna dem Stelserberg zu. Um 7 ½ Uhr war ich schon auf dem Hof, etwa 1380 m hoch, und hatte also in einer Stunde eine Höhe von 720 m erstiegen. Nun ging 's weniger steil über üppige Alpenweiden und bei fortwährend herrlicher Aussicht, namentlich auf den Rhätikon vom Falknis bis zur Sulzfluh, am Stelsersee vorbei und über den begrasten Rücken von Cavell aufs Kreuz ( 2200 m ) los, das ich exact um 10 Uhr erreichte. Die Luft war rein, die Aussicht darum sehr lohnend. Die anziehendsten Stücke derselben sind der Rhätikon und das Prätigau, die man beide in ihrer ganzen Ausdehnung überblickt, wenn auch nicht gerade jedes Dorf gesehen wird. Auch die Silvrettagruppe präsentirt sich prächtig, doch nur die eine Hälfte davon vom Piz Buin bis zum Piz Linard. Was nördlicher liegt, ist vom Madrishorn verdeckt. Nach Süden erheben sich Wanderungen im Rhätikon.

in drei Etagen das Plessurgebirge, die Albulakette und die Berninagruppe, immer eines hinter dem andern und deutlich von einander zu unterscheiden. Doch muß man bei Weißfluh, Piz Kesch und Bernina, die fast in einer geraden Linie stehen, aufpassen, sonst erscheinen sie alle drei als ein einziger Berg. Weniger günstig zeigen sich die Adulagruppe und das Bündner Oberland. Man sieht dort nichts als ein weites Gipfelmeer und hat Mühe, die einzelnen Gruppen bestimmt von einander zu unterscheiden. Besser erkennt man wieder die St. Galler Oberländer mit den Grauen Hörnern, dem Calanda, der Ringelspitze und der Sardonagruppe.

Auch botanisch ist der Berg sehr interessant und bietet einzelne Seltenheiten unserer Gegend. Ich erinnere besonders an die weiße Seerose in Stelsersee und an die Stechpalme am Nordabhang des Stelserberg am Weg nach St. Antönien, die beide in Graubünden sonst nirgends vorkommen. Erwähnt seien auch die Moorbirke ( Betula verrucosa Ehrh. ) und die Sumpfföhre ( Pinus uliginosa Neum. ) in den Riedern am Stelserberg, die Dryas octopetala, Gentiana campestris und viele andere auf der noch begrasten und von den Rindern der Alp Valpun besuchten Spitze, die Osterluzei und der Schabziegerklee am Fuß des Berges von Schiers bis Fajauna, weiße Alpenrosen am Ostabhang, die schwefelgelbe Alpen-Anemone, das wohlriechende Schwärzlein oder Bränderli, der Frauenschuh ( Cypripedium Calceolus L. ) an vielen Stellen. Es gibt keinen schönern Anblick, als die Hochfläche des Stelserberg bis zum See hinauf, wenn sie jeweilen in der ersten Hälfte des Juni im reichen Farbenschmuck der leuchtenden Alpenblumen erscheint. Dann sollte die umwohnende Bevölkerung hinaufpilgern, um die Bergweide in ihrer Herrlichkeit zu sehen, wenn diese als duftiger, hundertfarbiger Blumenteppich von wunderbarer Pracht erscheint! Und es wäre wohl der Mühe werth, auch von weiter her zu kommen, um etwas zu sehen, was man im Hochsommer, in der eigentlichen Reisezeit, niemals sehen kann.

Nachdem ich 40 Minuten auf dem schönen Berg verweilt, eilte ich in Sprüngen über steile Grashalden hinunter nach Valpun und dann durch eine Wald- und Sumpflandschaft nach der Einsenkung von Aschuel ( 1624 m ), wo einige schöne Bauerngüter auch im Winter bewohnt sind und über welche der kürzeste Weg von Schiers nach St. Antönien führt. Um 11 Uhr 25 Min. war ich hier und dann um 12 Uhr im Meierhofer-Aelpli ( 1758 m ) am Südabhang des Kühnihorn. Es war unterdessen heiß geworden an diesen sonnigen Halden, und ich kehrte darum gern auf eine Weile bei einem Bauern ein, der mich freundlich willkommen geheißen hatte. Um 12 Uhr nahm ich Abschied und stieg nun während der heißesten Tageszeit im Zickzack die steilen Abhänge gegen das Kühnihorn hinauf. Allein in dieser Höhe belästigte mich die Hitze nicht so sehr, und so erstieg ich die 658 m doch in genau einer Stunde, denn um 1112 Uhr war ich auf der Spitze.

E. Imhof.

Das Kühnihorn ( 2416 m ) bildet einen kurzen Grat, der nach Norden mit rauhen, verwitterten Felsköpfen steil abbricht, indeß im Süden die Grashalden auch nicht sonderlich sanft sich absenken, so daß man an einzelnen Stellen kaum auf ihnen stehen kann und Mühe hat, sie zu traversiren. Der zum Theil ebenfalls noch bewachsene Gipfelgrat trägt zwei Steinmännchen, wovon das eine sehr groß ist und etwa 2 m Höhe hat. Ich notirte hier 26 Blüthenpflanzen, die Gräser nicht mitgezählt. Die Rinder steigen auch bis auf diese Höhe und auf den benachbarten Schaf- berg. Die Aussicht ist derjenigen vom Kreuz sehr ähnlich, besonders schön der Rhätikon. Vom Prätigau sieht man weniger, aber reizend ist der kleine, himmelblaue und von hier aus kreisförmig erscheinende Garschinasee. Um 2 Uhr 15 Min. verließ ich diesen Punkt und wanderte über den Grat nach dem Schafberg ( 2463 m ), den ich um 2 Uhr 50 Min. betrat. Der Berg hat zwei fast gleich hohe Spitzen, die durch einen nach Nordwesten geöffneten Gratbogen verbunden sind. Von einer Spitze zur andern sind es fünf Minuten. Schafberg und Kühnihorn bestehen, wie das Kreuz, aus dunkelgrauem Thonschiefer. Die Schichten fallen nach SO ., die Schichtköpfe und Steilhänge nach NW. Die letzteren sind felsig und stark verwittert und von vielen Runsen und Rufen durchfurcht. Die Vegetation ist, wie auf dem Kühnihorn und dem zwischenliegenden Grat, ziemlich reich, doch überwuchert auf dem Schafberg der blaue Eisenhut. Die Aussicht ist schöner und weiter, als auf dem Kühnihorn und dem Kreuz. Namentlich sieht man die Silvrettagruppe weit besser, mit Fluchthorn, Groß- und Klein-Buin, Verstanklahorn und Schwarzkopf, Plattenhörner und Piz Linard etc. Das Schönste und Großartigste dieser Aussicht sind aber Sulz- und Drusenfluh mit dem dazwischenliegenden Drusenthor. Etwas Großartigeres, als die ungeheuren Felsmassen dieses Riesenpaares, kann man in unserer Gegend nirgends sehen, und der Schafberg ist für deren Anblick der günstigste Punkt, der schon dieses einzigen Schaustückes wegen verdienen würde, von Partnun und St. Antönien aus fleißig besucht zu werden. Eine besonders empfehlenswerthe Tagestour ist die von Partnun über die Garschinafurka mit Abstecher auf den Schaf berg und dann über die Schierser- ( Drusen ), Grüscher- und Schuderser-Alp nach Schuders und Schiers oder umgekehrt, was in der ersten Richtung etwa sechs, in der zweiten etwa acht Stunden erfordert, die Aufenthalte nicht eingerechnet.

Ich verließ den Schafberg um 3 Uhr 20 Min. und marschirte über die Garschinafurka und dann über die große Ganda, das Brunneneck und die schönen Partnuner Mäder hinunter nach Partnun. Die große Ganda ist südlich im weiten Halbkreis umschlossen von einer großen Moräne, die stellenweise aus zwei oder drei concentrischen Kreisbogen besteht und die man z.B. auch von der Sulzfluh aus sehr gut sieht. Auf der Excursionskarte ist sie deutlich verzeichnet. Die Ganda selbst ist ein Wanderungen im Rhätikon.

großes Bergsturzgebiet, dessen Blockmassen von der Sulzfluh heruntergekommen sind. Angenehm überrascht wird man in demselben durch eine prächtige Quelle, deren frisches und reichlich fließendes Wasser in einem kleinen Graben nach den Partnuner Mädern geleitet wird. Ueber die weiten, theilweise moorigen und schwammigen Gras- und Riedhalden der letztern geht es dann steil abwärts zum Schanielenbach, den man am besten auf halbem Weg zwischen Partnun-Staffel und Partnunersee auf einem kleinen Steg in der Nähe des Mieschbrunnen, einer ebenfalls starken und frischen Quelle, überschreitet. Die Mäder sind, wie ganz Partnun überhaupt, botanisch sehr reich und interessant.

Um 4 Uhr 25 Min. war ich in der von unserem Clubgenossen, Herrn Pleisch, gehaltenen und best geführten Pension Sulzfluh in Partnun, wo ich zu meiner Freude neben andern Bekannten auch zwei hervorragende Clubisten fand: die Herren Weilenmann aus St. Gallen und Baumann-Zürrer aus Zürich. Auch eine Gesellschaft fideler Studenten aus Basel war da, die einen Theil ihrer Ferien hier zubrachten, nach allen Seiten ausflogen und nebenbei ihrem Professor in der faunistischen Erforschung der Seen von Partnun, Garschina, Gafia und Tilisuna behülflich waren. Eine fröhlichere und lebenslustigere Kurgesellschaft hat man gewiß nicht bald an so abgelegenem Ort beisammen gesehen!

Am folgenden Morgen trat ich um 5 ½ Uhr den Marsch wieder an mit dem Programm: Kammwanderung über die Grenzkette vom Schollberg bis zum Gweilkopf. Also wanderte ich zunächst über den Wiesengrund der Glatten Böden, die aber ziemlich holperig und theilweise mit großen, von der Mittelfluh stammenden Kalkblöcken besäet sind, dahin in der Richtung gegen Weberlis-Höhle und bog dann hier rechts ab, um nach einigem Steigen in das Silberthal einzudringen. Dieses kleine, zwischen hohen Felswänden eingeschlossene Thälchen steigt steil nach Südwesten an und endigt oben in der Lücke zwischen den beiden Gipfeln des Schollberges. Es ist ganz von Schutt und theilweise auch von Schnee erfüllt, und der Schutt besteht, wie die anstehenden Felsen zu beiden Seiten, aus Urgestein ( Gneiß. Glimmerschiefer und Hornblendeschiefer ). Um 7 Uhr 5 Min. war ich auf der nördlichen Spitze des Schollberges ( 2544 m ), um 7 Uhr 20 Min. auf der südlichen, die mit 2574 m der höchste Punkt in der ganzen Madrishornkette nördlich vom St. Antönierjoch ist. Beide Spitzen bestehen, wie die ganze Grenzkette vom Madrishorn bis über den Gweil-und Alpilakopf, aus krystallinischen Felsarten, und diese reichen an der Westseite des Schollberges bis unter die Höhencurve von 2400 m. Erst die unter derselben folgenden Felsabstürze gegen die edelweißreichen Mäder sind aus östlich fallenden Kalkschichten zusammengesetzt, so daß die krystallinischen Gesteine dem Kalk aufgelagert sind. Die Grenze zwischen beiden ist eine sehr scharfe und schon von Partnun und St. Antönien aus zu erkennen, denn die Kalkwände erscheinen von dort aus hellgrau, E. Imhof.

2574 J. Müller -Wegmann 14. IX. 81.

Gez. vom Gruben-Partnunpasse.

Der Schollberg.

die krystallinischen Spitzen bräunlich. Die letztern sind auf dem ganzen Grat noch theilweise bewachsen und tragen manche Blüthenpflanzen. Es sind mir z.B. aufgefallen: Primula integrifolia, Soldanella alpina, rothe und weiße Androsaceen, Anemone alpina, der blaue Fingerhut, die bärtige Glockenblume, ein Vergißmeinnicht, ein gelber Ranunculus und viele andere, vor allen aber auffallend große und schöne Nigritellen ( Bränderli ).

Die Aussicht von den Schollbergspitzen ist sehr schön und umfaßt das ganze diesjährige und vorjährige Clubgebiet — Rhätikon, Plessurgebirge, Graue Hörner, Calanda, Ringelspitz etc. besonders aber die Silvrettagruppe mit allen ihren Hauptgipfeln. Endlich reicht sie auch weiter nach der Albulakette, Berninagruppe, in 's Bündner Oberland, nach der Verwallgruppe u. s. w. Auch ein Theil des vordern Prätigaus und des Rheinthals bei Landquart leuchten herauf.

Um 7 Uhr 50 Min. setzte ich das Gangwerk wieder in Bewegung und marschirte oder kletterte je nach der Beschaffenheit der vielen Felsköpfe ostwärts den Rungspitzen zu und hielt mich dabei immer genau auf dem beidseitig schroff abfallenden Kamm. Die höhere Rungspitze ( 2552 m Riedkopf ) war um 8 Uhr 45 Min. erreicht. Auf ihr steht kein Steinmann, dafür aber einer auf dem etwas weniger hohen Punkt 2532 m. Der Marsch bis hieher bietet keine nennenswerthen Schwierigkeiten. An einer einzigen Stelle mußte ich einige Meter rechts unter dem Kamm durchgehen. Der vielen Zacken wegen muß man allerdings viel auf- und absteigen, aber es handelt sich dabei immer nur um wenige Meter, was nur Abwechslung in die Bewegung bringt und vor Ermüdung bewahrt.

Wanderungen im Rhätikon.

Dabei hat man fortwährend das herrliche Bild der Silvrettagruppe und ihrer westlichen und nördlichen Ausläufer vor sich.

Der Marsch von der Rungspitze über den Grat nach Norden bietet im Ganzen wenig Bemerkenswerthes. Der Grat sieht freilich sehr verwittert und zerrissen aus, besteht aber durchweg aus krystallinischen Felsarten, und zwar herrschen in der südlichen Hälfte mehr die dunklen, horn-blendereichen Casanna8chiefer ( Theobald ) und Hornblendeschiefer, in der nördlichen Hälfte mehr hellgefärbte, glimmerreiche Gneiße und Glimmerschiefer. Diese Gesteine bilden hier nirgends so große, compacte, glatte Wände und Flühe, wie der Kalk an der Sulz- und Drusenfluh; auch größere, abschüssige Gneißplatten, wie sie in der Silvrettagruppe sich häufig finden, sind hier seltener und lassen sich immer mit leichter Mühe umgehen. Der Grat und die vielen aus demselben hervorragenden Köpfe, Zacken und kleinen Pyramiden stellen oft nur wilde Blockmassen dar, über und zwischen welchen man leicht fortkommt, da man überall gut auftreten und, wenn nöthig, sich mit den Händen festhalten kann. So gestaltete sich denn mein Marsch zu einem äußerst angenehmen, genußreichen Spaziergang, in den das vielfache Auf- und Absteigen und einzelne kleine Klettereien etwas Abwechslung brachten. Die vielen Lücken zwischen je zwei Spitzen sind natürlich ungleich tief eingeschnitten, manche nur 20 bis 30 m, andere aber auch 100 bis 150 m tief, und so brauchte ich denn von einer Spitze zur andern oft nur wenige Minuten, hie und da aber auch eine halbe Stunde oder mehr. Mit Hartnäckigkeit überkletterte ich jedes auch noch so kleine Spitzchen des Grates, selbst so kleine Zähne oder Stöcke, wie sie am Vierecker- und am Sarotlapaß vorkommen. Der dicke Felsklotz des Vierecker, ein vierschrötiger Obelisk, ist auf seinem Scheitel durch einen tiefen Einschnitt mit senkrechten Wänden von Ost nach West zerspalten, den ich allein nicht zu passiren wagte. Ich war darum gezwungen, nach dem Viereckerpaß zurückzukehren und von da östlich unter dem Trotzkopf durch nach dem Punkt 2464 der Excursionskarte hinüberzusteigen. Das ist die einzige Stelle, an der ich den Grat für kurze Zeit verlassen mußte. Auf den bedeutendem Spitzen, Rothspitz, Vierecker u. s. w., blieb ich jeweilen einige Zeit stehen oder sitzen, um die bei dem schönen, warmen Tag prächtige Aussicht, namentlich gegen die Silvretta- und Verwallgruppe, zu genießen, diesen oder jenen Punkt mit Hilfe der Karte zu bestimmen und Notizen über Aussicht, Gesteine und Pflanzen, Beschaffenheit der Berge etc. zu machen. Auf der ersten und höchsten der Röbispitzen ( 2467 m ) hielt ich von 11 Uhr 45 Min. bis 12 Uhr 15 Min. Mittagsrast. Um 1 Uhr 30 Min. war ich auf dem kleinern ( 2544 m ), 1 Uhr 45 Min. auf dem größern Sarotla-spitz ( 2562 m ). Von hier sieht man den Tilisunasee und weiter draußen St. Bartholomäusberg an den grünen Halden über dem bei Schruns ausmündenden Silberthal. Die Vorarlberger und Algäuer Alpen sind überhaupt E.Imhof.

jetzt besser in 's Gesichtsfeld gerückt, vom Rhätikon aber sieht man nur noch die Scheienfluh, die Sulzfluh und den Falknis, alles Zwischenliegende ist verdeckt. Herrlich ist immer noch die Silvrettagruppe, namentlich das Litzner- und Fluchthorngebiet.

Auf den beiden Sarotlaspitzen steht kein Steinmann von Menschenhänden gemacht, dagegen ein natürlicher auf dem nordöstlichen Vorsprung des höhern Gipfels, dann ein künstlicher, der offenbar als Wegweiser dienen muß, unten auf dem nördlichen Sarotlapaß ( 2478 m ). Hier fand sich auch ein kleiner See aus Schneewasser, der auf drei Seiten noch von einem dicken Schneewall umgeben war und nur im Osten ein Landufer hatte. Die Sarotlapässe führen von der Höhe des Plaßeckenpasses nördlich und südlich von den Sarotlaspitzen durch über die Punkte 2395 m und 2478 m nach der Alp Sarotla und in 's Gargellenthal. Ich überkletterte nun zunächst noch die beiden Spitzen zwischen dem nördlichen Sarotlapaß und dem Gweiljoch, die beide wildzackige Gräte darstellen und besonders nach Osten steil und tief abfallen. Die südliche ist auf unserer Excursionskarte ohne Namen und Zahl, die nördliche heißt Platinakopf. Man. würde beide wohl am besten als nördlichen und südlichen oder äußern und innern Piatinakopf unterscheiden. Die Lücke zwischen beiden heißt Piatinapaß und ist ebenfalls mit einem kleinen See geschmückt, der aber möglicherweise in einzelnen Sommern austrocknet. Dieser Paß führt im östlichen Abstieg lange über ein steiles Trümmerfeld von meist feinem Gneiß- und Glimmerschieferschutt nach der Alp Platina. Man sieht, an Pässen fehlt es hier nicht; jeweilen zwischen zwei Spitzen kann man durchgehen von der schweizerischen nach der österreichischen Seite. Der ganze Kamm ist für Schmuggler wie gemacht und wird von diesen auch wacker benutzt. Gipfel und Pässe haben meist ihre Namen nach den ostseitigen Alpen. Dies gilt auch noch für das nun nördlich folgende Gweiljoch und den Gweilkopf, welch letzterer den Endpunkt meiner Gratwanderung bildete. Auf dem nördlichen Piatinakopf war ich um 2 Uhr 50 Min., auf dem äußern Gweilkopf um 3 Uhr 45 Min. Als Aussichtspunkte sind vom ganzen von mir überschrittenen Grat der erste und letzte Gipfel oder also der Schollberg und der Gweilkopf jedenfalls die günstigsten. Der letztere bietet außer der mehrfach angedeuteten Gebirgsansicht namentlich einen schönen Blick in 's Montavon, besonders nach Schruns und St. Gallenkirch, und ist schon deshalb eines Besuches von der nahegelegenen Tilisunahütte aus werth.

Nach einem Aufenthalt von 15 Minuten auf dieser letzten schönen Spitze eilte ich nach dem Gweiljoch zurück und zur Alp Tilisuna hinunter, dann westwärts wieder hinauf nach der Tilisunahütte des D. u. Oe. A. V., wo ich um 5 Uhr ankam. Um 5 Uhr 25 Min. nahm ich wieder Abschied von dem alten, gemüthlichen Hüttenwirth, um nach Partnun zurückzukehren. Seitdem in Partnun und Tilisuna Absteigequartiere für Touristen entstanden Wanderungen im Rhätikon.

sind und der Verkehr zwischen beiden größer geworden ist, ist auch ein directerer Verbindungsweg entstanden. Derselbe führt von der Tilisunahütte direct gegen Punkt 2222 m und zieht sich dann, etwas rechts'umbiegend, durch die Gruben, um gegen den Südrand derselben wieder auf den alten Grubenpaßweg zu stoßen. Man muß sich aber hüten, den nicht überall gut erkennbaren Weg zu verlieren, weil man sonst in den wilden Felslabyrinth sich leicht verirren oder auch an den glatt geschliffenen Felsen und in den karrenartig durchlöcherten und zerschnittenen Kalkflächen in schlimme Situationen kommen kann. Namentlich bei Nebel oder am Abend, wenn die Nacht heranrückt, heißt 's aufpassen. Hat man sich verirrt, so ist es am besten, wenn man den östlichen Rand der Gruben zu erreichen sucht, auch wenn dies in ziemlich großem, nach Norden gerichtetem Bogen geschehen müßte. Am Ostrand ist der Boden weniger felsig, es finden sich mehr beraste Flecken und weniger Schratten, so daß man da besser überall durchgehen kann. Auch wird man dort den meist gut kenntlichen alten Weg finden.

Ich unterlasse es, den gewaltigen Felsencircus der Gruben mit seinen gebleichten Kalkwänden und wirren Trümmermassen, seinen Rundhöckern, Gletscherschliffen, Schratten und Dolinen weiter zu beschreiben. Ebenso will ich nicht versuchen, ein Bild zu geben von dem auf drei Seiten von himmelanstrebenden Felsmassen — Sulzfluh, Scheienfluh und Gruben — umschlossenen und von leuchtenden Alpenblumen umkränzten Partnunersee. Aber so viel ist gewiß, eigenartige Landschaften sind es, diese beiden aufeinanderfolgenden Gebirgskessel, das untere, seengeschmückte und wenigstens auf der Westseite noch von grünen Halden eingefaßte Thal und der 300 m höher liegende kahle und todte Felsencircus. Als ich da eilenden Laufes durchzog, lag schon Alles in tiefem Schatten, nur die weißen Wände der Scheien- und Sulzfluh und die braunen, vielgestaltigen Spitzen der Madrishornkette erglühten in dem feurigen Rosa der untergehenden Sonne. Um 6 Uhr 45 Min. kehrte ich in dem Gasthaus wiederum ein, von dem ich am frühen Morgen meine Wanderung angetreten hatte.

Am folgenden Tag regnete es zur Abwechslung wieder einmal, und da ich die Erfahrung gemacht hatte, daß die Schönwetterperioden diesen Sommer je nur ein bis zwei, die Regenperioden aber vier oder fünf oder noch mehr Tage dauerten, so sagte ich gegen Mittag meinem Wirth und seinen Gästen Lebewohl und marschirte bei strömendem Regen hinaus nach Küblis, um von da per Bahn nach Schiers zu kommen und hier eine neue, kurzlebige Schönwetter- und Reisezeit abzuwarten.

3. Die Drusenfluh.

Auf meinem touristischen Wunschzeddel für den Sommer 1890 stand die Drusenfluh neben Piz Kesch und Fluchthorn obenan. Die Führer 26 E. Imhof.

unserer Gegend hatten sich mit Begeisterung zu einem Versuch bereit erklärt. Ich selber hatte den Berg ringsum umgangen und genau durchmustert, um die zugänglichen Stellen ausfindig zu machen, auch bei Jägern und Hirten nach solchen mich erkundigt. So war ich zur Ueberzeugung gekommen, daß die Besteigung von der Südseite unmöglich oder doch nur mit den allergrößten Schwierigkeiten und Gefahren verbunden sei. Ob ein gewandter Dolomitkletterer zu anderer Ansicht käme, lasse ich dahingestellt, bezweifle es aber doch sehr, da die Dolomitgipfel bei allen Schwierigkeiten und Gefahren, die sie bieten, nach allen Beschreibungen doch weniger glattwandig sind und bessern Griff bieten. Mehr Hoffnung auf Erfolg schien mir, außer der von den Oesterreichern — Führer Chr. Zudrell 1870 und die Herren C. Blodig und E. Sohm 1888 1ein-geschlagenen Richtung, die Nordwestseite des Berges vom Schweizerthor bis zum Oefenjoch zu bieten. An zwei oder drei Stellen muß da der Aufstieg bis weit hinauf möglich sein. Am leichtesten schien er mir vom Oefenpaß direct südlich zu sein. Ich war sicher, daß man dort bis auf den Grat östlich der Höhenzahl 2633 m müßte kommen können. Wie es aber von dort östlich über den Grat weiter ginge, war ich von unten auf und von umliegenden Punkten aus nicht im Stande sicher zu erkennen. Das konnte nur ein Versuch zeigen. Verschiedene Umstände, besonders das meist schlechte Wetter, ließen es aber den ganzen Sommer über nicht zu einem solchen kommen und im Herbst schien es wegen Mangel an Zeit erst recht nichts daraus zu geben. Schon war der prächtige September vorbeigezogen, ohne daß ich einen Versuch gemacht hätte, und der Winter sandte bereits seine Vorboten ins Land. Aber auch der October ließ sich gut an, und so hieß es dann am ersten Samstag und Sonntag desselben: entweder jetzt oder dann nicht mehr in diesem Jahr!

Also eilte ich Samstag Nachmittags den 4. October nach Seewis, in der Hoffnung, daß von dort zwei Führer die Tour mitmachen könnten. Statt dessen konnte aber nur einer mitkommen: Johann Sprecher, ein junger, kräftiger und gewandter Mann, der als Führer und Jäger viel in den Bergen herumkommt. Sein Bruder Martin, der die Tour sehr gern mitgemacht hätte, war zu unserem und seinem Leidwesen durch Militärdienst verhindert. Auch der Vater konnte nicht mitkommen, da in dieser arbeitsvollen Zeit nicht alle männlichen Mitglieder der Familie von Hause abwesend sein durften. Die Aussichten für ein gutes Gelingen waren damit bedeutend herabgemindert. Dennoch beschlossen wir Zwei, das schöne Wetter nicht unbenutzt zu lassen und uns wenigstens über die Beschaffenheit des Grates östlich vom Punkt 2633 Sicherheit zu verschaffen. Doch wollten wir nichts erzwingen und uns nicht verwagen und also von der Erreichung des höchsten Punktes abstehen, wenn die Gefahren sich Wanderungen im Rhätikon.

häufen sollten. Wir wollten uns auf eine möglichst genaue Recognoscirung des Berges, besonders des nordwestlichen Theiles desselben, beschränken, um dann im nächsten Jahr mit um so größerer Sicherheit vorgehen zu können. Wir nahmen darum zwar wohl einen Pickel, aber kein Seil mit, um uns nicht durch dasselbe zu etwas Gewagtem verleiten zu lassen. Die folgende Darstellung wird zeigen, daß und wie aus der Recognoscirung eine fertige Besteigung wurde.

Um 3 Uhr marschirten wir von Seewis ab und erreichten über Ganey und Fasons um 6 Uhr 20 Min. die Schamellahütte, um hier die Nacht zuzubringen. Leider fanden wir diese erst vor acht Jahren erbaute und seither schon mehrfach reparirte Hütte in sehr schlimmem Zustand. Das Mauerwerk zeigt große Sprünge und droht auseinanderzufallen, so daß zu befürchten ist, daß die Hütte den Winter kaum mehr überdauern wird. Uns thut sie aber den Dienst noch, und wir bringen eine gute Nacht darin zu. Morgens 2 Uhr stehen wir auf und um 3112 Uhr machen wir uns auf den Weg. Es ist zwar etwas dunkel, aber wir kennen den Weg und finden uns gut durch. Um 5 Uhr passiren wir das Cavelljoch und treten damit auf die Nordseite des Rhätikon. Dann geht es über eine ziemlich weite Schutthalde hinter den Kirchlispitzen durch nach dem Verrajöchl, das wir um 5 Uhr 45 Min. erreichen. Unterwegs mustern wir auch die Nordhänge der Kirchlispitzen, um die zugänglichen Stellen herauszufinden. Als solche erscheinen uns jeweilen die rothen Bänder von Seewerkalk, der leichter verwittert als der hellgraue Kalk, aus dem die Hauptmasse des Berges besteht. Geißbuben, denen viel möglich ist, denen aber hie und da noch mehr angedichtet wird, sollen übrigens den ganzen zackigen Grat vom Schweizerthor bis zum Cavelljoch der Länge nach überklettert haben. Da ich selbst schon solche Geißbuben hoch oben auf dem Grat ihren Ziegen nachjagen sah, so will ich die Möglichkeit der genannten Ueberkletterung nicht ohne Weiteres in Abrede stellen. Für Touristen mag darin immerhin ein Fingerzeig liegen.

Vom Verrajöchl an nahmen wir nun die Drusenfluh scharf auf 's Korn. Um 6 Uhr waren wir auf dem Schweizerthor und um 6 ½ Uhr auf dem Oefenpaß, dem von uns zunächst in Aussicht genommenen Angriffspunkt. Der Fuß des Berges wird dort durch mehrere glatte und ziemlich hohe Felsenstufen gebildet, unter denen wir mit nur geringer Steigung noch etwa ½ km. weiter östlich gehen mußten bis zum ersten Felskopf, der zwischen zwei Steilmulden vorspringt. Nach einer Rast von 15 Minuten versuchten wir zuerst durch die östliche Mulde emporzusteigen, so daß wir dann über das erste u im Namen Drusenfluh der Excursionskarte direct gegen die höchste Spitze ( 2829 m ) gekommen wären. Allein die Steilheit dieses Kars und die glatten Felsplatten und Felsstufen, die weder dem Fuß sichern Tritt, noch der Hand guten Griff gewährten, zwangen uns, davon abzustehen und unser Glück am Felskopf selber zu probiren. Aber auch E. Imhof.

dieser wollte sich nicht so bald ergeben, so daß wir schon daran dachten, es weiter westlich zu versuchen. Doch gelang es uns endlich dann nach längerem Suchen, mit Händen und Füßen kletternd, die untern, steilsten Partien des Kopfes zu überwinden, und zwar Jeder auf einer andern Linie. Ueber den untersten Steilabsätzen folgte ein theilweise berastes, theilweise immer noch plattiges und mehr oder weniger mit Schutt bedecktes Gehänge, das aber dem Aufstieg keine Schwierigkeiten entgegenstellte. Wir hatten eine Stunde gebraucht, um hieher, d.h. in eine Höhe von etwa 2400 m, zu kommen. Auf den Rasen- und Schuttboden folgten bald wieder steile Platten, die wir nur mit der äußersten Vorsicht, hie und da nur kriechend überwinden konnten. Einige übereiste Stellen konnten wir umgehen, sonst wären wir wohl zur Umkehr gezwungen gewesen. Weiter oben folgte harter Schnee, der das ganze Kar bis auf den Grat hinauf erfüllte, und auf dem wir rasch und sicher über das r im Namen Drusenfluh der Excursionskarte vorwärtskamen. Man konnte da ganz gut auf dem steil ansteigenden, aber ziemlich ebenen oder etwas wellenförmigen Boden der Felsmulde im Zickzack hin- und hergehen. Nur an den steilsten Stellen hielten wir uns an den linken Rand, um uns an der dort herabziehenden Felsrippe mit den Händen festhalten zu können. So kamen wir denn ohne weitere nennenswerthe Schwierigkeiten um 8 Uhr 30 Min. auf den Grat etwas östlich vom Punkt 2633 m, gerade südlich vom r des Namens Drusenfluh in der Karte. Der Punkt mag etwa 2700 m hoch sein, also etwa 400 m über dem Oefenpaß liegen. Und für diese Strecke hatten wir 2 ¾ Stunden gebraucht, wovon 1 Stunde für den untersten Felskopf und etwa 1'Is Stunden für die letzten 300 m! Die letzteren hätten wir leicht schneller zurücklegen können, allein wir gingen absichtlich langsam und blieben öfters stehen, um uns das Terrain genau zu betrachten und uns dessen Beschaffenheit für ein andermal, sowie für den Abstieg einzuprägen. Auch prüften wir die ganze Gegend, so weit sie uns sichtbar war, auf ihre Gangbarkeit und kamen zu der Meinung, daß man wahrscheinlich auch vom Schweizerthor, südöstlich über Platten- und Schuttstufen ansteigend, den Punkt 2633 erreichen und von da auf dem Grat weitergehen könnte. Wir oder Andere werden das im Sommer 1891 probiren. So ist es begreiflich, daß wir etwas viel Zeit brauchten Wir glauben, ein andermal auf demselben Weg und bei ähnlichen Schneeverhältnissen in l ½ Stunden vom Oefenpaß auf den Grat zu kommen und speciell für den untersten Felskopf wenig mehr als ¼ Stunde nöthig zu haben.

Auf dem Grat gingen wir eine Weile hin und her, besuchten auch den Punkt 2633 und trafen dort ein ganz kleines Steinmännchen von sechs Steinen. Dann stiegen wir auf den verwitterten Grat unserem Ziele entgegen, das in Gestalt eines vielzackigen, von Nord nach Süd streichenden Grates in geringer Entfernung vor uns stand. Aber südlich vom ersten u im Namen Drusenfluh der Karte mehrten sich die Schwierigkeiten derart, Wanderungen im Rhätikon.

daß wir am Weiterkommen zweifelten und uns vorläufig zu einer Rast niedersetzten.

Schon hier genossen wir eine über alles Erwarten herrliche Aussicht, die vom Piz Linard über die ganze Albulakette und Berninagruppe bis zur Adula- und Medelsergruppe reichte, auch den Tödi, die Sardona-Ringelspitzgruppe und die Grauen Hörner, sowie die Vorarlberger Alpen umfaßte. Besonders reizend und anziehend ist der Blick auf die tief zu unseren Füßen ausgebreiteten Alpen, auf die sanften Formen der grünen Berge zu beiden Seiten des Prätigaus und hinaus nach Schuders, Schiers, Valzeina und Furna. Das Großartigste ist aber die Drusenfluh selber, deren gewaltige Felsmassen, die nach Süden senkrecht in schwindelnde Tiefen abstürzen, deren Thürme und Obelisken und deren zerklüftete Wände einen überwältigenden Eindruck machen. Dieser Anblick allein, dem sich im Rhätikon nichts an die Seite stellen läßt, macht es der Mühe werth, den Grat, auf dem wir ruhen, zu besuchen.

Mittlerweile war es 9114 Uhr geworden. Der Führer hatte aber auch das Terrain bereits recognoscirt und noch ein gutes Stück gangbar befunden. Also wurde wieder aufgebrochen. Es folgte zunächst eine kurze, aber etwas unheimliche Passage auf einem schmalen Felsband an der linken Seite der Gratschneide. Rechts konnte man sich zwar mit den Händen gut halten, aber links stürzten die Felsen in glattgeschliffenen Stufen in bedeutende Tiefe. Wäre man da gestrauchelt oder ausgeglitscht, so wäre man unaufhaltsam von Stufe zu Stufe in immer größere Tiefen gestürzt und zerschlagen, vielleicht als formlose Masse weit unten im Kar liegen geblieben. Der Schwindelfreie und Furchtlose kann die Stelle wohl passiren, aber auch er muß sorgfältig Schritt für Schritt abwägen. Ich muß sagen, daß es mir angenehm gewesen wäre, hier nicht nur einen Führer vor mir, sondern auch einen hinter mir zu wissen und mit ihnen durch ein Seil verbunden zu sein.

Nach diesem Felsgesimse kam ein großer, runder Felskopf, den man von Schiers aus ganz gut an seiner gelblichen Färbung erkennen kann. So unheimlich derselbe aussieht, so bietet er doch guten Griff und kann darum verhältnißmäßig leicht überklettert werden. Von da an ist man nicht mehr auf dem Grat, sondern an der südlichen Bergwand auf einem schmalen, steil ansteigenden Gang, den man im Winter, wenn Schnee drauf liegt, ebenfalls von Schiers aus erkennen kann. Derselbe sticht schon aus einiger Entfernung, z.B., von unserem letzten Rastplatz aus, auch durch seine Färbung von der übrigen Wand ab, denn während diese aus hellgrauem und etwas in 's Bläuliche spielendem Kalk, wahrscheinlich aus einem Jura- oder Kreidekalk besteht, wird unser Gang von einem dunkleren, schieferigeren und poröseren Kalk, der dem Arlberg-,kalk am Lünersee ähnlich sieht und wohl auch Arlbergkalk ist, gebildet. Derselbe scheint leichter zu verwittern, als der übrige Fels, und so E. Imhof.

entsteht denn jener steil ansteigende Gang, der zwar nicht rechtwinklig aus der Bergwand vorspringt, sondern nur eine weniger steile Partie derselben bildet und mit Schutt bedeckt ist, so daß, wer schwindelfrei ist, durch denselben aufsteigen kann. Als wir durchkamen, lag außer dem Schutt auch noch einiger Schnee darauf, der das Gehen ebenfalls erleichterte. Auch hier könnte ein Seil gute Dienste leisten. Der Gang reicht bis südlich unter den höchsten Punkt und wird dort nahe an 2800 m Höhe haben. Nun folgt die schlimmste Stelle, indem der Gang um eine vorspringende Kante herum und dann in eine dahinter folgende außerordentlich steile Runse oder Steinschlagrinne einbiegt, dabei zugleich sich etwas senkt und allmälig ausgeht. Da ist denn die allergrößte Vorsicht und einige Beherztheit geboten und namentlich hier wären drei Mann und ein Seil angenehm. Ist die Runse überschritten, so folgt eine zwar nicht gar lange, aber namentlich im ersten Theil etwas schwierige Kletterei über eine steil ansteigende Kante, die direct auf den Gipfelgrat führt.

Hurrah! um 10 Uhr 10 Min. ist Alles überwunden und die erste, südlichste Spitze des Gipfelgrates erreicht. Dieser selber bietet keine Schwierigkeiten mehr und mit Leichtigkeit schreitet man über denselben von Spitze zu Spitze, wenn man auch nicht überall auf der Schneide bleiben kann, sondern stellenweise am östlichen Hang hingehen muß. Der Grat ist in fünf oder sechs größere und mehrere kleinere Zacken zer- schnitten, und man hat ohne Instrument einige Mühe, zu entscheiden, welches die höchste ist. Immer wenn man auf einer steht, meint man, die nächstfolgende oder die eben verlassene müsse es sein. Jedenfalls ist der Höhenunterschied zwischen der mittleren und nördlichsten Zacke nur sehr gering. Um 10 Uhr 25 Min. war auch die letztere erreicht und damit der ganze Gipfelgrat abgeschritten. Auf der mittleren und wahrscheinlich höchsten Zacke fand sich in einem kleinen Steinmännchen eine Flasche mit zwei Zeddeln. Leider war aber auch Wasser in die Flasche gedrungen, so daß die Zeddel unleserlich waren und beim Herausnehmen in Fetzen zerfielen. Nur ein Name konnte noch gelesen werden, nämlich der von Hrn. Emil Schaller aus Nürnberg. Derselbe war im August oder September auf unserer Spitze. Welchen Weg er eingeschlagen hat und wer mit ihm war, konnten wir nicht lesen. Wahrscheinlich hat er von der Sporenalp aus die Route der Herren Blodig und Sohm gewählt. Seine Expedition ist also die dritte, unsere die vierte gewesen. Zwei, wahrscheinlich drei Expeditionen ( Zudrell 1870, Blodig und Sohm 1888, Schaller 1890 ) gingen von der Sporenalp aus durch den sogenannten Thiergarten hinauf, die vierte vom Oefenpaß aus.

Die Aussicht war wirklich grandios und natürlich noch ausgedehnter, als die vorhin skizzirte vom Grat aus. Sie erstreckte sich auch auf den Bodensee, die Bayerischen Alpen, die ganze Silvrettagruppe, den ganzen Rhätikon und die Drusenfluh selbst mit ihrem zerklüfteten Gletscher.

Wanderungen im Rhätikon.

Drusenfluh Schweizerthor 2151 -.« OC 00«« 00

Drusenfluh und Sulzfluh vom Gipfel des Montalin ( 2263 m ).

Ich weiß nicht, was uns diese Aussicht so großartig und herrlich hat erscheinen lassen. War's die Freude über das Gelingen unseres Unternehmens, war 's der wundervolle Tag mit seiner überaus klaren und durchsichtigen Luft, war 's der auf den höhern Gebirgen ( Silvretta-, Albula-, Bernina-, Oetzthaler-, Ortler-, Tödi- und Adulagruppe ) liegende, silberglänzende Neuschnee, waren 's die ungeheuren, gewaltigen Felsmassen der Drusenfluh oder waren 's alle diese Dinge zusammen? Genug, der Eindruck auf uns war ein überraschender und läßt sich unmöglich durch Worte wiedergeben. Mögen Andere kommen und selbst sehen und selbst erleben! Interessant müßte auch der Uebergang vom Punkt 2829 m über das Eisjöchl nach dem Punkt 2828 m sein. Der Anblick von unserem Punkt aus erweckt keine großen Hoffnungen für einen directen Uebergang. Jedenfalls kann man aber dem Punkt 2828 m auf anderem Weg beikommen und es muß ein schöner Punkt sein, der auch dem unserigen puncto Aussicht kaum etwas nachgeben kann. Er stellt, im Gegensatz zu unserem Zackengrat, ein schönes, kleines Plateau dar, auf dem eine größere Gesellschaft sich tummeln könnte.

Um 11 Uhr 10 Min. wurde der Abstieg auf dem gleichen Weg angetreten. Einen neuen Weg durften wir schon in Rücksicht auf die vorgerückte Zeit nicht versuchen; auch war es von Interesse, zu erfahren, wie sich der Abstieg auf unserem Weg machen würde. Endlich hatte Joh. Sprecher sein „ Stutzerl " unterwegs abgelegt, und das konnten wir doch nicht im Stiche lassen. Der Abstieg über die Gipfelkante und der Durchgang durch die Runse und den oben erwähnten langen Gang war natürlich nicht leichter, als der Aufstieg, wurde aber doch, sammt der Passage über den runden Kopf E. Imhof.

und das daran sich anschließende Felsensims, in 25 Minuten zurückgelegt. Auf dem Grat machten wir einen Halt von fast einer halben Stunde, und. begannen dann um 12 Uhr den Abstieg durch die Steilmulde. Auf dem harten Schnee und weiter unten auf dem theilweise vereisten Schutt- und Grasboden und den glatten Platten war dieser Abstieg wesentlich schwieriger, als der Aufstieg, und mußte zum Theil sitzend und langsam rutschend oder auf allen Vieren bewerkstelligt werden. Am untersten Felskopf ging 's an einem Ort durch ein kurzes Kamin in der Weise hinunter, daß man, den Rücken gegen den Berg gekehrt, mit den Händen und Ellbogen sich gegen die Felsen stemmte, bis die Füße an vorspringenden Stellen einigen Halt gewonnen hatten, und man so, halb schwebend, halb aufliegend, sich etwas hinunterlassen konnte. Doch dauerte das nicht lange, bald befanden wir uns wieder unter den Felsen, und um 1 Uhr 20 Min. waren wir auf dem Oefenpaß, hatten also vom Grat 1 Stunde und 20 Minuten gebraucht.

Ich stelle noch einmal die wichtigsten Zeitangaben zusammen und setze daneben in Klammern die Zeiten, die uns ein andermal bei ähnlichen Schnee- und Eisverhältnissen als genügend erscheinen, wenn man keine Zeit mit Suchen verliert:

Aufstieg vom Oefenpaß bis zum Grat 2 Std. 45 Min. ( 1 Std; 30 Min. ) Vom Grat bis auf die Spitze.. 1 Std. Min.Std. 40 Min. ) Abstieg im Ganzen1 Std. 40 Min. ( 1 Std. 20 Min. ) Für Auf- und Abstieg ohne Rasten 5 Std. 25 Min. ( 3 Std. 30 Min. ) Würde man am untersten Felskopf und oben vom Grat bis zum Gipfel auch nur ganz geringe Wegverbesserungen anbringen, was sich mit Hülfe eines Steinhauerpickels und einiger Sprengungen machen ließe, so könnten die Schwierigkeiten wesentlich gemindert werden, ohne daß deswegen der Berg für Bergsteiger an Reiz und Werth verlieren würde.

Vom Oefenpaß setzten wir unseren Marsch sogleich weiter fort und kamen über das Schweizerthor um 2 Uhr 40 Min. zur Partutsquelle, bei der wir eine halbe Stunde verweilten. Dann ging 's durch die schönen Alpen and Wälder hinaus nach Schuders und über Busserein nach Schiers, wo wir um 6 Uhr 15 Min. ankamen.

Wir waren und sind noch von unserer Tour aufs Höchste befriedigt, hatten wir doch neue Erfahrungen gemacht und neue, große Eindrücke erhalten, und war es uns gelungen, nicht nur überhaupt auf den Berg, der unser Interesse in besonderem Maße in Anspruch nahm, zu kommen, sondern auch einen höchst interessanten und für uns Prätigauer nicht zu langen Weg zu finden, den wir geübten, schwindelfreien und vorsichtigen Bergsteigern, aber auch nur solchen, empfehlen dürfen.

Feedback