Was tun mit unliebsamen Mitgliedern?
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Was tun mit unliebsamen Mitgliedern?

Jean Louis Rodolphe Agassiz (1807–1873) und ich haben ein kleines bisschen gemeinsame Geschichte, sozusagen. 2007 jährte sich sein Geburtstag zum 200. Mal. Ich war gerade frisch zur Zeitschrift «Die Alpen» gestossen, damals noch als Redaktorin. Beschlossen war bereits: Im Mai sollte ein Artikel über Agassiz’ Leistungen in der Glaziologie erscheinen. Denn er war massgeblich daran beteiligt, dass die Eiszeittheorie in den Kanon der Naturwissenschaften aufgenommen wurde. Das brachte ihm bei der Gründung des SAC im Jahr 1863 die Ehrenmitgliedschaft ein. Was ich damals nicht wusste.

Kaum war der Artikel publiziert, erhielt ich ein Mail von Hans Fässler. Er monierte, dass «Die Alpen» die andere, dunkle Seite von Agassiz mit keinem Wort erwähnt hätten. Denn Agassiz sei extremer Rassist gewesen. Ich vertrat die Ansicht, dass der Artikel komplett sei. Dies, weil ich stark geprägt war vom journalistischen Mantra «Nur ein Thema pro Artikel» und von der Ausrichtung des Magazins «Die Alpen» auf Bergthemen. Den Mailverkehr zwischen Fässler und mir können Sie noch heute im Internet nachlesen. Suchen Sie einfach meinen Nachnamen und den Namen Agassiz zusammen. Im Frühsommer dieses Jahres befasste sich die Sektion St. Gallen erstmals mit Hans Fässlers Antrag, Louis Agassiz die Ehrenmitgliedschaft abzuerkennen. Nächsten Frühling wird die Sektion nochmals über den Antrag abstimmen. Bei einer Annahme wird sich die Abgeordnetenversammlung des SAC im Juni 2017 ebenfalls mit der Frage auseinandersetzen.

Unabhängig des konkreten Falls stellt sich für den SAC hier eine wichtige Frage: Wie soll der Club mit Mitgliedern umgehen, die sich irgendwann als unliebsam herausstellen? Darauf gibt es keine leichte Antwort. Streicht man sie schlicht aus den Geschichtsbüchern? Aus den Augen, aus dem Sinn? Oder stellt man sich deren Vergangenheit, legt sie offen, diskutiert sie?

Wir haben uns nun – zehn Jahre nach meinem ersten «Kontakt» mit Agassiz – für Letzteres entschieden und unseren Autor Philippe Flück auf Spurensuche geschickt. Diesmal mit der Aufgabe, das Leben von Jean Louis Rodolphe Agassiz auf dieses Thema hin zu skizzieren. Keine leichte Aufgabe. Lesen Sie ab Seite 52.

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