Wenn Karabiner versagen
Trotz Norm: Karabiner können sich in seltenen Situationen aushängen oder brechen. Mit gutem Material und einer korrekten Technik lässt sich das Risiko minimieren.
«Nach dem 6. Haken kam die Schlüsselstelle. Ich versuchte, sie zu klettern, stieg dann zurück und setzte mich direkt beim Haken ins Seil. Doch statt im Seil zu hängen, machte ich einen völlig unkontrollierten, weiten Flug. Im Nachhinein zeigte sich, dass sich der Karabiner aus dem Bohrhaken ausgehängt hatte. Der Schnapper war nach aussen gedrückt.» Diese Meldung auf dem Internetportal www.alpinesicherheit.ch ist kein Einzelfall. Was war geschehen? Wie lässt sich das verhindern?
Normgerechte Bergsteiger-Ausrüstung hält bei korrekter Anwendung jeder Belastung stand. Doch kann es in seltenen Fällen zu Fehlbelastungen kommen. Am häufigsten – aber zum Glück nicht immer mit tragischen Folgen – sind Karabinerbrüche.
Zwei Hauptgründe für Karabinerbrüche
Zwei Ursachen stehen im Vordergrund: a) wenn bei einem harten Sturz der Schnapper offen istb) wenn der Karabiner in Querrichtung belastet wird. In beiden Fällen ist die Festigkeit eines Karabiners von normal über 20 kN (ca. 2000 kg) auf etwa einen Drittel reduziert.
Ist der Schnapper offen und erfolgt die Belastung im Bereich der Nase oder am Schnapper selbst, braucht es dazu nicht einmal einen Sturz. Dann kann der Karabiner schon brechen oder aushängen, wenn man sich ins Seil hängt. Eine ungünstige Karabinerbelastung lässt sich nie ganz ausschliessen, durch korrektes Einhängen von guten Expressschlingen aber sehr unwahrscheinlich machen.Wem das nicht genügt, kann an neu-ralgischen Stellen – hohes Sturzrisiko kombiniert mit fatalen Folgen bei einem Versagen – einen Karabiner mit Verschlusssicherung verwenden oder zwei Expressschlingen gegengleich einhängen.
Hakenseitiger Karabiner häufiger betroffen
Meist ist es der hakenseitige Karabiner der Expressschlinge, der sich aushängt oder bricht. Der Grund: Beim Klettern bewegt sich das Seil. Dabei kann es die Expressschlinge anheben, und zwar um so eher, je leichter diese ist. Gefährlich wird es, wenn die Expressschlinge den hakenseitigen Karabiner mitbewegt und dieser ungünstig zu liegen kommt. Kann sich der Karabiner frei in der Schlinge bewegen, geschieht dies seltener.
Bei harten Stürzen kommt es gelegentlich auch zum Bruch des seilseitigen Karabiners: Schlägt dieser beim Sturz am Fels auf, so öffnet sich der Schnapper genau in dem Moment, in dem die Sturzbelastung erfolgt. Je grösser die Federspannung und je leichter der Schnapper, desto seltener geschieht dies. Die beste Expressschlinge nützt nichts, wenn sie nicht richtig einhängt wird: Die Schnapper der Karabiner müssen weg von Kletterer und Fels schauen. Damit dies auch in Quergängen möglich ist, sollten die Schnapper beider Karabiner auf derselben Seite liegen. Das Seil wird so eingehängt, dass es von der Wandseite her in den Karabiner läuft und diesen auf der Aussenseite verlässt (Abbildungen links unten). Sonst kann sich das Seil bei einem Sturz aus dem Karabiner aushängen.
Vorsicht bei scharfen Kanten und hervorstehenden Schrauben
Bei rostigen Normalhaken oder wackligen Klemmkeilen liegt die Gefahr in der Verankerung selbst. Nur bei sehr zuverlässigen Verankerungen können Karabinerbrüche zur Haupt-gefahr werden.
Vorsicht ist angebracht, wenn das «Plättli» des Bohrhakens eine kleine Öse oder scharfe Kanten hat, oder wenn der Gewindebolzen weit hervorsteht: Gelangt der Karabiner in eine ungünstige Position, so kann er sich in dieser Stellung verkeilen. Er kann bei der ersten Belastung brechen oder sich aushängen. Die Fotos des eingangs beschriebenen Beispiels deuten darauf hin, dass dies der Fall war.