Zeitschrift und Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins
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Zeitschrift und Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins

Hinweis: Dieser Artikel ist nur in einer Sprache verfügbar. In der Vergangenheit wurden die Jahresbücher nicht übersetzt.

Mitteilungen des nämlichen. Red. H. Hess. Kr. 1—24. Wien, 1892.

Das Jahrbuch des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins ist diesmal in den Abhandlungen bedeutender als in den „ Fahrten ". Wir finden da eine Studie von Dr. F. Kerner von Marilaun über die Föhnmauer mit einer nicht sehr gelungenen Abbildung des meteorologischen Phänomens; Dr. G. Kerschensteiner und Dr. H. Heß: Die Vermessung des Hochjochferners; Dr. R. v. Wettstein: Die fossile Flora der Höttinger Breccie; recht interessant ist ferner J. Baumann: Das Kriegswesen im Hochgebirge; auch die in einer andern Abteilung untergebrachte Arbeit von A. Waltenberger: Hermann Freiherr von Barth und dessen litterarischer Nachlaß alpinen Inhalts.

Von den Monographien clubistischen Inhalts sind stofflich die bedeutendsten: F. Kilger: Hochtouren im Mieminger Gebirge; J. Pemsel: Wanderungen in der Brentagruppe; H. Meynow: Streifzüge in der Ötz-thaler- und in der Stubai ergruppe; Th. Wundt: Hochgebirgstouren im Winter. Der letztere Schriftsteller ist ein offenbar außerordentlich leistungs- fähiger Kletterer und Gänger, der mit Vorliebe unter recht schwierigen Umständen „ seligsallein " herumläuft und bei dessen Abenteuern man sich nur darüber wundern muß, daß er schließlich immer noch dazu kommt, sie uns zu erzählen. Zahmer sind die Wanderungen von Dr. K. Hassert im montenegrinischen Hochgebirge von H. Wödl in den Niederen Tauern: von Dr. C. Sapper im Kettengebirge von Mittelguatemala; oder die Berichte von A. Heilmann: Aus dem Alpein. Diese Arbeiten sollen nicht zurückgesetzt werden, aber ich bin nicht der einzige Kritiker, der hierin die Abwesenheit von ganz großen Gipfeln bemerkt hat.

In der unsern kleineren Mitteilungen entsprechenden Rubrik giebt Hauptmann Obermair eine verdankenswerte „ Übersicht über den gegenwärtigen Stand der wichtigsten Alpenkarten " als Text zu seiner Übersichtsskizze des Alpengebiets mit 33 Netzen auf Oleaten. Es wird bezweckt, und auch ermöglicht, auf diese Weise rasch für jedes Gebiet die erschienenen Karten zu konstatieren. Neuerschienenes kann auf den Ölblättern nachgetragen werden. Weniger gelungen scheint mir der Aufsatz von Dr. L. Freytag: Proben aus der Bibliographie des alpinen Volkstums. Die Behandlung ist etwas willkürlich und einseitig, z.B. in der Beurteilung von Anzengruber und Rosegger, und die Darstellung zeigt starke Lücken. Quellenstudium und Kritik sind etwas unsicher. So fehlen z.B. für die schweizerische „ Folklore " die zwei bedeutendsten Sagensammlungen, Kuppen für das Wallis und Lütolf für die Urkantone, während ziemlich wertlose Bearbeitungen angepriesen sind. F. Seeland bringt uns die XII. Fortsetzung der Studien am Pasterzengletscher 1891.

In den Beilagen finden wir das westliche Blatt der Übersichtskarte der Ostalpen von L. Ravenstein 1: 500,000 und für diesen Maßstab recht leserlich. Ferner eine Karte des Sonnblickgebietes 1: 50,000, mit Kurven und Relieftönen, aber etwas dicken Lettern in der Schrift. Ausgezeichnet sind dagegen die Illustrationen im Buch. Hierin steht dieser Verein mit seinen reichen Mitteln und vorzüglichen Künstlern voran.

Die Mitteilungen enthalten neben den massenhaften kleinen Notizen über Weg- und Hüttenbau, Fuhrwesen, Verkehr und Unterkunft, Ausrüstung, Unglücksfälle, Personalnachrichten, Litteratur, Kartographie und Kunst, Vereinsangelegenheiten des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins und anderer Vereine, welche die Mitglieder über alles in alpiner Beziehung Wissenswürdige auf dem Laufenden erhalten, und den touristischen Mitteilungen, eine Reihe von Aufsätzen, welche auf mehr als vorübergehende Beachtung Anspruch haben. Bei einigen derselben, wie G. Merzbachers Reisen im Centralkaukasus, ist Tür den Genuß des Lesers der Umstand störend, daß der Bericht durch mehrere Hefte^ hindurch geht, wobei nicht einmal ^er Vorteil^ eingetauscht wird, daß das bekannte „ Fortsetzung folgt " an einer besonders spannenden Stelle erscheint. Als Arbeiten, die mich teils stofflich, teils wegen der Darstellung besonders angezogen haben, nenne ich: Ad. Gstirner: Erste Ersteigung der Cima d' Amola; Dr. R. Sieger: Zur Geschichte der alpinistischen Werkzeuge; Prof. Dr. Arnold: Wanderungen zwischen Hochtauern und Sonnblick; Dr. H. Heiversen: Die Fünffingerspitze; Oskar Schumann: Aus der Dosdé-Piazzigruppe; R. v. Strehle: Das Pinsgauer Präschießen; Dr. H. Heß: Gletschermarkierungen im Stubai und Gletscherbewegung im Stubai; L. Norman-Neruda: Von der Wellenkuppe auf das Obergabelhorn; G. Euringer: Eine Ersteigung des Lyskammes von Süden; K. Schulz: Das Corno delle Granate; Dr. J. und F. Grüß: Eine Bergfahrt im Samnaun-thal; Prof. Dr. E. Pott und H. Steinach: Unsere Schutzhütten; Dr. K. Grienberger: Die neuen Bergführerordnungen für Kärnthen und Tirol nebst Vorarlberg; N. Zwickh: Der Führerlehrkurs in München; Dr. G. Kerschensteiner: Die zweite Vermessung des Gepatschferners.

Aus den Vereinsverhandlungen haben für Fernerstehende am meisten Interesse die Diskussionen über die Zeitschrift und die Mitteilungen an der Generalversammlung in Meran. Der Umstand, daß selbst ein so vorzüglich redigiertes Organ wie die Mitteilungen ziemlich lebhaften Angriffen ausgesetzt war und daß der Antrag gestellt wurde, den Sektionen die Portofreiheit für die Mitteilungen auf Kosten des Umfangs und der Ausstattung der Zeitschrift zu bewirken, zeigt, daß auch da eine starke Partei vorhanden ist, welche die Bedeutung dieser Publikationen für die Wertung eines alpinen Vereins nicht in dem wünschenswerten Maße erfaßt hat. Übrigens steht wohl fest, daß die Leitung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins diesem Andringen nur insoweit nachgeben wird, als Mittel gefunden werden sollen, diese Publikationen unbeschadet der übrigen Vereinszwecke auf ihrer bisherigen Höhe zu erhalten und weiter zu entwickeln. Bei einem Vereine, der am 15. März 1893 in 200 Sektionen 27,740 Mitglieder zählte, sollte das keine Schwierigkeiten haben.

Wir haben hier noch von dem großartigen litterarischen Unternehmen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins „ die Erschließung der Ostalpen, unter Redaktion von Prof. Dr. Ed. Richter " zu reden. Ein abschließendes Urteil wird sich erst nach Fertigstellung des Ganzen abgeben lassen, aber immerhin ist schon so viel davon erschienen, in 10 Heften, daß man die Anlage des Werkes übersehen kann. Fertig ist der erste Band, enthaltend die vortreffliche Einleitung von Richter und die nördlichen Kalkalpen. Hiervon bespricht W. Strauß den Rhätikon, zu welchem freilich gerade das letzte Jahr noch einige Nachträge gebracht hat; Anton Spieler ( t 1892 ) bespricht die Algäuer Alpen, deren genauester Kenner er war; A. Spieler und C. Deutsch die Lechthaleralpen; M. v. Prielmayer das Wettersteingebirge; F. Kilger die Miemingerkette; H. Schwaiger die Karwendelgruppe und das Kaisergebirge; Th. Trautwein den Bayrischen Voralpenzug; L. Purtscheller die Salzburger Kalkalpen; A. v. Böhm die Dachsteingruppe; G. Geyer das Tote Gebirge; H. Heß die Ennsthaleralpen; E. Förster Schneeberg und Raxalpe.

Mit höheren Gebieten beginnt der zweite Band: die Centralalpen. O. v. Pfister bespricht die Silvrettagruppe; W. Strauß die Ferwallgruppe; L. Friedmann die Ortlergruppe; K. Schulz die Adamellogruppe.

Die Darstellung liegt also überall in den besten Händen und man kann schon jetzt sagen, daß das Werk, wenn einmal vollendet, ein außerordentlich nützliches, ja unentbehrliches sein wird. Eine vollkommene Einheit, wie es Studers kleineres Werk bietet, konnte auf einem so weit- läufigen Gebiet nicht einmal versucht werden. Eine ziemliche Ungleichheit des Stils ist die natürliche Folge der geteilten Arbeit; im großen und ganzen scheint sie aber doch von einem planmäßigen Gedanken durchzogen. In speziell österreichischen Zeitschriften liest man etwa Kritiken und Klagen über Nichtberücksichtigung der und jener Leistung, über willkürliche Einteilung und Nomenklatur; wie viel dabei auf Rechnung nationaler Empfindlichkeit zu setzen sei ( einiges gewiß ), vermag der Fernerstehende nicht zu beurteilen. Tadellos sind jedenfalls die Illustrationen; sie bieten specimina der neuesten Techniken. Wir sehen der Fortsetzung dieser „ Erschließung der Ostalpen " mit Spannung und Vergnügen ent-gegen.Red.

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