100 Jahre SAC-Sektion Oberhasli. Jubiläum mit alpingeschichtlichem Hintergrund
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100 Jahre SAC-Sektion Oberhasli. Jubiläum mit alpingeschichtlichem Hintergrund

100 Jahre SAC-Sektion Oberhasli

Neben der Generalversammlung und der abendlichen Festveranstaltung prägten die zwei Themenblöcke « Alpinismus einst und jetzt » sowie « Rettung einst und jetzt » die Jubiläumsfeier der SAC-Sektion Oberhasli. Filmausschnitte und die anschliessende Podiumsdiskussionen vermittelten den ca. 300 Anwesenden einen äusserst vielseitigen Einblick in die Entwicklung der letzten hundert Jahre.

« Beim Bergsteigen wird die Anstrengung durch immaterielle Erlebniswerte belohnt », betonte Oskar Linder, Gemeindepräsident von Meiringen, in seiner Begrüssungsansprache zu den Jubi-läumsfeierlichkeiten am 21. Februar 2004 in Meiringen und Innertkirchen. Gleichzeitig wies er auf den wichtigen Anteil des Bergsports für den Tourismus und damit für die Wirtschaft der ganzen Region hin. Wenn die Bevölkerung aus den städtischen Siedlungszentren die Bergwelt als Erholungsraum benutze, sei dieselbe Bergwelt für die Ansässigen auch Wirtschaftsraum, ob für Gewerbe oder Grossbetriebe wie die KWO 1, mit einem Potenzial, das es zu entwickeln gelte.

Alpinismus einst und jetzt Die alpinistische Entwicklung wurde anhand von Filmdokumenten aus dem SF-DRS-Archiv, von Ausschnitten aus dem Film von Thomas Ulrich zur Erstdurchsteigung der Eiger-Nordwand mit der damaligen Ausrüstung sowie einer von Kaspar Ochsner 2002/2003 im Alleingang durchgeführten und gefilm-ten Erstbegehung an der Wellhorn-Ost-wand ( Rosenlaui, BO ) gezeigt. In der anschliessenden Podiumsdiskussion mit

1 KWO ist die Abkürzung für Kraftwerke Oberhasli.

Hans Preis, Heinz Maurer, Kaspar Ochsner und Heidi Willener war das ganze Spektrum vom 92-jährigen klassischen Alpinisten bis zur jungen Bergführerin und Sportkletterin abgedeckt. Im Rahmen der von Moderator Ernst Kohler angeschnittenen Fragen zeigte sich der bergsportliche Wandel nicht zuletzt in Form der veränderten Zielsetzungen. Früher war das Ziel das « z'Bärg gah ». Da wurden selbst im Sektionsverband Touren in heiklem Schrofengelände und in teils brüchigem Fels unternommen, wobei eine Absicherung im heutigen Sinn nicht möglich war. Die damalige Einstellung beim In-die-Berge-Gehen war aber auch durch die Beschränktheit des Materials gegeben, denn mit einem um den Bauch gebundenen Hanfstrick durfte ein Sturz nicht riskiert werden. Da die gekletterten Schwierigkeiten absolut beherrscht werden mussten, galt es, auch mit wenig Sicherungsmitteln auszukommen. Zudem verhinderten die schweren Eisen-karabiner und die schwierig zu platzie-renden Haken eine kontinuierliche Absicherung. In diesem Sinne sind die früheren Leistungen – ungeachtet der niedrigeren Schwierigkeitsgrade – beeindruckend.

Rettung einst und jetzt Nach der filmischen Einstimmung mit Wochenschauaufnahmen aus der Rettungsaktion der im November 1946 auf dem Gauligletscher abgestürzten amerikanischen Dakotamaschine und Ausschnitten aus Regafilmen sowie einem eigenen Streifen der Rettungsstation Oberhasli wurde auch das Thema Rettung in einer Podiumsdiskussion vertieft. Die als Podiumsgäste geladenen Rettungschefs Franz von Bergen, Dr. Paul Flück, Otto von Allmen und Theo Maurer verkörperten vier Generationen des Oberhasler Rettungswesens, wobei

Unter der Leitung von Ernst Kohler ( Mitte ) diskutierten zum Thema « Alpinismus einst und jetzt » ( v.l. ) Sportkletterin und Bergführerin Heidi Willener, Kaspar Ochsner, Eröffner von kühnen Sportkletterrouten in den Wendenstöcken, Heinz Maurer, Bergführer und zu seiner Zeit ein ausgezeichneter Kletterer, sowie Hans Preis, der schon vor mehr als einem halben Jahrhundert alle 4000er der Schweiz bestiegen hatte.

Fo to :H ein z W ür gle r Fo to :R ob ert B ös ch Ueli Bühler anlässlich einer Erstbegehung in den Wendenstöcken. Rettungen aus den modernen Sportkletterrouten in den stark überhängenden Felsfluchten dieser Wendenstöcke erforderten neue Methoden – daraus entstand die Long-line-Technik ab Helikopter.

DIE ALPEN 4/2004

jeder von ihnen für einen entscheidenden Entwicklungsschritt stand. Franz von Bergen zeigte als Ältester der Runde die Anfänge des Bergrettungswesens auf, als das verfügbare Material praktisch nur aus ein paar Leichensäcken und Siche-rungsseilen bestand. Rettungen mussten damals vielfach mit Todbergungen gleichgesetzt werden. Ein gewaltiger Erfolg für die Bergrettung war dann die 1946 geglückte Bergung der Dakota-Be-satzung und -Passagiere auf dem Gauligletscher. Dr. Paul Flück forderte 1960 in seinem ersten Amtsjahr als Rettungschef anlässlich der Suche nach drei am Reissend Nollen vermissten jungen Meirin-gern erstmals einen Helikopter an. Der verfügbare kleine Bell-Helikopter konnte kaum über 1800 m aufsteigen. Als 1985 Otto von Allmen Rettungschef wurde, verlangten die in dieser Zeit von Kaspar Ochsner und seinen Gefährten eröffneten Sportkletterrouten in den überhängenden Südwänden der Wendenstöcke ganz neue Rettungstechniken. Mit den herkömmlichen Stahlseilgerä-ten kam man gar nicht mehr an diese Wände heran. Zusammen mit der Rega entwickelte Otto von Allmen die Long-line-Technik, mit der Retter an einer bis ca. 200 m langen Leine selbst in stark überhängenden Felspartien an die Wand gebracht werden können. Theo Maurer, der amtierende Oberhasler Rettungschef, arbeitet mit modernsten Rettungs-mitteln wie beispielsweise mit Infrarot-geräten für die nächtliche Suche nach Vermissten. Die wichtigsten Punkte einer jeden Rettungsaktion sind die optimale Teamarbeit und die Bedeutung der Risikoabschätzung.

Feier in Innertkirchen Beim abendlichen Jubiläumsfest in der Mehrzweckhalle in Innertkirchen war auch Zentralpräsident Franz Stämpfli anwesend. Auf die Sektionsgeschichte eingehend, hob er in seiner Ansprache das im September 1985 unter der Leitung des CC Neuchâtel durchgeführte und von der Sektion Oberhasli organisierte « SAC-Freiklettertreffen Meiringen » hervor, das eine entscheidende Wende für eine breitere Öffnung des SAC gegenüber dem Frei- oder Sportklettern brachte. 2 Die Sektion Oberhasli hat sich somit schon immer durch ihre Offenheit ausgezeichnet. Diese Tradition ist auch durch ihren langjährigen Präsidenten – und ihr frisch gebackenes Sektionsehrenmitglied – Frank Wasem fortgesetzt worden. Umrahmt von den Klängen und Darbietungen der Gruppe « Südhang » bot das Jubiläumsfest auch Platz für Kameradschaft und Gemüt-lichkeit. a

Etienne Gross 2 Vgl. DIE ALPEN, Monatbulletins 5/85, S. 205 und S. 222–224, sowie MB 1/86, S. 14–16.

Blick auf die Südwände der Wendenstöcke ( Sustenpass ), die sowohl für die Entwicklung des Sportkletterns als auch für jene des Bergrettungswesens von grosser Bedeutung waren Podiumsdiskussion « Rettung einst und jetzt ». Die Oberhasler Rettungschefs ( v.l. ) Theo Maurer, Otto von Allmen, Gesprächsleiter Ernst Kohler, Dr. Paul Flück und Franz von Bergen, die jeder für einen entscheidenden Entwicklungsschritt im Bergrettungswesen stehen Franz Stämpfli, SAC-Zentral-präsident, überbringt eine Grussbotschaft an die jubilierende Sektion Oberhasli.

Fo to :H ein z W ür gle r Foto: Heinz Würgler Foto: Robert Bösch DIE ALPEN 4/2004

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Montagnes et environnement

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