50 Jahre Lawinenhundewesen im SAC
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50 Jahre Lawinenhundewesen im SAC

Lawinenhundewesen im SAC

In diesem Winter feiert das Lawi-nenhundeführerwesen im SAC sein 50jähriges Bestehen. Anlass genug, um einen Rückblick auf die Entwicklung des Lawinenhun-dewesens zu werfen. Es entstand, als die Schweizer Armee im Kriegswinter 1939/40 erstmals Sanitätshunde im Schnee einsetzte. Bald darauf folgte im Rahmen von allgemeinen Lawinenkursen eine systematische Ausbildung der für diese Spezialarbeit bestimmten Hunde. Als nach Kriegsende das Militärhundewesen den Sparmassnahmen zum Opfer fiel, übernahm 1945 der SAC die weitere Ausbildung von Lawinenhunden.

Wie entstand die Ausbildung von Lawinenhunden?

Unbekümmert und ahnungslos bewegten sich im Winter 1937/38 achtzehn Burschen durch ein lawinengefährdetes Gebiet am Schilthorn im Berner Oberland. Dabei traten sie ein Schneebrett ab, wurden von ihm in die Tiefe gerissen und verschüttet. Zufällig wurden sowohl der Abgang der Lawine als auch das Verschwinden der Menschen beobachtet. Verhältnis-massig rasch waren Männer des Rettungsdienstes zur Stelle. Innerhalb von zwei Stunden gelang es ihnen, alle, bis auf einen Gymnasiasten aus Bern, zu bergen. Zufällig hatte sich « Moritzli », ein Niederlaufhundmisch-ling aus Murren, der Rettungskolonne angeschlossen. Als man die Bemühungen, den jungen Mann zu bergen, bereits aufgeben wollte, beobachtete der Rettungsobmann das seltsame Verhalten des Tieres. Der Hund scharrte ausserhalb des Suchbereichs, winselte, rannte zu den Männern und wieder zurück zur Scharrstelle, sprang die Rettungsleute an und forderte sie zum Mitkommen auf. Vorsichtig sondierten sie darauf an der vom Hund eindeutig gekennzeichneten Stelle. Die Sonde stiess bald auf einen Körper. Behutsam gruben sie nach und fanden den schon beinahe aufgegebenen jungen Mann. Er gab kein Lebenszeichen von sich. Unverzüglich wurden die künstliche Beatmung und weitere Massnahmen eingeleitet. Nach einiger Zeit setzte die Atmung des Burschen wieder ein - der Einsatz von « Moritzli » hatte ihm das Leben gerettet.

Dem Schweizer Hundefachmann Ferdinand Schmutz kam die Geschichte von « Moritzli« zu Ohren. Bereits 1940 demonstrierte er General Guisan und seinem Stab ein Konzept zur Ausbildung von Lawinensuchhun-den. Am Ende des Zweiten Weltkrieges verzichtete man auf die Weiter- Lawinenhundeführer und ihre Hunde anlässlich einer Demonstration auf der Bernina ( das Bild zeigt die Hunde beim « Gehorsam » ) führung dieser Ausbildung. Das damalige CC Montreux entschloss sich darauf, im Jahr 1945, die Ausbildung von Lawinenhunden auf eigene Kosten zu übernehmen und sie Ferdinand Schmutz zu übertragen, dem Kynologen, der sich im Armeehundedienst ausgezeichnet hatte. Dieser Entscheid ist der eigentliche Grundstein des heutigen Jubiläums.

Die Armee nahm im Jahr 1949 aufgrund eines Bundesratsbeschlusses den Armeehundedienst wieder auf. Es wurde eine Lawinenkompanie gebildet. Da diese Lawinenhunde benötigte, erliess der Bundesrat 1951 eine Verordnung, die bestimmte, dass die Abrichtung der Lawinenhunde sowie die jährlichen Prüfungen in SAC-Kursen zu erfolgen hatten. Von diesem Zeitpunkt an wurde die intensive Zusammenarbeit zwischen dem SAC und der Armee, insbesondere dem Armee-Lawinendienst, gepflegt.

Die Armee ihrerseits war auf die bereits zivil ausgebildeten Hundeführer und Instruktoren angewiesen, anderseits bildeten Armee-Lawinen-dienstkurse eine gute Gelegenheit zu einer vertieften Arbeit und zu kombinierten Übungen auf dem Lawinenfeld.

Erste Einsätze mit Flugzeugen Ein langjähriger Wunsch, nämlich Lawinenhunde samt Führer per Flugzeug zum Unfallort zu bringen, ging Anfang der fünfziger Jahre in Erfüllung, als die Schweizerische Rettungsflugwacht mit der Ausbildung von Fallschirmspringern begann. Anfänglich verpackte man dabei den mit einem eigenen Fallschirm ausgerüsteten Hund in einer mit Scharniervor-richtung unter dem Flugzeug fest-montierten Blechkiste. Die Hunde erlitten dabei aber solche Angstzustände, dass sie für die eigentliche Sucharbeit auf der Lawine stark behindert waren. Nach einigen Unfällen ging man dann dazu über, den Hund zusammen mit dem Führer am gleichen Schirm abspringen zu lassen. Als diese Methode ausgefeilt war, erfolgte 1952 der erste Hundeeinsatz mit einem Kleinhubschrauber von Dübendorf nach Davos. Dieser Helikopter vermochte nicht über 2000 m Höhe zu fliegen, und die Verletzten mussten auf einer Bahre ausserhalb der Kabine weggeflogen werden. 1957 erhielt die Rega einen Bell J47 HB-XAU, der wesentliche Verbesserungen aufwies. Doch erst mit dem Erwerb der noch stärkeren französischen Turbinenhelikopter « Alouette III » einige Jahre später wurde der Lawinenhundeeinsatz markant schneller und effizienter. Mit der Anschaffung des neuen Heli « Agusta A-1 9 K2 » hat der moderne Lawinenhundedienst ein Niveau erreicht, das nach der Meinung von Experten zur Zeit kaum übertroffen werden kann.

300 Lawinenhundeführer in der Schweiz Die Ausbildung der Hunde hat sich in all der Zeit kaum verändert. Kamen früher vorwiegend Deutsche Schäfer zum Einsatz, so sind es heute verschiedene Rassehunde - Deutsche und Belgische Schäfer, Labradore, Black und Golden Retriever, Schnau-zer usw., aber auch « Hunde ohne Papiere ». An die Hundeführer werden in der Ausbildung grössere Anforderungen als früher gestellt. Sie sind im Rettungslehrbuch des Schweizer Alpen-Clubs zusammengefasst. Waren es 1945 noch14 Hundeführer, die zu Lawinenunfällen ausrückten, sind heute im Alpengebiet der Schweiz rund 300 Lawinenhundeführer mit ihren Tieren für Ernstfälle ausgebildet.

Abgesehen von allen Lawinenhun-deführern mit ihren Tieren haben sich verschiedene Personen in besonders verdankenswerter Weise um das Lawinenhundewesen verdient gemacht: Als Ausbildungschef amteten nach Ferdinand Schmutz William Wittwer, Melchior Schild, Ruedi Beglinger und Toni Grab; heute hat der Autor des vorliegenden Artikels in Zusammenarbeit mit seinen Kursleitern die Lawinenhundeführer unter sich. Unterstützt wurden und werden sie jeweils von den SAC-Rettungs-chefs. In den letzten Jahren war dies Sepp Inderkum, der selbst aktiver Hundeführer war und dem zu verdanken ist, dass die Finanzen des Lawi-nenhundewesens wieder ins Lot gebracht werden konnten.

Belgischer Schäfer Deutscher Schäfer Wichtiges Glied der Rettungskette Die aktiven Lawinenhundeführer von heute sind ein wichtiges Glied in der Rettungskette des Schweizer Alpen-Clubs. Neu hinzu kommen nun die Gebirgsflächensuchhunde, die bei Suchaktionen im Sommer zum Zug kommen. An dieser Stelle muss auf die gute Zusammenarbeit mit den Flugrettungsdiensten, allen voran mit der REGA sowie mit dem SVKA, der SKG, dem Militärhundewesen, der Grenzwacht und den Polizeikorps in Vereinbarung mit dem SAC hingewiesen werden. Zu Dank verpflichtet sind wir auch all jenen Institutionen, die das Lawinenhundewesen finanziell unterstützen.

Unsere Arbeit ist ohne unsere Hunde nicht denkbar; die Tiere sind unersetzlich und verdienen viel Lob. Trotz aller Technik ist der gute Lawi-nen- und Rettungshund nicht wegzudenken. Vergessen wir zudem nicht, dass jeder Erfolg ein Gemeinschaftswerk einer Mannschaft ist. Es ist zu hoffen, dass wir im Rettungswesen nicht stehen bleiben, die Erfolge einander nicht missgönnen und immer die Verunfallten und Opfer in den Vordergrund stellen.

Peter Ogi, Zweisimmen, Chef Lawinenhundewesen SAC c o.

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