Alpen und Kunst. Zusammenarbeit von SAC und SKV
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Alpen und Kunst. Zusammenarbeit von SAC und SKV

Alpen und Kunst

Die diesjährige SAC-Kunstausstel-lung « hoch hinaus » im Kunstmuseum Thun ist in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Kunstverein entstanden. Sie soll nicht nur mithelfen, Sport und Kunst einander anzunähern, sondern auch die kulturellen Wurzeln des Alpinismus unter einem anderen Blickwinkel neu zu entdecken.

Die Alpen, « ein angenehm Gemisch von Bergen, Fels und Seen » ( Albrecht von Haller ), sind eine topografische und geologische Realität und damit Gegenstand naturwissenschaftlicher Studien. Sie sind aber auch ein kulturhistorisches Phänomen, das für die Entstehung und die Eigenart der Schweiz von grundlegender Bedeutung ist. Einer der Teilaspekte ist die Reflektion der Alpen in der Kunst.

Von der Bedrohung zur Verherrlichung

Eine der ersten künstlerischen Darstellungen einer Gebirgslandschaft finden wir in Castiglione Olona in der Nähe von Varese. Hier hat Masolino da Pani-cale, ein Künstler der frühen Renaissance, in einem Fresko eine Gruppe von Bergen abgebildet, die zeigt, wie fern die Alpen im Bewusstsein dieser Zeit waren. Bis ins 18. Jahrhundert gibt es nur noch ganz wenige weitere Gebirgsdarstellungen. Die Alpen waren abweisend, und wer nicht dort leben oder diese überqueren musste, mied sie. In der Kultur der Alpenvölker wurden die Berge mystifi-ziert, man beschwor sie, zum Beispiel mit dem Betruf, und versuchte, sich damit gegen die in ihnen vermuteten bösen Kräfte zu schützen oder diese für eigene Zwecke einzusetzen. Erst mit der Aufklärung begann sich das Bild zu wenden. Mit Albrecht von Haller und seinem um 1730 entstandenen Gedicht « Die Alpen » setzte eine Entwicklung ein, die in der heroischen Überzeugung gipfelte, dass der Mensch die Alpen beherrschen kann und muss. Und die Romantik löste eine Verherrlichung der Berge aus, was u.a. 1863 zur Gründung des SAC führte und die noch heute anhält.

Von Wolf bis Hodler

Diese Evolution spiegelt sich auch in der Kunst. Der erste Künstler, der sich eingehend und vertieft mit den Alpen befasste, war der Schweizer Caspar Wolf, 1735–1783, der seine Anerkennung aber im Ausland suchen musste. Die grossen Entdecker und Förderer waren dann in der Romantik die Engländer mit dem Aushängeschild William Turner, 1775–1851. In der Schweizer Kunst führ- Masolino da Panicale, 1383–1447, hat mit « Paesagio ungherese di Vespprém e dintorni » in einem Fresko im Palazzo del Cardinale Branda Castiglione in Olona/Varese eine Gruppe von Bergen gemalt. Dies ist eine der ersten künstlerischen Darstellungen einer Gebirgslandschaft.

Der Maler William Turner, 1775–1851, war das Aushängeschild der grossen englischen Entdecker der Alpen in der Romantik. Das Gemälde « Der St. Gotthard-Pass » entstand 1804. Aquarell mit Auskrat-zungen, 98,. " " .568,. " " .5 cm Foto: zvg Foto: zvg glieder regelmässig Ausstellungen zu alpiner Kunst. Mit der Wandlung des Kunstverständnisses, aber auch als Folge der gesellschaftlichen Veränderungen, wurde in den letzten Jahren der Sinn dieser Ausstellungen zunehmend in Frage gestellt. Der SAC hat sich – mindestens in Teilen – zu einem Sportverband entwickelt, die Kunst ihrerseits wird immer mehr zur Domäne von intellektuellen Sachverständigen. Die Beschäftigung mit Kunst ist auch für die kulturgewohnten SAC-Mitglieder immer weniger eine natürliche Selbstverständlichkeit, sondern eine zu erarbeitende Fertigkeit. Und die jüngere Kunstszene hat die kulturellen Anstrengungen des SAC oft ignoriert oder belächelt. Es ist dieses Auseinanderklaffen der Interessen und Fähigkeiten, das die heutige Zeit beherrscht und den Zusammenhalt und die Vitalität unserer Gesellschaft ernsthaft gefährdet.

Traditionell vielfältig

Kunst ohne Rezeption ist keine Kunst. Wenn die Kunst wieder ihre Sinn stiften-de und gesellschaftsbildende Rolle übernehmen soll, müssen wir alles daran setzen, dass diese Rezeption auch wieder über die Spartengrenzen hinweg möglich wird. Das Zusammengehen des Schweizer Alpen-Clubs mit dem Schweizerischen Kunstverein im Vorfeld der diesjährigen Ausstellung alpiner Kunst ist aus dieser Sicht beispielhaft. Die beiden Verbände knüpfen an eine schweizerische Tradition an, die unser Land zum Erfolg führte: die Tradition der kulturellen Vielfalt. Die Wurzeln dieser Vielfalt liegen in der von den Alpen bestimmten Topografie und – eng damit verbunden – im strukturellen Föderalismus unseres Landes. Diese bringen es mit sich, dass Zentren und Peripherie zwar sehr nahe beieinander liegen und trotzdem eigenständige und unabhängige Ausprägungen entwickeln können. Das Resultat ist ein Kunst- und Kulturleben, das vielseitiger nicht sein könnte.

Neues entdecken

Mit dem Zusammengehen der beiden Verbände wird der Dialog zwischen Kunstschaffen und Kunstrezeption neu erprobt. Dabei kann es nicht darum gehen, « verständliche » Kunst zu zeigen, noch sollen SAC-Mitglieder zu Kunst-sachverständigen ausgebildet werden. Ziel ist eine Kunstvermittlung, die auf neugieriger Offenheit und gegenseitigem Verständnis basiert und Brücken schlägt. Wenn dies in Thun gelingt, ist es ein erfreulicher Schritt in Richtung Revitali-sierung unserer schweizerischen Identität, die auch heute noch – trotz Globalisierung – von den Alpen geprägt ist. Ich danke den Verantwortlichen des SAC, dass sie die Initiative zu diesem Brückenschlag ergriffen habe, und hoffe, dass dies der Beginn einer nachhaltigen und fruchtbaren Zusammenarbeit ist. a Rainer Peiker t, Präsident Schweizerischer Kunstverein Cuno Amiet, 1868–1961, malte 1922 das 60,. " " .255 cm grosse Gemälde « An der Handegg ». Als « A Six Day Walk in the Swiss Alps » bezeichnet Richard Long, 1945, sein 2002 entstandenes Werk.

Foto: zvg/Galerie Tschudi, Glarus Foto: zvg/Kunstmuseum Thun ten Alexandre Calame, 1810–1854, und Rudolf Koller, 1828–1905, die künstlerische Auseinandersetzung mit den Alpen weiter. Die Entwicklung fand mit Ferdinand Hodler, 1855–1918, dem Wegbereiter der modernen Schweizer Kunst, einen grandiosen Höhepunkt. Mit dem Einsetzen der Fotografie begann sich das künstlerische Alpenbild zu wandeln. Die naturalistischen Landschaftsdarstellungen wurden umfassender, vielfältiger und « aktueller », ausserhalb der Fotografie verlagerte sich die künstlerische Bewältigung der Alpen auf eine kritisch-konzeptionelle Ebene. Herausragende Beispiele dafür sind in jüngster Zeit die beiden Engländer Richard Long, 1945, und Hamisch Fulton, 1946.

Gegensatz von Sport und Kunst

Mit diesen Veränderungen in der Kunst hat sich auch die Kunstrezeption, die Wahrnehmung von Kunst, gewandelt. Der Schweizer Alpen-Club kann sehr wohl zur Illustration dieses Sachverhalts dienen. Seit jeher ist er sich seiner kulturellen Wurzeln und seiner Verantwortung bewusst. Dies zeigt sich beispielsweise in seiner vorbildlichen Haltung zum Bauen im Gebirge, die sich in der architektonischen Qualität der SAC-Hütten manifestiert. Gleichzeitig hat er ein beachtliches Kulturprogramm entwickelt und organisiert für seine Mit-

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