Als Frau unterwegs in den Bergen Alaskas. Menschen in den Bergen
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Als Frau unterwegs in den Bergen Alaskas. Menschen in den Bergen

Als Frau unterwegs in den Bergen Alaskas

Kuchen backen, Blumen ziehen, Kla-vierunterricht erteilen, Berge besteigen sind nicht unbedingt exotische Tätigkeiten. Werden sie ab einem selbst gebauten Blockhaus in Alaska ausgeführt, verlangen sie oft andere Schwerpunkte. Dies hat die ausgewanderte Luzernerin Gaby Husmann erlebt.

Leicht ergibt sich der Gipfel nicht. « Wir sind auf etwa 5000 Metern Höhe, als ich durchdrehe », berichtet Gaby später. « Es ist ein prächtiger Tag, Sonne, wenig Wind. Zuerst steigen wir gar im T-Shirt hoch. Ab 15 000 Fuss macht mir die Höhe zu schaffen. Der Grat ist lang, ich komme mir wie eine Schnecke vor. Der Kopf hämmert, mir wird schlecht. Pause auf 16 500 Fuss. Da befällt mich ein ‹Wutanfall›. Ich habe Mühe, mich zu konzentrieren, verliere die Geduld beim Überziehen der Windhose. Nichts geht richtig. So packe ich wütend die Steigeisen und werfe sie weg. In dieser schwierigen Situation hilft mir die Erfahrung und Geduld des Seilpartners Toby Wyler. Er beruhigt mich, ich steige weiter. Kurz vor dem Gipfel überkommt mich ein gewaltiges Glücksgefühl. » Um sieben Uhr abends stehen sie oben, Gaby hat ihre Feuertaufe fürs Höhenbergsteigen bestanden.

Ein Blockhaus bauen Dieser Gipfelsieg ist für Gaby Husmann, die 1984 nach Alaska auswanderte, kein leichter, denn Bergsteigen ist für die Mutter zweier Söhne, Hausfrau mit legendären Kuchen nach Schweizer Rezepten, Klavierlehrerin und Hobbygärtnerin nur Freizeitsport. Zu Beginn ihres Lebens in Alaska, zusammen mit ihrem ebenfalls aus der Schweiz stammenden Mann Konrad Schaad, waren nicht Bergsteigen und Abenteuer das Wichtigste, sondern der Bau eines grossen Blockhauses für die Familie – was schliesslich 10 Jahre dauerte. Immer vom Herbst bis zum Frühling, bevor Konrad zum Lachs-fischen ans Beringmeer wegfährt, wurde gebaut, sorgfältig Baumstamm auf Baumstamm gelegt. Zuerst lebten sie im Kellergeschoss, ein paar Jahre später kam der erste Stock dazu. nen wenig eindrücklich, doch in einer Gegend, wo die Gletscher ins Meer kalben, ist man auf 1000 m bereits im Hochgebirge. Und dann ist da Mount Steller ( ca. 1900 m ). « Bei den wenig berühmten Bergen muss man oft lange nach Informationen suchen, wenn es solche überhaupt gibt », meint Gaby. Nach der Besteigung des Mount Steller in der Aleuten Range hätten sie keine Hinweise auf eine frühere Besteigung gefunden. Also vielleicht eine Erstbesteigung?

Haus mit Garten Nun ist das Haus, knapp 20 km von der Ortschaft Homer entfernt, fertig gebaut. Der Blumengarten davor gilt beim Homer Garden Club als einer der schönsten der Gegend. Von der heimeligen Stube aus, in der alles selbst gefertigt ist, fällt der Blick direkt auf die Kache-mak-Bucht und die gegenüberliegenden vergletscherten Kenai-Berge. Ein Blick, der zum Bergsteigen anspornt. Das ist aber nicht ganz so einfach wie in den Schweizer Alpen. Eine vergleichbare Wochenendtour gerät in Alaska meist zur mehrtägigen Expedition, erfolgt doch die Anreise in der Regel im Flugzeug. In einer ersten Phase entscheidet deshalb das Flugwetter über die Durchführung, sodass die jährliche Anzahl Bergtouren automatisch beschränkt wird. Die Gipfelliste ist trotzdem beeindruckend: Mount Marcus Baker ( 4015 m ), der höchste Berg der Chugach Mountains; Mount Iliamna ( 3010 m ) auf Ski; Iceworm Peak in den Kenai Mountains; ein in Nebel und Schneefall ertrunkener Versuch des Mount Douglas ( 2153 m ). Und die Liste wächst. Die Höhen schei-

Ankunft im Basislager zum Mount Marcus Baker im Chugach-Gebirge. Das Flugzeug ist in Alaska oft das einzig mögliche Verkehrsmittel.

DIE ALPEN 10/2002

Gefahr der Wildnis Gaby ist sich gewohnt, vor allem im Frühling vor dem Haus einen Schwarzbären zu finden oder einen Elch aus dem Garten vertreiben zu müssen. Die Wildnis liegt nicht weit von der Haustüre entfernt. Eine gute Voraussetzung für ihre Bergtouren, denn oft sind es nicht die technischen Schwierigkeiten, die solche Touren anspruchsvoll machen, sondern das Leben in der Wildnis mit den häufig fehlenden Verbindungen zur Aussenwelt. So konnten bei der Bergtour auf den Vulkan Iliamna Gaby und Konrad ihre Söhne zu Hause erst vom Gipfel aus per Natel anrufen. Zur grossen Herausforderung gerät oft auch der Anmarsch. Beim Versuch, den Vulkan Redoubt ( 3108 m ) zu besteigen, flogen sie zum Crescent Lake. Dann galt es, reissende Bäche und endlose Flächen mit Erlenbüschen zu durchqueren, « was oft viel gefährlicher ist als die eigentliche Besteigung, denn hier darf nichts passieren », meint Gaby. Verheerend wäre ein gebrochener Knöchel, das eisige Wasser würde schnell zu Unterkühlung führen, die reissenden Flüsse sind gefährlich. Am Redoubt scheiterten Gaby und Konrad schliesslich an einem Fluss. Trotzdem war es für Gaby ein unvergessliches Erlebnis. Nicht nur der Gipfelsieg zählt, sondern das Durchstreifen von Landschaften ohne Wege, die Begegnungen mit Tieren wie ein plötzlich auftauchender Elch oder die Spur eines Bären. Aber auch das Leben und das Wohnen so nahe dieser faszinierenden Urwelt birgt einen eigenen Wert in sich. Und dann ist wieder Alltag wie irgendwo: Nach meinem Besuch bringt eine Mutter ihre Tochter für den Klavierunterricht vorbei. a

Chlaus Lötscher, Homer, Alaska Blick vom Flugzeug auf den Iceworm Peak in den Kenai Mountains, den Gaby Husmann auch auf ihrer Gipfelliste hat Blick von Gaby Hus-manns Haus über die Kachemak Bay zu den Kenai Mountains Die Luzernerin Gaby Husmann, die seit 1984 mit ihrer Familie in Alaska lebt Fotos: Chlaus Lötscher DIE ALPEN 10/2002

Schutz der Gebirgswelt

La difesa dell'ambiente

Protection de la montagne

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