Bergläuferin und Bäuerin. Menschen in den Bergen
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Bergläuferin und Bäuerin. Menschen in den Bergen

Bergläuferin und Bäuerin

Sarah Liengu Etonge ist allein erzie-hende Mutter von sieben Kindern, dreifache Grossmutter – und sieben-fache Siegerin des Bergrennens auf den berühmtesten Berg Kameruns, den 4095 m hohen Mt. Cameroon. Laufen ist für die Bäuerin eine Über-lebensstrategie.

Schon in der Schule gehörte Sport zu den bevorzugten Fächern von Sarah Etonge. Am liebsten mass sie sich mit andern beim Laufen. Dank ihren Voraussetzungen und ihrem Ehrgeiz war sie meist die Erste und liess auch die Knaben hinter sich – ein Fakt, der in einer männerdominierten Gesellschaft nicht ganz ohne war. Ihre Devise hat sich seither nicht verändert: « Wenn ich renne, will ich auch gewinnen. »

Bäuerin am Mt. Cameroon

Die 1967 geborene Sarah verliess nach nur sechs Jahren die Schule von Buea 1, denn sie wurde mit 14 Jahren erstmals Mutter. In der Folge gebar sie noch sechs weitere Kinder. Als ihr Mann früh starb, wurde sie mit ihren Kindern entgegen der Tradition von ihren Schwiegereltern aus dem Stamm der Bamiléké nicht aufgenommen. So kehrte sie mit ihrer grossen Familie nach Buea, ins Bergstädtchen ihres Vaters am Fuss des Mt. Cameroon, zurück, gezwungen, ihr Leben selbstständig in die Hand zu nehmen. Für eine allein stehende afrikanische Frau ohne Schulbildung blieb neben den Mutter-pflichten nur noch die Möglichkeit, als Bäuerin die Felder zu bestellen. Diese Aufgabe nahm sie auch wahr, denn die Familie musste ja überleben. Zwei Dinge kamen ihr entgegen: Ihr Vater hatte ihr ein grosses Stück Land vermacht, und « Gott hat dieses Land mit grosser Fruchtbarkeit gesegnet », wie Sarah sagt. Und zupacken, das konnte sie. Sie bebaut ihren Boden noch immer und erntet Maniok, Jamwurzeln, Bananen.

Aus dem Nichts an die Spitze

Aber Sarah wollte mehr. Sie entdeckte, dass Laufen ihre Chance, die Laufstrecke eine Lebensperspektive sein könnte. Als 27-Jährige begann sie Marathon zu laufen, und ein Jahr später, 1996, gewann sie erstmals das Mt.. " " .Cameroon-Bergrennen. In der Folge erschien der Name Etonge immer wieder auf den vordersten Plätzen der Ranglisten. Sarah Etonge dominierte Rennen um Rennen – und die « ungekrönte Lauf-Königin » Kameruns rannte mit einer Bestzeit von 5 h 21 ' ." " .42” auf den Gipfel und zurück ins Stadion in Mulika, wobei sie rund 3300 Höhenmeter und 36 km überwand. Wo liegt das Geheimnis des Erfolgs der Bergläuferin Sarah Etonge, die weder eine Sportausbildung, finanzielle Unterstützung noch irgendein Coaching genossen hat? Ihre bündige Antwort: eiserne Disziplin und harte Trainingsarbeit. « Alles, was ablenkt, muss man vergessen. Man darf weder nach links noch nach rechts schauen. » Für die gläubige Kamerunerin ist die Hilfe Gottes wichtig. Und jene des Berggottes Efasa Mote, der vor dem Rennen um seinen Beistand angerufen wird.

« Dscheng-dscheng-woman »

Ihre Erfolge, vor allem beim Mt.. " " .Came-roon-Bergrennen 2, war einigen auch ein Dorn im Auge. So bat man sie, von weiteren Starts abzusehen, damit auch an- 1 Buea am Fusse des Mt. Cameroon, der Hauptort der englischsprachigen Provinz South-West, zählt rund 100 000 Einwohner, davon mehr als die Hälfte unter 20 Jahren. Da dieser Ort 1000 m hoch liegt, weist er das ganze Jahr ein angenehmes Klima auf. Aus diesem Grund wurde er seinerzeit von der deutschen Kolonialregierung zur Hauptstadt Kameruns auserwählt. Zeichen davon sind etwa der damalige Gouverneurspalast im wilhelminischen Stil oder das von deutschen Bauern gegründete Mustergut. 2 Der Mt-Cameroon-Race in Buea, Provinz South-West, Kamerun, wird seit 1996 vom Leichtathletikverband Kamerun als « Race of Hope » organisiert. Bei den Rennen zwischen 1996 und 2005 belegte Sarah Etonge siebenmal den ersten Platz. 1995 beim « Sweet Foundation Race », ihrem ersten Rennen, erreichte Sarah Etonge den 2. Platz.

Die mit dem Zusatznamen « starke Frau und Kriegerin » ausgezeichnete Sarah Etonge: siebenfache Mutter, Bäuerin – und siebenfache Siegerin des « Race of Hope », des vormaligen Mt.. " " .Cameroon-Race mit 36 km und 3300 Höhenmetern Regenwolken an den Hängen des Mt. Came-roon. Die Gegend von Buea ist dank reichlichen Niederschlägen sehr fruchtbar.

Fotos: Helmut Nemitz dere die Chance für einen Sieg hätten. Und weil sie bei der offiziellen Feier zum 10-Jahr-Jubiläum des Mt-Cameroon-Bergrennens übergangen wurde, zeichnete sie ihr Stamm, die Bakweri, mit der « Ehrendoktorwürde Mt. Cameroon » aus. Im Kreis ihrer männlichen Kollegen ist sie geachtet und trainiert mit ihnen. Liebevoll und ehrerbietig nennen sie sie « Mutter ». Als sie nach Gabun eingeladen wurde, schlug sie dort die achtfache Landessiegerin und bekam den Übernamen « Dscheng-dscheng-woman », was so viel wie « starke Frau und Kriegerin » bedeutet.

Einfachste Hilfsmittel

Ein holpriger, ausgewaschener Weg führt durch Bananen- und Platanenstauden zu ihrem einfachen Holzhaus mitten in der Wildnis. Wie ein Wächter steht davor ihr selbst gebauter « Hometrainer »: ein Holzgestell, auf dem eine Eisenstange mit Getriebeübersetzungen von Lastwagen liegt – Krafttraining mit Mercedes Benz & MAN. Aber dreimal in der Woche steht sie um vier Uhr auf fürs Lauftraining zwischen zwei und fünf Stunden. Frühstück gibts nachher. Als sie einmal einen Energiedrink ausprobierte, wurde ihr schlecht davon. Noch heute lacht sie darüber. Nach dem morgendlichen Lauf geht sie meistens aufs Feld, denn sie ist ja Bäuerin und ihre Familie gross.

Laufen bleibt in der Familie

Die genauen Daten ihrer Erfolge sind ihr nicht so wichtig, sie verweist auf die Gra-vierungen der Pokale. Sie weiss aber, dass ihre Laufkarriere zu Ende geht. Trotz einer ungewissen Zukunft ist sie optimistisch: « Jetzt muss mein Sohn meinen Weg fortsetzen. » Er hat bereits den Junio-rentitel des gleichen Rennens gewonnen, und Sarah hofft auf einen Gönner, damit er eine Sportschule in Europa besuchen kann, da es in Kamerun keine Ausbil-dungsmöglichkeit für Läufer gibt. Für Sarah, die selber kaum schreiben und nur mit Mühe lesen kann, steht die Schulbildung ihrer Kinder an erster Stelle. Etwas lernen, damit sie es einmal besser haben! a Helmut Nemitz, Winter thur Buea auf gut 1000 m bietet ein angenehmeres Klima als die Küstenstadt Douala. So verlegte die deutsche Kolonialregie-rung um 1900 ihren Sitz in dieses Bergstädtchen. Davon zeugt heute noch dieser ehemalige Gouverneurspalast.

Der Mt. Cameroon, mit seinen 4095 m der höchste Berg in Westafrika, beeindruckte schon die portugiesischen Seefahrer um 1500. Sie sahen in ihm den « Sitz der Götter ».

Leben und Freizeit im Berggebiet

Vita e tempo libero in montagna

Vie et loisirs en montagne

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