Blitzunfälle in den Bergen. Vorbeugung und erste Hilfe
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Blitzunfälle in den Bergen. Vorbeugung und erste Hilfe

Blitzunfälle in den Bergen

Blitzunfälle in den Schweizer Alpen sind eher selten. Sie machen nur knapp 1% aller Bergnotfälle aus. Obwohl die meisten Blitzunfälle nicht tödlich enden, sterben weltweit jährlich ca. 1000 Personen dabei. Durch richtiges Verhalten könnten viele Blitzunfälle verhindert werden. Die medizinischen Kommissionen von IKAR und UIAA haben dieses Frühjahr zur Vorbeugung von und zum Umgang mit Blitzunfällen ein gemeinsames Merkblatt herausgegeben. 1

Wärmegewitter mit Blitzen treten vor allem im Hochsommer und oft nachmittags und abends auf. Frontgewitter treten häufig vor einer Kaltfront auf und sind nicht tageszeitabhängig. Blitze können bereits einige Kilometer vor einer Gewitterfront entstehen und im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem Himmel einschlagen. Der Beginn und das Ende eines Gewitters sind besonders gefährlich.

Vorbeugung

Zur Vorbeugung gehört eine verantwortungsvolle Tourenplanung, die sich auf den Wetterbericht abstützt. Im Hochsommer gilt frühzeitiger Tourenstart, damit man auf exponierten Graten und Gipfeln nicht vom Blitzschlag überrascht wird und rechtzeitig in der Hütte zurück ist. Hilfreich in der Phase der Vorbeugung ist die « 30-30»-Regel: Gefahr besteht, wenn man zwischen Blitzstrahl und Donnerschlag nicht bis 30 zählen kann. Den sicheren Bereich soll man erst 30 Minuten nach dem letzten Blitzstrahl bzw. Donnerschlag verlassen.

In den Bergen ist es nicht immer einfach, einen sicheren Ort innert nützlicher Frist zu erreichen. Bei Blitzgefahr sind Grate und Gipfel, aber auch die Nähe einzelner Bäume, Strom- oder Skilift-maste zu meiden. Sicherheit bieten Hütten, wo man sich aber möglichst nicht in der Nähe offener Türen und Fenster aufhalten soll. Weniger sicher sind kleine offene Unterstände, da in diesen Erdströme weitergeleitet werden können. Nicht blitzsicher sind Zelte wegen der in die Höhe ragenden Stangen. Grosse Höhlen und trockene Einschnitte sind sicherer als feuchte kleine Höhlen und Wasser führende Couloirs. Flache Gletscher sind ebenso gefährlich wie offene Flächen. In der Nähe einer Wand gibt es ein gleichseitiges Sicherheitsdreieck, bestehend aus der Wandhöhe und der gleichen Distanz am Boden, wobei man sich aber mindestens ein bis zwei Meter von der Wand entfernt aufhalten muss, um eine Schädigung durch Erdströme zu vermeiden.

Die sicherste Körperposition ist die Hockestellung mit eng angelegten Knien und Füssen und möglichst wenig Bodenkontakt, um Schrittspannungsschäden durch Erdströme zu verhindern. Zusätzliche Sicherheit bietet das Sitzen auf einem trockenen Rucksack oder Seil. Auf keinen Fall darf man sich hinlegen. Der Helm schützt vor Begleitverletzungen bei Wegschleudern oder Absturz. Eine

1 Zafren Ken, Durrer Bruno, Herr Jean-Pierre, Brugger Hermann: Prevention and on-site treat-ment of lightning injuries in the mountains. Official guidelines of the International Commission for Mountain Emergency Medicine and the Medical Commission of the International Mountaineering and Climbing Federation ( MedCom ICAR and MedCom UIAA ); intended for physicians, parame-dics and mountaineers. Dieses Merkblatt ist im Internet unter www.uiaa.ch und www.icar.org, jedoch nur in Englisch zu finden.

Fo to :E rme s B or ioli In der Nähe einer Wand gibt es ein gleichseitiges Sicherheits-dreieck mit Wandhöhe und der gleichen Distanz am Boden als Seiten. Um Erdströme zu vermeiden, muss man sich dabei aber mindestens ein bis zwei Meter von der Wand entfernt aufhalten.

Die sicherste Körperposition ist Hockstellung mit eng angelegten Knien und Füssen. Wer auf einem trockenen Rucksack oder Seil sitzt, ist zusätzlich gesichert. Der Helm schützt vor Begleitverletzungen beim Wegschleudern oder Absturz.

DIE ALPEN 8/2004

ständige Selbstsicherung ist vor allem beim Abseilen nötig.

Alle über den Schulter-/Kopfbereich hinausragenden Gegenstände wie Ski, Skistöcke, Gletscherpickel und Funk-antennen erhöhen das Risiko für einen direkten Blitzeinschlag. Metall zieht den Blitz nicht an, ist aber ein guter Strom-leiter. Deshalb sollten sich Ausrüstungsgegenstände aus Metall wie Karabiner, Keile, Steigeisen, Pickel und Skistöcke nicht in Körpernähe befinden, da bei Körperkontakt erhöhte Gefahr für Verbrennungen besteht. Auf Klettersteigen muss man sich möglichst rasch von den schnell leitenden Stahlseilen und Leitern entfernen und eine Schlingensicherung am Felsen anbringen. Aufgepasst mit nassem Seil: Blitzströme können sich darin fortleiten. Wenn sich in Folge statischer Elektrizität die Haare aufstellen oder die Haut « gramselt », soll man sich sofort in die Hockestellung begeben. Ebenso deuten knisternde Geräusche oder sichtbares Glühen – « Elmsfeuer » – auf unmittelbar drohende Blitzgefahr hin. Um Mobiltelefone und Funkgeräte für die Alarmierung vor Entladung zu schützen, sind sie tief im Rucksack zu versorgen.

Falls eine ganze Gruppe der Blitzgefahr ausgesetzt ist, sollten nach Möglichkeit Sicherheitsabstände eingehalten werden, um das Risiko von Erdströmen oder überspringenden Strömen zu minimieren. Für Massensportanlässe im Gebirge ist ein Sicherheitsdispositiv gemäss der « 30-30»-Regel notwendig, um bei Blitzgefahr die Veranstaltung unterbrechen zu können.

Unfallmechanismen Der Blitz ist eine elektrische Entladung mit einem hohen Stromfluss von sehr kurzer Dauer. Die Schädigung erfolgt durch den elektrischen Strom und die dabei erzeugte Wärme, wobei es verschiedene Schädigungsmechanismen gibt. Ein direkter Einschlag in den Körper ist wegen der hohen Energieeinwir-kung meistens tödlich. Häufiger treten Schädigungen durch überspringende Ströme von nahe stehenden hohen Objekten wie Bäume, Masten oder Personen auf. Berührungsschäden ereignen sich in Folge von Kontakt mit einem leitenden Gegenstand wie einem nassen Seil oder Metalleinrichtungen in Klettersteigen.

Gewitterstimmung in den Bayerischen Alpen, von der Staubingerhütte aus beobachtet. Bei Blitzgefahr bieten Hütten Sicherheit.

Alle über den Schulter-/Kopf-bereich hinausragenden Gegenstände wie Ski, Skistöcke, Gletscherpickel erhöhen das Risiko für einen direkten Blitzein-schlag. Auch Funkantennen, die über den Kopfbereich hinausragen, sind ein Risiko. Mobiltelefone und Funkgeräte für die Alarmierung sollen tief im Rucksack versorgt werden, um sie so vor Entladung zu schützen.

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Bücher / Medien

Libri / Media

Livres / Médias

Breitet sich der Strom im Boden aus und haben verschiedene Körperteile wie gespreizte Füsse, Hand an einer Sicherung usw. gleichzeitig Kontakt mit dem Boden, können Schädigungen durch Schrittspannung auftreten. Die Druckwelle eines Blitzes oder elektrisch bedingte Muskelkontraktionen können zu einem Absturz führen, was mechanische Begleitverletzungen nach sich zieht.

Die meisten Blitztodesfälle sind die Folge von akutem Herzstillstand. Bewusstlose oder Opfer mit Lähmungen und vorübergehender Blind- und/oder Taubheit haben gute Überlebenschancen. Die Ein- und Austrittsmarken am Körper sind in der Regel tiefe Verbrennungen, ansonsten sind die Verbrennungen aber wegen der kurzen Schädigungs-dauer nur oberflächlich. Die typisch fe-derartigen Hautrötungen nach Blitzeinwirkung sind keine Verbrennungen, sondern durch die elektrische Einwirkung verursacht.

Erste Hilfe nach Blitzunfällen Erste Hilfe bei Blitzunfällen heisst vor allem Kameradenhilfe, denn eine organisierte ( Luft-)Rettung ist häufig erst nach Gewitterende möglich. Die ersten Massnahmen richten sich nach dem ABCD 2

der ersten Hilfe. Blitzopfer müssen möglichst schnell aus dem Gefahrenbereich evakuiert werden, denn Blitze können zweimal am gleichen Ort einschlagen. Entsprechend bedeutsam ist das Risikomanagement zur Verhinderung von Zweitunfällen.

Da Opfer mit Kreislauf-Atem-Still-stand gute Überlebenschancen haben, müssen sie prioritär wiederbelebt werden. Weite und nicht auf Licht reagierende Pupillen sind bei Blitzunfällen kein verlässliches Zeichen einer Hirn-schädigung. Es sind Fälle bekannt, die auch nach längerer Wiederbelebung ohne bleibende Schäden überlebt haben. Bewusstlose Blitzpatienten werden in Seitenlage überwacht. Verletzungen und Verbrennungen werden gemäss Samari-terregeln versorgt, geschient und verbunden. Schutz vor Auskühlung ist im Gebirge immer angezeigt, vor allem bei nassen Kleidern. Auch leicht verletzte Blitzopfer gehören für einen Checkup ins Spital. a

Bruno Durrer, MedCom UIAA, Lauterbrunnen 2 Mit der Laien-Defibrillation wird das ABC der ersten Hilfe um D ergänzt.

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