Der Presslufthammer auf dem Kopfkissen. Schnarchen
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Der Presslufthammer auf dem Kopfkissen. Schnarchen

Der Presslufthammer auf dem Kopfkissen

Schnarcherinnen und Schnarcher sorgen in SAC-Hütten für lange Nächte und schlechte Laune. Es gibt eine breite Palette an Möglichkeiten, wie das Problem entschärft werden könnte: vom Verzicht auf Alkohol bis zum operativen Eingriff. Eine Übersicht.

Durch die Nasenlöcher ( Nares ) strömt Luft in den Nasenvorhof ( Vestibulum nasi ). Zwischen reichlich Haaren hindurch sucht sie sich ihren Weg in die Nasenhöhlen ( Cavum nasi ), findet an deren hinterem Ende zwei Öffnungen ( Choana ), durch die sie in den Rachen ( Pharynx ) gelangt. Es ist alles recht eng, aber bis jetzt gut passierbar. Doch nun führt der Weg am Gaumensegel ( Velum palatinum ) vorbei. Das hängt schlaff herunter und tut, was ein schlaffes Segel tun muss, wenn es von einem Luftstoss gestreift wird: Es flattert im Wind, und das Halszäpfchen ( Uvula ) flattert gleich mit. Das Vibrieren erzeugt Schallwellen, die bis zu einer Stärke von 90 Dezibel anschwellen können. Der Presslufthammer lässt grüssen.

Viele scharchen

Wer sich in der Nähe eines fröhlich flatternden Gaumensegels befindet – müde Berg-, Bett- und andere Zimmergenossen –, kann nicht einschlafen oder wird aufgeweckt. Und mit ihm erwachen finstere Gedanken. Das Pfefferland ist voll von Schnarcherinnen und Schnar-chern. Wenn eine kurze Nacht und ein harter Aufstieg bevorstehen, so kann man nichts weniger brauchen als die ( Nerven-)Säge auf dem Kopfkissen nebenan.

« 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung schnarchen », sagt Christoph Knaus, Oberarzt an der schlafmedizinischen Abteilung des Kantonsspitals Liestal. Die Chance, auf einen Schnarcher zu treffen, ist also gar nicht so klein, und sie steigt, je männlicher, älter und dicker die Person ist, die sich neben einem auf die Pritsche legt. ( Dies als kleiner Tipp für die strategisch richtige Auswahl des Schlafplatzes. ) Ansonsten können die Möchtegern-schläferinnen und -schläfer nicht viel tun. Bei Schnarchern, die nur in Rückenlage Lärm machen, kann es – zumindest vorübergehend – helfen, sie anzustossen. Aber ein Vollblutschnarcher kann es in allen Positionen. Dann bleibt fast nur der rettende Griff zu den Ohrenstöpseln. Den Plaggeist aus dem Zimmer zu werfen, getraut man sich in der Regel ja nicht. Es sei denn, man kennt sich. Hüttenwart Alois Kunfermann von der Chamanna Coaz hat es auch schon erlebt, dass ein Turnverein seinen Schnarcher in den Aufenthaltsraum spediert hat. « Besonders wenn die Gruppe tüchtig gebechert hat. »

Promille und dünne Luft

Alkohol verschärft das Problem. Er lässt die weichen Teile der oberen Atemwege erschlaffen, was auch Leute schnarchen macht, die es ohne Promille nicht tun würden. Einen ähnlichen Effekt können Psychopharmaka und Schlaftabletten haben. Zudem verstärken die Verhältnisse in einer Berghütte die Tendenz zum Schnarchen. Bis sich der Körper an die Höhe gewöhnt hat, muss man wegen der dünnen Luft stärker atmen, um genug Sauerstoff zu bekommen. Mehr Luft, mehr Lärm. Und dass die Luft im Schlafsaal oft nicht nur dünn, sondern auch dick und das Bett ungewohnt ist, macht die Sache nicht besser. « All dies ist dem Schnarchen eher förderlich », sagt Schlaf-mediziner Knaus. Etwas Gutes haben die hüttenbedingten Unannehmlichkeiten allerdings. Auch Schnarcher haben Mühe einzuschlafen: « Ein Schnarcher, der nicht schläft, schnarcht nicht », meint Knaus.

Foto: Daniel Rytz Über allen Gipfeln ist Ruh, in der Hütte aber sägest du... Schnarcher können ihre Mit-schläferinnen und Mitschläfer zum Verzweifeln bringen.

Nicht zu schlafen, ist jedoch keine gute Lösung, wenn man anderntags über einen schmalen Grat gehen will. Ein Schlafmanko senkt nachweislich die Konzentrationsfähigkeit. « Lokführer, Piloten und Lastwagenfahrer zum Beispiel dürfen ihren Beruf nicht mehr ausüben, wenn sich herausstellt, dass sie unter OSAS leiden », sagt Knaus. OSAS steht für « obstruktives Schlafapnoesyndrom ». Diese Krankheit ist seltener und gravie-render als das kommune Schnarchen ( Rhonchopathie ), hat aber die gleiche Ursache, nämlich verstellte Atemwege. Nur dass beim OSAS Gaumen oder Zungengrund nicht mehr flattern, sondern sich auf die hintere Rachenwand legen und der Luft so komplett den Weg abschneiden. Es kommt zum Atemstillstand. Darauf sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut, das Herz beginnt schneller zu schlagen, und der Blutdruck steigt – bis der Körper schliesslich erwacht und die Atmung wieder einsetzt. Während Schnarchen bei den Mit-schläfern Ärger verursacht, sorgt OSAS eher für Angst und Schrecken. Auf die beklemmende Stille des Aussetzers folgt die Weckreaktion, begleitet von Luft-schnappen und Schnarchattacke. Das kann sich pro Stunde bis zu 60 Mal wiederholen. Die Betroffenen selber erinnern sich am Morgen meist nicht daran. Sie fühlen sich aber müde. Je nach Beruf oder Hobby ist das gefährlich. Zudem beeinträchtigt ein OSAS die Gesundheit auch längerfristig. Weil das Herz auch nachts immer auf Hochtouren läuft, kann sich der Körper nie richtig erholen. « Apnoiker haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, Herz-Kreislauf-Krank-heiten wie Bluthochdruck oder Schlag-anfälle zu bekommen », sagt Knaus. « Wenn jemand schnarcht und sich tagsüber müde fühlt, sollte er deshalb zum Hausarzt gehen und sich untersuchen lassen. » Man geht davon aus, dass rund vier Prozent der Männer und zwei Prozent der Frauen unter einem therapie-bedürftigen OSAS leiden.

Antischnarchtraining mit Didgeridoo

Es gibt jedoch eine ganze Reihe von mehr oder weniger einschneidenden Massnahmen, die sowohl für OSAS- Patienten als auch für kommune Schnarcher positive Effekte haben können. Der Verzicht auf Alkohol und Medikamente wirkt praktisch ohne Zeitverzug, gänzlich verhindern kann dies das nächtliche Knattern aber nur in leichten Fällen. Für die Rückenschnarcher gibt es mehrere Möglichkeiten. Sie können einen kleinen Rucksack anziehen, der so gefüllt ist, dass es schwierig ist, sich im Schlaf auf den Rücken zu drehen. Es gibt sogar speziell hergestellte Antischnarch-Ruck-säcke und Rückenlage-Verhinderungs-Westen. Ein positiver Effekt ist nachgewiesen.

Gleiches gilt für das Didgeridoo-Spielen. « Wenn man das Instrument zu Beginn fünf Mal und nach drei Monaten noch regelmässig zwei Mal pro Woche für mindestens 20 bis 30 Minuten spielt, ist es sinnvoll », sagt Knaus. Die positive Wirkung kommt daher, dass die Muskeln im Gaumen durch das Spielen gestärkt werden und im Schlaf weniger stark in sich zusammenfallen. Ob andere Blasinstrumente den gleichen Effekt haben, wurde bisher nicht untersucht. Abnehmen dagegen bringts sicher. Weil überflüssiges Fett auch im Gaumen- und Rachenraum ansetzt, macht Übergewicht den Platz für die Luft enger, sie muss schneller durchströmen, und das schlaffe Gewebe flattert stärker oder wird gleich ganz an die hintere Rachen-wand gesogen.

Platz für die Luft

Verschiedene Spangen, Schienen und Klammern versuchen, diesen Effekt mechanisch zu verhindern. Die Velumount-Spange wird durch den Mund hinter das Gaumensegel geschoben. Sie zieht den weichen Gaumen nach vorne und schafft so Platz für die Luft. « In 60 Prozent der Fälle hat sie einen positiven Einfluss », sagt Knaus. Wenn der Zungengrund für den Engpass verantwortlich ist, eignen sich eher die Mundschienen, die über die beiden Zahnreihen gestülpt werden. Sie schieben den Unterkiefer und damit auch die Zunge um einige Millimeter nach vorne. Nasenklammern können eingesetzt werden, wenn es schon beim Eingang hapert. Sie drücken die Nasenflügel nach aussen, wodurch die Luft besser einströmen kann.

Für die SAC-Hütte weniger geeignet sind Überdruckbeatmungsgeräte, wie sie viele OSAS-Patienten benutzen. Via Nasenmaske wird Luft in die Lunge gepresst. Schlaffes Gewebe wird weggedrückt. Solche Geräte sind zwar trans-portierbar, haben aber ein gewisses Gewicht. Wenn sie in der Hütte nicht an den Strom angeschlossen werden können, braucht es auch noch eine Batterie. Wenn diese Mittel nicht den gewünschten Erfolg bringen oder von den Patienten nicht ertragen werden, bleibt die Operation. Was sinnvoll ist, hängt wiederum davon ab, wo es eng ist. Je nachdem kann die Nasenscheidewand begradigt, der Gaumen stabilisiert oder schlaffes Gewebe herausgeschnitten werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Vorverlagerung des Knochens, an dem die Zunge befestigt ist, wodurch diese selbst nach vorne geschoben wird. In diesen Fällen ist eine spezialisierte Abklärung erforderlich.

Was auch immer die Schnarcherinnen und Schnarcher vorkehren, sie tun sich selbst und ihren Mitmenschen einen Gefallen. In den finsteren Schlafräumen der SAC-Hütten würde sich viel negative Energie auflösen – oder man würde sich anderen Themen zuwenden. Den Furzern und Furzerinnen zum Beispiel. Aber davon ein andermal. a Andreas Minder, Zürich Die Velumount-Spange verhindert das Flattern des weichen Gaumensegels.

Eine ganze Reihe von Geräten versucht, die neuralgischen Engstellen in den oberen Atemwegen zu erweitern. Der Nasen-dilatator drückt die Nasenflügel nach aussen.

Die Mundschiene schafft am Zungengrund Platz für die Luft.

Meistens entstehen Schnarch-geräusche hier: beim weichen Gewebe des Gaumens und am Halszäpfchen.

Foto: Apnex Foto: zvg Foto: Apnex Foto: Velumount

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