Die Kreuzotter – hartes Leben im Hochgebirge. Scheuer Alpenbewohner
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Die Kreuzotter – hartes Leben im Hochgebirge. Scheuer Alpenbewohner

Die Kreuzotter – hartes Leben im Hochgebirge

Reptilien können als wechselwarme Tiere ihre Körpertemperatur nicht selbstständig aufrechterhalten: Sie sind auf Sonnenenergie angewiesen. Dass sie dennoch in den Alpen unter harschen Klimabedingungen erfolgreich überleben, zeigt das Beispiel der Kreuzotter. Um die scheuen Tiere beobachten zu können, braucht es allerdings Glück – und das richtige Wetter!

Keine Schlangenart auf der Erde hat ein ähnlich grosses Verbreitungsgebiet wie die Kreuzotter. Sie besiedelt ein riesiges Areal von Nord- und Westeuropa über Sibirien bis nach China und die russische Pazifikküste. Selbst am Polarkreis bildet die Kreuzotter noch Populationen. In den Alpen stösst sie an ihre südwestliche Verbreitungsgrenze und ist hier, wie auch in den Gebirgen des Balkans, nur noch inselartig in den Hochlagen verbreitet. Der Schwerpunkt ihrer Höhenverbreitung in der Schweiz liegt zwischen 1600 und 2000 m, im Engadin erreicht sie vereinzelt 2700 m. Die warmen Täler überlässt sie anderen Arten.

Lieber im kühleren Graubünden als im warmen Wallis

Im Jura hat die Kreuzotter mit dem Verschwinden vieler Hochmoorlandschaften in den vergangenen Jahrzehnten an Terrain verloren. Ausserhalb der Moore findet man die Kreuzotter heute vereinzelt noch auf steinigen Weiden oder in lichten, verkarsteten Wäldern des Waadtländer und Neuenburger Juras. In den Alpen lebt die Kreuzotter vor allem in Zwerg-strauchheiden, welche im Idealfall mit Felsen und Blockhalden durchsetzt sind. Sie mag aber auch lichte Wälder, Lawinen-korridore und Alpweiden mit Lesesteinhaufen und Trockenmauern. Die isolierten, räumlich eng begrenzten Bestände werden von Westen nach Osten häufiger und grösser. Während die Kreuzotter in den Waadtländer, Freiburger und Berner Alpen nur sehr lokal verbreitet ist, kommt sie in der Zentralschweiz und im Graubünden regelmässiger vor. Ihre eigentliche Hochburg ist das Engadin. Das Wallis dagegen meidet sie. Südlich der Rhone sind gar keine Vorkommen bekannt, hier findet sich von den Giftschlangen nur die Aspisviper. Erstaunen mag die Verbreitung der Kreuzotter im Tessin: Aus dem bündnerischen Misox heraus stösst sie in die Gegend des Camoghè vor. Westlich des Ticino fehlt sie aber, obwohl in den Tälern der Maggia und der Verzasca durchaus geeignete Lebensräume vorhanden sind.

Künstler im Einfangen von Wärme

Kreuzottern lassen sich bei kühler, feuchter Witterung besser beobachten als an heissen, trockenen Tagen. Bei warmem Sommerwetter erreichen die bis maximal 65 cm langen Tiere rasch ihre bevorzugte Körpertemperatur von etwa 30 °C. Sie nehmen nur kurze Sonnenbäder und bleiben meistens versteckt. Anders die Situation bei kühlem Wetter oder wenn eine Wolkendecke die Sonne verdeckt: Nun sind die Ottern gezwungen, sich längere Zeit der Strahlung zu exponieren – die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung steigt. Die Kreuzotter nutzt die Sonnenenergie effizienter als andere Arten, indem sie ihren Körper stark abplattet, in einen steilen Winkel zur einfallenden Strahlung stellt und damit die Absorptionsfläche vergrössert. Giftig, aber scheu Die Kreuzotter gehört zusammen mit der Aspisviper zu den beiden Giftschlan-genarten der Schweiz. Die Tiere sind scheu und Bissunfälle selten. Ein Kreuz-otterbiss bedarf einer korrekten medizinischen Behandlung. Lebensgefährlich ist er dann kaum. Wertvolle Informationen rund um das Thema Giftschlangen und Schlangenbisse vermittelt das Merkblatt « Schlangen – was tun ?» der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz ( karch ), welches zusammen mit dem Toxikolo-gischen Informationszentrum in Zürich publiziert wurde. Es ist kostenlos bei der karch erhältlich: www.karch.c.h, andreas.meyer(at)unine.ch oder Tel. 032 725 72 07. Mit Geröll und Felsen durchsetzte Südhänge, wie hier im Tessin, sind bevorzugte Lebensräume der Kreuzotter.

Kreuzotterweibchen aus dem Puschlav: Die Spalt-pupille ist zwar charakteristisch für die beiden einheimischen Giftschlan-genarten, als Unterschei-dungsmerkmal im Feld aber kaum tauglich.

Kreuzotterweibchen aus dem Tessin Fotos: A. Mey er

Schwarz hat Vor- und Nachteile

Um die Aufnahme von Sonnenstrahlen im rauen Bergklima weiter zu optimieren, färben sich viele Kreuzottern in den ersten Lebensjahren um. Die Tiere werden dunkler, die typische Zickzackzeich-nung auf hellem Grund verschwindet mehr und mehr, bis die Tiere schliesslich völlig schwarz gefärbt sind. Im Volksmund werden solche Schlangen dann Höllenottern genannt. Höllisch ist die schwarze Färbung keineswegs, aber praktisch schon: Die Sonnenstrahlen werden auf der dunklen Haut schneller in Wärme umgesetzt als bei braunen oder grauen Tieren, es resultiert ein Vorteil für den persönlichen Wärmehaushalt. Dennoch sind nicht alle Kreuzottern schwarz. Versuche mit schwarzen und normal gefärbten Kreuzotterattrappen haben gezeigt, dass die schwarzen Tiere weniger gut getarnt sind als normal gefärbte. Sie werden häufiger von Greif-vögeln attackiert. Entsprechend etabliert sich je nach Population ein bestimmtes Verhältnis von Schwärzlingen und normal gefärbten Tieren. In einigen Regionen fehlen die Schwärzlinge ganz, während sie anderswo bis zu 90 % des Bestandes ausmachen können.

Grosse Pausen zwischen Geburten

Die harschen Bedingungen in den Alpen bestimmen auch den Fortpflanzungs-zyklus der Kreuzotterweibchen. Sie brauchen nach einer Trächtigkeit bis zu drei Jahren Pause, um sich während der kurzen Bergsommer die nötigen Energiereserven wieder anzufressen. Für die Männchen dagegen ist die Fortpflanzung mit kleineren Energieverlusten verbunden, sie sind jedes Jahr paarungsbe- Fotos: A. Mey er Lebensraum der Kreuzotter im Berner Oberland Schwarze Kreuzottern absorbieren die Sonnenstrahlung effizienter als braune oder graue Tiere. Geboren werden sie aber mit der normalen Zickzackzeich-nung.

Foto: Ch. Berney Trächtiges Kreuzotterweibchen aus dem Berner Oberland reit. Sie verlassen ihre frostgeschützten Winterquartiere etwas zeitiger als die Weibchen. Nicht selten findet man während der frühjährlichen Schneeschmelze auf kleinsten, aperen Flächen sich son-nende Kreuzottermännchen. Im Mai oder Juni folgt die Paarung, im Spätsommer oder Herbst die Geburt. Kreuzottern sind lebendgebärend, in der Fachsprache « ovovivipar ». Vier bis zehn Jungtiere werden in einer transparenten Eihülle geworfen. Kurz nach der Geburt durchstossen die etwa 17 cm langen und 3,5 g schweren Jungtiere die Eihülle. Sie ernähren sich dann von jungen Eidechsen und werden im Alter von vier bis fünf Jahren geschlechtsreif.

Weibchen merken sich warme Flecken

Die Weibchen haben nicht nur ihren Zyklus dem Alpenklima angepasst. Die Bebrütung der Eier wird nicht der Sonne respektive dem Zufall überlassen. Sie geschieht im Leib des Muttertieres, welches durch die gezielte Wahl von besonders warmen Aufenthaltsorten innerhalb des Habitats seinen Reproduktionserfolg beeinflussen kann. Trächtige Kreuzotterweibchen jagen nicht und bleiben an wärmebegünstigten Orten über Wochen hinweg stationär. Zur Schwangerschaft kehren sie auch fast immer an einmal gewählte Plätze zurück. So trifft man sie über Jahre hinweg auf denselben Quadratmetern wieder an. Kreuzotterweibchen können auch die Geburt der Jungschlangen verschieben. Ist der Sommer kühl und regnerisch oder bricht der Winter besonders früh in die Bergwelt ein, gehen die Schlangen noch trächtig in die Überwinterung. Die Jungen kommen dann erst im folgenden Frühling zur Welt. a Andreas Meyer, Bern Kreuzotterstandorte gesucht Die Verbreitung der Kreuzotter in der Schweiz ist in groben Zügen bekannt. Hinweise auf lokale Vorkommen sind aber für die Koordinationsstelle für Am-phibien- und Reptilienschutz in der Schweiz ( karch ) von grossem Interesse. Bitte melden Sie deshalb alle Kreuzot-terbeobachtungen, aber auch Begegnungen mit anderen Reptilienarten der karch. Gerne übernimmt die karch für Sie auch die sichere Bestimmung aller einheimischen Reptilienarten ab Foto. Kontakt: www.karch.c.h, andreas.meyer(at)unine.ch oder Tel. 032 725 72 07.

Kreuzottermännchen aus dem Engadin: Die ausgeprägte Zick-zackzeichnung ist typisch für diese kleine Schlangenart. Trächtige Kreuzottern sind sehr wärmebedürftig und oft ausserhalb ihrer Schlupfwinkel anzutreffen.

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Gefunden

– am 6.4.2007 auf dem Sustenhorn Herrenfingerring mit Gravur 3.4.04 Muriel. Sich melden bei Daniel Schaffo, Tel. 079 335 62 57 – am 9.4.2007 auf der Piste in Disentis Eispickel. Sich melden bei Hubert Deflorin, Tel. 081 947 49 26, hdeflorin(at)bluewin.ch – am 15.4.2007 im Klettergebiet Chli Schijen, Ibergeregg, silbriges Armketteli Pollard J. Andrew/Murdoch David R.

Bergmedizin, höhenbedingte Erkrankungen und Gesundheits- gefahren bei Bergsteigern

Huber-Verlag, 199 Seiten, 26 Abbildungen, 14 Tabellen, 2007, ISBN 978-3-456-84443-5. Fr. 79.– « Gebirgsmedizin » ist heute ein breiter Begriff, der von der Ersten Hilfe im Gebirge bis in die komplexe Höhenforschung reicht. Das neu aufgelegte Werk der beiden Autoren ist aber trotz dem weit gefassten Titel kein Buch, in dem man für jedes medizinische Problem in den Bergen eine Antwort findet. Im Mittelpunkt stehen die gesundheitlichen Aspekte beim Bergsteigen in den grossen Bergmassiven der Welt. Knapp die Hälfte des Werkes handelt denn auch von der Höhe und den damit verbundenen Problemen. Hier sind die Themen mithilfe von klaren Tabellen gut verständlich behandelt, was jedoch für ein fachmedi-zinisches Publikum vereinfacht wirken könnte. Überzeugend erläutert ist das Thema Hypothermie: Klar dargestellt und den aktuellen Empfehlungen entsprechend ist die Lektüre all jenen zu empfehlen, die sich für Lawinenopfer und Lawinenrettung interessieren. Nur knapp beschrieben sind die Folgen von Hitze und Wärme, und leider ganz weggefallen sind Blitzunfälle. Zu kurz kommt auch der Bereich « Erste Hilfe », wobei das Schema der lebensrettenden Sofortmassnahmen für Laien zu komplex dargestellt ist und zudem noch nicht den neuesten Standards ( 2005 ) entspricht.

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