Herausfordernde Problemstellung bei mehreren Verschütteten
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Herausfordernde Problemstellung bei mehreren Verschütteten Ohne Erfahrung in der Königsdisziplin

Das SLF testete im Auftrag des Kassensturz fünf LVS-Geräte für den komplexen Fall mit mehreren Verschütteten. Es zeigte sich: Wird nur eine Person verschüttet, ist die Suche mit allen getesteten Geräten in etwa gleich schnell. Müssen aber zwei oder gar drei Personen gesucht werden, zeigten sich Unterschiede.

«3-2-1-go!» Romana, eine Oberstufenschülerin aus Davos stellt ihr Gerät auf Empfangen und beginnt sofort mit der Suche. Nach weniger als zwei Minuten hat sie den ersten von insgesamt drei Sendern lokalisiert: Treffer!

Mitte Januar hat der Kassensturz, unterstützt vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF und von Manuel Genswein, fünf LVS aus dem mittleren Preissegment getestet: das ARVA Axis, das Mammut Element Barryvox, das Ortovox 3+, das Pieps DSP Tour und den bca Tracker 2. Ziel war, zu ermitteln, welches Gerät von durchschnittlichen Benutzern am erfolgreichsten angewendet wird.

Gemessen wurde die Zeit, die eine unerfahrene Testperson brauchte, um in einem Suchfeld mit drei Sendern jeweils den ersten, zweiten und dritten Sender zu finden und mit der Sonde zu lokalisieren. Die Resultate waren teilweise überraschend. Es zeigte sich, dass auch mit modernen LVS mit Markierfunktion die Suche in Situationen mit mehr als einer verschütteten Person nicht immer ohne Probleme verläuft.

Anspruchsvolles und wichtiges Szenario

Zwar ist bei rund vier von fünf Lawinenunfällen mit ganz verschütteten Personen nur eine Person ganz verschüttet. Unglücke mit mehreren ganz Verschütteten sind mit einer Häufigkeit von etwas weniger als 20 % keinesfalls zu vernachlässigen. In den letzten rund zehn Jahren waren etwa 35% aller ganz Verschütteten ohne sichtbare Teile von einer Situation mit mehreren Verschütteten betroffen, 17% waren gar von einem Unfall mit drei Verschütteten betroffen, welche allesamt mit einem LVS gesucht werden mussten. Gerade in diesen Situationen, wo besonders viel zu gewinnen oder zu verlieren ist, ist eine effiziente Suche überlebenswichtig.

Sind Personen ganz verschüttet, beträgt die Grösse der Lawinenablagerung etwa 80 m × 100 m. Tests mit vielen derart grossen Feldern sind aufgrund des grossen Zeit- und Platzbedarfes sehr aufwendig, ohne dass sie zu einem relevanten Qualitätsgewinn führen oder das Anforderungsprofil an die LVS massgeblich verändern. Die zehn quadratischen, gewalzten Testfelder hatten daher eine Seitenlänge von 40 bis 50 m. Daher gab es kaum eine Signalsuche (deren Dauer ohnehin kurz ist), was den Geräten mit einer geringeren Reichweite einen geringfügigen Vorteil bei der Suche nach dem ersten Sender verschaffte.

In jedem der Testfelder waren vier Sender in einer Tiefe von 1 m unter einem 50 cm × 70 cm grossen Brett vergraben. Die Distanz zwischen den Sendern betrug im Mittel ca. 20 m, und variierte zwischen 3 und gut 40 m. Zwei der Sender waren ständig eingeschaltet; die beiden andern wurden abwechselnd eingeschaltet. So konnten pro Feld zwei verschiedene Suchszenarien mit vergleichbarem Schwierigkeitsgrad getestet werden.

Anfänger in der Königsdisziplin

Selbstverständlich gibt es noch weitere Kriterien wie Reichweite, Benutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit usw., die zwar auch wichtig sind, im Kassensturz-Test aber nicht oder nur indirekt untersucht wurden. Der seit vielen Jahren erste quantitative Test konzentrierte sich stattdessen ganz bewusst auf die «Königsdisziplin»: Die Suche auf Zeit, und zwar nach mehreren Verschütteten. Keine andere Disziplin lässt es zu, so viele Qualitätseigenschaften eines modernen LVS in einem Szenario überprüfen zu können. Sie integriert zudem auch Aspekte wie die zuverlässige Benutzerführung oder die Ergonomie von Bedienelementen.

Als Testpersonen stellten sich die Schülerinnen und Schüler einer 3. Sekundarklasse aus Davos zur Verfügung. Die meisten hatten vorher noch nie ein LVS in der Hand gehabt. Am Nachmittag vor dem Testtag wurden die Schüler von den Herstellern je 20 Minuten in der Handhabung des Gerätes geschult.

Am Testtag begaben sich die Schüler in Zweiergruppen zusammen mit einem Instruktor auf je eines der zehn Felder. Auf jeweils zwei Feldern wurde je ein Gerät desselben Herstellers getestet, zuerst von der einen, dann, mit einem anderen Suchszenario, von der anderen Testperson. Somit lagen nach dem ersten Durchgang für jedes Gerät vier Testresultate vor. Danach wechselten die Schülergruppen und die Instruktoren auf ein anderes Feld, bis jeder Proband auf jedem der zehn Felder mit zehn komplett verschiedenen Situationen ohne jeglichen Wiedererkennungswert einmal gesucht hatte.

Zwei Minuten zum ersten Treffer

Die Resultate bestätigen eindrücklich, dass die Schüler nach einer kurzen Instruktion in der Lage waren, den ersten Sender innerhalb von rund zwei Minuten, zu lokalisieren. Das heisst, alle Geräte haben sehr gut abgeschnitten.

Gewisse Unterschiede begannen sich bei der Suche nach dem zweiten Sender abzuzeichnen. Dieser musste gesucht werden, während der erste, bereits gefundene Sender noch weitersendete, so wie es im Ernstfall auch wäre. Während der Gefundene noch ausgegraben wird, wird schon weiter gesucht. In diesem Fall wurde der erste Sender mit der Markierfunktion ausgeblendet oder es musste, im Falle des Tracker 2, der keine Markierfunktion hat, eine spezielle Suchstrategie verwendet werden.

Die Suchzeiten vom Finden des ersten bis zum Finden des zweiten Senders variierten zwischen rund zwei und vier Minuten. In wenigen Fällen konnte der zweite Sender innerhalb der Zeitlimite von zwölf Minuten nicht gefunden werden.

Bei der Suche des dritten Senders zeigten sich dann deutliche Unterschiede zwischen den Geräten. Die mittleren Suchzeiten variierten je nach Gerät zwischen zwei und mehr als fünf Minuten. In einem Drittel der Fälle konnte der dritte Sender innerhalb der Zeitlimite nicht gefunden werden, wobei die Resultate je nach Gerät stark variierten. Am besten gelang dies mit dem Element Barryvox. Beim ARVA Axis und beim Pieps Tour bereiteten das Nichterkennen von Verschütteten sowie der Verlust von Markierungen oder Einträgen in der Verschüttetenliste der suchenden LVS Probleme.

Das Fazit

Die Resultate zeigen deutlich, dass das Finden eines einzelnen Verschütteten mit einem modernen 3-Antennen LVS selbst für Ungeübte einfach und schnell funktioniert. Ein Umsteigen von einem alten LVS auf ein modernes 3-Antennen-Gerät ist also empfehlenswert.

Es wurde jedoch klar, dass selbst mit modernen Geräten die Suche mehrerer Verschütteter nicht in jedem Fall klappt.

Abschliessend gilt es zu betonen, dass die Suchzeit verglichen mit der Zeit für das Ausgraben des Opfers in der Regel kurz ist. Das Wichtigste bleibt demnach, sich im Lawinengelände so zu verhalten, dass es gar nicht zu einer Lawinenverschüttung kommt: Oberstes Ziel ist die Prävention!

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