In den Orvins Mountains, Antarktis
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In den Orvins Mountains, Antarktis

Erfolg für « The Wall »

The Wall – so heisst eine internationale Expedition, die im letzten Winter zu Besteigungen in den Orvins Mountains aufbrach. Diese Granitmonolithen erheben sich im Queen Maud Land in der Antarktis. Insgesamt wurden nicht weniger als zehn Gipfel erklettert, davon einer im Alleingang durch den Walliser Bergführer André Georges.

Das ehrgeizige Ziel dieser Expedition, geleitet durch den belgischen Alpinisten Alain Hubert, war die Besteigung des Holtanna ( 2650 m ) in den Orvins Mountains, einer Kette von Felstürmen im Queen Maud Land in der Antarktis. Die ersten Alpinisten, welche dieses Massiv erkundet hatten – eine Gruppe von Norwegern – gaben diesem Berg wegen seiner markanten Form seinen Namen: « Hohler Zahn ». Tatsächlich weist er einen Doppelgipfel auf, zwei senkrechte, 800 Höhenmeter hohe Granitnadeln, deren Fuss vom antarktischen Eis überdeckt wird. Er gleicht damit einem Eisberg, von dem man nur den aus dem Wasser ragenden Teil wahrnimmt. Bei Temperaturen zwischen –10 und –30 °C packten die fünf Alpinisten der Expedition 1 den ersten Pfeiler an, auf dessen Besteigung sie aber aus Sicherheitsgründen verzichten mussten: « Der Fels war an der Oberfläche, vor allem auf den Graten, ziemlich brüchig », erzählt André Georges. So richteten die Kletterer ihr Augenmerk auf den zweiten Turm des Holtanna, « einen abwechslungsreichen und wunderschönen Pfeiler mit Schwindel erregenden Wänden und Graten ». André Georges verbrachte schöne Tage damit, die Route im Alleingang und zusammen mit Alain Hubert einzurichten.. " " .Am Silvesterabend kletterte das Team die ganze, 25 Seillängen lange Route mit Schwierigkeiten im Grad 6b ( frei ) und A3 ( künstliche Kletterei ).

Die Wolfszähne André Georges und Alain Hubert gaben sich mit diesem Erfolg nicht zufrieden. Sie erkundeten das Massiv, das von den Norwegern nach einem riesigen Wolf der nordischen Mythologie « Fenriswoff » genannt worden war. Seine Berge gleichen in der Tat einer schönen Reihe von Zähnen. Innerhalb einerWoche gelangen den

1 Alain Hubert ( Belgien ), André Georges ( CH ), Daniel Mercier ( Frankreich ), Ralf Dujmovits ( Deutschland ), Fabrizzio Zangrilli ( USA ). Die Expedition, die alpinistische mit wissenschaftlichen und pädagogischen Projekten verband, umfasste weiter einen französischen Fotografen, einen deutschen Kameramann, eine flämische Journalistin und einen schottischen Ingenieur, der damit beauftragt war, eine von Stanford-Studenten konstruierte Wetterstation aufzubauen, sowie einen französischen Ingenieur, der für die im Zusammenhang mit dem pädagogischen Projekt stehenden wissenschaftlichen Arbeiten verantwortlich war. Eine komplette Vorstellung der Expedition ist im Internet unter www.antarctica.org zu finden.

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zwei Alpinisten nicht weniger als neun Neutouren auf die Nachbartürme des Holtanna. So verbrachten sie 19 Stunden am Midgard, dessen Gipfelblock einer « riesigen, im Gleichgewicht liegenden Kugel » gleicht, sowie zwölf Stunden an der Sentinelle mit einer « schwierigen Überschreitung an riesigen Türmen, zwischen denen immer tiefe Scharten eingeschnitten sind ». André Georges gönnte sich schliesslich zum Abschluss seiner Antarktis-Reise ein letztes Vergnügen: eine Tour im Alleingang auf den Tabernakel des Ulvetanna. Fünf Tage und einige sehr schwierige Momente waren dazu erforderlich.

Beeindruckender Granitmonolith André Georges erzählt: « Der Tabernakel des Ulvetanna ist ein einzigartiger Monolith mit einer weissen Kappe. Alle Bergsteiger, die bei seinem Fuss durchgehen, sind fasziniert. Von unten gesehen ist seine Besteigung einfacher als in Wirklichkeit. Kein einziger Meter ist leicht, man muss sich jeden Zentimeter hocharbeiten, und zwar in oft zu breiten Rissen. Ein Set Friends und Klemmkeile helfen mir bei der Kletterei. Zwei Tage Schnee, eine steile Wand und eisige Kälte – das sind die Zutaten, welche das Ganze garnieren, es ist hart, aber ein harter Kopf gibt nicht gleich auf... In einer Trittleiter stehend – und plötzlich ein Flug. Ein Friend hat nachgegeben, dazu ist noch ein Haken ausgebrochen, und ich finde mich auf einmal zehn Meter weiter unten wieder. Eine dünne Reepschnur, mit Prusik angebracht am Hauptseil: meine Sicherung! Der Schlag hat den Prusik um 20 Zentimeter verschoben, die zwei Nylonseile haben sich dabei erwärmt und sind zusammengeschmolzen. Etwas Schmerzen, ich denke nicht daran, steige wieder auf, schlage den gleichen Haken, setze den gleichen Friend – und komme durch. Der Ausstieg spielt sich in Kaminen ab, athletische Kaminfegerarbeit zum Dessert, Stand an einer Eisschraube im Gipfelcouloir, tolle Ambiance. Ich bin glücklich, eine so einzigartig schöne und schwierige Tour im Stil einer einsamen Ameise ausgeführt zu haben, ich habe mich Schritt für Schritt mit einer nie nachlassenden Konzentration hochgearbeitet .» a

Aline Wenziker ( ü ) Camp am Fuss des Holtanna, des zu Recht « Hohler Zahn » genannten Berges Der Tabernakel des Ulvetanna, der durch André Georges im Alleingang erklettert wurde.

DIE ALPEN 7/2001

Schutz der Gebirgswelt

La difesa dell'ambiente

Protection de la montagne

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