Jubiläumsfeier 100 Jahre Alpine Rettung SAC
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Jubiläumsfeier 100 Jahre Alpine Rettung SAC

Im Zentrum steht die Leistung!

Rettung wird immer wichtiger, auch in den Bergen. Zum 100-Jahr-Jubiläum stellte die Alpine Rettung SAC in Bern ihr Jubiläumsbuch vor. Tags darauf fand in Interlaken als Höhepunkt des Jubiläumsjahres eine Gedenkfeier, eine Podiumsdiskussion und ein Bankett statt. Dabei hat sich die Rettung überzeugend präsentiert.

Hundert Jahre sind es her: 1901 befasste sich der SAC erstmals mit Rettungsfragen. Die Anregung kam von der Sektion Bern. Sie beantragte, mit Plakaten auf Regeln, Gefahren und Erste-Hilfe-Mass-nahmen im Hochgebirge hinzuweisen. Daraufhin erarbeitete die Clubleitung ( CC ) die « Grundsätze der alpinen Rettung SAC ». Von diesem Zeitpunkt an hat der SAC die Bergrettung übernommen. Heute kann der SAC dank des selbstlosen Einsatzes jedes einzelnen Retters diese Leistung im Dienste der Allgemeinheit hundertprozentig erfüllen.

Rettung ist ihr « Hobby » Alle erwarten von den Retterinnen und Rettern einen professionellen Einsatz. Wer in Bergnot geraten ist, erwartet, dass « man » ihn retten wird – sofort, sicher und erfolgreich. Wer aber ist « man »? Die Retter! Nur die wenigsten, die ihre Hilfe in Anspruch nehmen, denken daran, dass die Retter voll in einem Beruf stehen und ihre Einsätze in der Freizeit leisten. Sie und ihr Umfeld sind das Thema des Jubiläumsbuches Hilfe am Berg, das im Schweizerischen Alpinen Museum ( SAM ) in Bern vorgestellt wurde. Die Retter, ihre Persönlichkeit, ihre Sorgen, ihr Engagement, ihre Hilfsbereitschaft, ihre Ausbildung, ihre Fähigkeiten, ihre Begegnungen mit dem Tod prägen den Inhalt des Jubiläumsbuches. Anlässlich der Vernissage betonte Louis Salzmann, Präsident der Rettungskommission, dass mit diesem Jubiläumsbuch ein längerfristig wirkendes Zeichen gesetzt werde. Ein Zeichen auch für die Öffentlichkeit, den vom SAC-Rettungswesen geleisteten Dienst an der Allgemeinheit in Zukunft vermehrt zu würdigen und zu unterstützen.

Wer ist unser Nächster? « Wir denken an jene, die ihr Leben verloren haben, und an die vielen freiwilligen Retter, die sich seit hundert Jahren für ihre Mitmenschen einsetzen. » Der Gleitschirm fliegende Abt Daniel Schönbächler schlug die zur Gedenkfeier im Kursaal zusammengeströmte Schar von Rettern und Gästen des Festakts mit seinen Worten und seiner Ausstrahlung in Bann. Ausgangspunkt seiner Betrachtung war das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und die darin enthaltene zentrale Frage: Wer ist unser Nächster? Die Antwort « Jeder, der in Not ist » gilt insbesondere für die Retter. Sie müssen professionell handeln und dürfen darüber nicht die Barmherzigkeit vergessen. Zwischen Retter und Gerettetem entsteht eine Verbindung, denn auch ein Unfall gehört zur Melodie des Lebens,

Sie gehören zu den Autoren des Rettungs-Jubiläumsbuches ( v. l. ): Axel Budde, Otto von Allmen, Toni Lötscher, Ernst Kohler, Richard Elsener ( der das Buch im Auftrag der Rettungs- Gedenkfeier in beeindruckender Umgebung: Gebannt lauschen Retter und Gäste den eindringlichen Melodien der Bassklarinette von Matthias Müller, im Hintergrund Abt Daniel Schön-bächler. kommission gemeinsam mit Peter Donatsch herausgegeben hat ), Louis Salzmann, Adriano Censi, Etienne Gross, Ueli Mosimann, Jürg Nef, Pankraz Hauser Fo to :U rs Kne ub ühl DIE ALPEN 12/2001

hat seine eigenen Töne, Register und Emotionen und muss akzeptiert werden. Abt Schönbächler betonte, dass dieser Feiertag Gelegenheit biete, der Pioniere zu gedenken, die die alpine Rettung begründet und weitergetragen haben. Es sei aber auch jener zu gedenken, die heute effizient, kompetent und mitfühlend Hilfe leisten, ebenso der Angehörigen der Unfallopfer. Matthias Müller entlockte seiner Bassklarinette Melodien, die diese Gedenkfeier noch eindrücklicher machten.

Wie verarbeiten wir Bergunfälle? Schwerpunkt der anschliessenden Podiumsdiskussion « Wer rettet wen ?» war die persönliche Betroffenheit der Opfer und der Retter. Jeder macht bei einem Unfall andere persönliche Erfahrungen. Samuel Estoppey, der von einem Steinschlag im Montblancgebiet schwer verletzt wurde, fragte sich bis zum Eintreffen der Rettungsequipe nach den gesundheitlichen Konsequenzen – wenn er den Unfall überhaupt überleben würde. Anders erlebte Urs Meierhofer die Rettungsaktion, bei der sein Sohn und dessen Kamerad im Diablerets-Gebiet während Monaten gesucht worden waren. Aus der anfänglich noch bestehenden Hoffnung entwickelte sich bis zur Monate später erfolgten Auffindung der tödlich Verunfallten ein enger und neuen Halt gebender Kontakt zu den Rettern. Die Unterstützung seitens der Retter brachte ihm und seiner Familie intensive Erlebnisse, was entscheidend über die schwere Zeit hinweghalf. Insgesamt betonten die Podiumsteilnehmer die Bedeutung der emotionalen Verbindung Retter-Geret-teter für die Verarbeitung des Geschehens. Aber auch die Retter werden im Verlauf ihrer Tätigkeit immer wieder mit Ereignissen konfrontiert, die sie psychisch stark belasten. In diesem Zusammenhang wies Abt Schönbächler darauf hin, dass jeder Mensch « psychische Verletzungen » ( Traumata ) erleidet. Jeder muss auf seine Art damit fertig werden, der eine braucht externe Hilfe, der andere nicht. Wichtig ist aber immer das Gespräch.

Eine ganz andere Form der Unfall-verarbeitung pflegen die Medien. Mit ihrem Bedürfnis nach Action-Bericht-erstattung können sie sowohl auf die Rettungsaktion als auch auf die Retter, die Opfer und deren Angehörige Einfluss nehmen. Da die Medien – wie Journalist Josef Ritler feststellte – auf Infor-

Der Gleitschirm fliegende Abt Daniel Schönbächler sprach an der Gedenkfeier in Interlaken.

Verbreitet einen Hauch von Nostalgie und macht damit auf die lange Geschichte der alpinen Rettung aufmerksam: Casino Kursaal Interlaken Foto: Peter Schneider Fo to :eg Foto Robert Aemmer

Die Teilnehmer am Podiumsgespräch:

Ernst Koller, Rettungsspezialist und REGA-Stiftungsrat; Samuel Estoppey, ZV-Mitglied, im Sommer 2000 im Mont-blanc-Massiv verunfallt; Urs Meierhofer, dessen Sohn vor anderthalb Jahren bei einem Lawinenunfall im Diablerets-Ge-biet tödlich verunfallte; Rainer Maria Salzgeber, Gesprächsleiter und Fernseh-moderator SF 1; Daniel Schönbächler, Abt des Klosters von Disentis und u.a. Traumatherapeut, erlitt einen Gleitschirmunfall; Josef Ritler, Journalist, tätig im Bereich der Katastrophenbe-richterstattung.

DIE ALPEN 12/2001

Alpinismus, Berg-u.a.. Sportarten

Alpinismo e altri sport di montagna

Alpinisme et autres sports de montagne

mationen angewiesen sind, wäre es vorteilhaft, wenn am Schadenplatz ein Medienbeauftragter kompetent Auskunft geben könnte. Auch für die von einem Unfall Betroffenen kann der Druck der Medien zur Belastung werden. Dies bestätigte Urs Meierhofer, der nur dank seiner diesbezüglichen Erfahrungen aus dem beruflichen Leben nicht überfordert war. Er regte deshalb an, bei grösseren Unglücksfällen auch an eine entsprechende Betreuung der Angehörigen zu denken. Auf die Schlussfrage « Hassen Sie nun die Berge ?» antwortete Urs Meierhofer überzeugt: « Im Gegenteil, aus der lang andauernden Rettungsaktion hat sich über die persönliche Beziehung zu den Rettern eine noch engere Verbindung zum Berggebiet von Les Diablerets ergeben. »

Am Abend feierten die Retter Rettungsleute aus der ganzen Schweiz sowie zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland fanden sich in festlicher Stimmung im Kursaal Casino Interlaken zum gemütlichen Teil zusammen, um kameradschaftliche Bande in einer gelösten Atmosphäre aufzufrischen. In seiner Ansprache betonte Zentralpräsident Franz Stämpfli die Bedeutung der Rettung für den « Service public » und forderte die Öffentlichkeit auf, diese Leistung des SAC auch vermehrt mitzutragen. Aus Anlass des 100-Jahr-Jubiläums wurde der Alpinen Rettung SAC der millionste vom Band gehende Audi Quattro geschenkt. In Interlaken erfolgte die offizielle Schlüsselübergabe für das Allroad-Fahrzeug durch die AMAG Schweiz an Zentralpräsident Franz Stämpfli. Im Rahmen des Banketts wurde auch die neue Rettungs-Kleiderkollektion präsentiert. Diese von der Alpinen Rettung SAC selber kreierte Linie wird in Zukunft das äussere Markenzeichen unserer Retterinnen und Retter sein. a

Der Jubiläumsband

Hilfe am Berg. Hundert Jahre Alpine Rettung SAC in der Schweiz. Herausgegeben von der Rettungskommission Alpine Rettung SAC, Peter Donatsch/ Richard Elsener, AS-Verlag, Zürich 2001. ISBN 3-905111-64-0 Zu beziehen beim SAC-Verlag zum Mitgliederpreis von Fr. 44.80 oder im Buchhandel ( Fr. 49.80 ) Vgl. Buchbesprechung S. 54

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