Klettern in Joshua Tree (USA)
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Klettern in Joshua Tree (USA)

Eldorado für die kalte Jahreszeit

zweite Teilstück zu sammeln. Die beiden Brüder aus Huntington Beach sind seit einer Woche im Hidden Valley, und nach Dutzenden von Aufstiegen geht Gabe allmählich die Kraft aus.

Es war bereits später Nachmittag, als wir die beiden Brüder bei den Vorbereitungen zum Einstieg antrafen. Für den « Illusion Dweller » ( 5.10b,hängte sich Gabe Klemmgerät bis zu 3 inches ( 7,. " " .5 cm ) an den Klettergurt, und beide bandagier-ten sich ihre Hände mit Tape. Will man sich nicht verletzen, erfordert die rauhe, kristalline Felsoberfläche nicht nur einen technisch sauberen Kletterstil, sondern auch einen ausreichenden Schutz für die Hände. Zudem stecken in dieser klassischen Risskletterei keine Haken, weshalb alle Sicherungen selbst gelegt und anschliessend wieder entfernt werden müssen - was jede Begehung wesentlich anspruchsvoller macht.

Nur die Routen, die sich nicht anders absichern lassen - und das sind recht wenige -, sind mit Bohrhaken ausgerüstet, und seit 1989 sind elektrische Bohrmaschinen gänzlich aus dem Park verbannt. Es gehört zur Idee der Nationalparks in den USA, dass Besucher nur geduldet sind und die Natur durch ihre Anwesenheit nicht beeinträchtigt werden soll. Deshalb müssen nicht nur Touristen, son-

dern auch Kletterer alles wieder mitnehmen, was sie für ihr Freizeitvergnügen benötigen. Selbst die vielen Trampelpfade von und zu den Felsen sollen bis auf jene, die wirklich nötig sind, wieder renatu-riert werden. Die Oberflächenbeschaffenheit der Wüste ist sehr verletzlich, und es braucht Jahrzehnte, bis sie sich regenerieren kann. Nur dort, wo durch Regen die sandigen Böden ausgewaschen und felsige Buckel freigelegt sind oder wo ein Dry-wash ( ausgetrocknetes Bachbett ) sich dahin-schlängelt, darf man seinen eigenen Weg suchen.

Die beiden Brüder kosten ihre Zeit voll und ganz aus. Erst in der Dämmerung, als wir zum Kochen bereits unsere Stirnlampen benötigen, beenden sie ihre letzte Kletterei. Sie laden die Ausrüstung auf ihren Chevrolet Pick-up, kommen zu uns ans Feuer, um von den vergangenen Tagen zu schwärmen, und fahren anschliessend noch 150 Meilen durch die Nacht nach Hause. Wie für sie ist für viele andere Kletterer der Joshua Tree N.P. zu einer zweiten

Wie hingepflanzt wachsen die Kletterfelsen beim Hidden Valley aus dem sie umgebenden flachen Wüstenboden.

Der für den Westteil des Parks charakteristische Joshua Tree kann bis zu 15 Meter hoch werden.

Sport- und Wettkampf klettern 4 _

Heimat geworden. Vor allem im Winter, wenn die andern Gebiete der Sierra Nevada unter dicken Schneemassen liegen, trifft man sich in der Wüste. Einzelgänger finden meist problemlos Anschluss, oder sie vertreiben sich die Zeit an den unzähligen Boulderfelsen.

Ganzjährige Klettersaison

Die Klettersaison im Joshua Tree N.P. beginnt früh im Oktober und dauert bis April oder März, dann ist es dort sonnig und angenehm warm. Im Park gibt es im Jahresdurchschnitt etwa 17 cm Nieder-

Aufstieg durch die Route « Double Cross » ( 5.7in der Westwand von The Old Woman. Der Name ergibt sich aus dem Risssystem im oberen Teil.

schlag, wovon fast die Hälfte in den Sommermonaten fällt ( Vergleich: im Schweizer Mittelland liegen die Niederschlagsmengen bei ca. 100 cm ). Wer es erträgt, bei 95° F ( ca. 35°C ) zu klettern, der kann es auch im Sommer versuchen, allerdings im Schatten, denn an der Sonne steigt das Thermometer noch wesentlich höher.

Nur wer sich seiner Fähigkeiten absolut sicher ist, darf sich so in die Kletterei hineinwagen: in der Route « Double Cross » ( 5.7in der Westwand von The Old Woman.

Für Rissklettereien « tapen » Kletterer ihre Finger und Hände, um sie so vor Verletzungen durch die scharfe Felsoberfläche zu schützen.

In der senkrechten Risskletterei der f ive-star-Route « Illusion Dwellers » ( 5.10b ) sind die besten Griffe und Tritte in den Spalten zu finden. Alles Sicherungsmaterial muss selbst gelegt werden.

In der Sentinel West Face: Von links zieht sich die Route « Illusion Dwellers » ( 5.10bempor, und über den von rechts kommenden Riss verläuft die Route « The Chameleon » ( 5.12b.

Sport- und Wettkampfklettern

Internationales Kletterpublikum

Klettern aus Leidenschaft betreibt auch James S. Lombard III., ein Kellner mit britischen Ahnen, aus El Portal am Tor zum Yosemite National Park. Mit nacktem Oberkörper, die langen blonden Haare zu einem Zopf geflochten, bewältigt er leichtfüssig die meisten Routen an den Felsgruppen The Old Woman und Chimney Rock unweit des Campingplatzes im Hidden Valley. Im Winter, wenn seine Lodge geschlossen und er ohne Arbeit ist, trifft man ihn meist irgendwo in den südlich gelegenen wärmeren Hochwüsten beim Klettern. Das Leben in dieser abgelegenen rauhen Gegend ist billiger, mit seinen

Kollegen hat er viel « fun », und weil sich die Gelegenheit bietet, besucht er auch seinen Vater, den er seit acht Jahren nicht mehr gesehen hat.

Die Gemeinschaft der Kletterer ist zufällig, bunt gemischt und international. Alberto aus Vancouver wartet seit einer Woche auf französische Kolleginnen. Der Stukkateurmeister aus Italien hat jahrzehntelang in Österreich gearbeitet und lebt nun in Britisch Kolumbien, Kanada, und in den kalten Wintern fährt er in die Wüste zum Klettern. Mit seinem ausgebauten VW-Bus ist er mobil und überall zu Hause. Da an der Infowand beim Parkplatz keine Nachricht für ihn hängt, bouldert er mit seinem neuen C-4-Gummi an den Fussen voller Begeisterung in der Hoffnung, bei Gelegenheit doch noch Kletterkumpane zu finden.

Natur pur

Obwohl die Temperatur in der Nacht gelegentlich unter den Gefrierpunkt sinkt, schlafen viele nach einem gemütlichen Barbecue im Schlafsack unter dem Sternenhimmel und lassen sich am Morgen von den wärmenden Sonnenstrahlen an der Nase kitzeln, mischen sich anschliessend ein Müesli oder brutzeln Eier mit Speck auf dem Kocher und steigen direkt vom Frühstückstisch in die nächste Route hinter dem Zelt ein. Auch wenn der Campingplatz ausgebucht ist und keine freien Plätze mehr verfügbar sind, herrscht in den Klettereien kein Gedränge, wie man es bei uns in beliebten Routen erleben kann. Das Gebiet ist so riesig, und die Möglichkeiten sind derart immens, dass man eigentlich immer einen Ort findet, wo man für sich bleiben und die Natur pur erleben kann.

< û Bizarre Felsformen wie in einem Märchenland und grüne Bäume, wo kein Wasser f Messt; der Joshua Tree National Park ist voller Überraschungen.

Zum Beispiel führt ein enger Pfad ins versteckte Real Hidden Valley, ein abgeschlossenes, von aussen nicht einsehbares Tal. Früher sollen hier Viehdiebe ihre Beute versteckt und die Brandzeichen der Tiere abgeändert haben. Am Felskranz, der das Tal wie einen riesigen Gartenzaun umschliesst, tummeln sich heute ein paar Kletterer. Ein kurzer, mit Informationstafeln versehener Rundweg bringt dem interessierten Besucher Geschichte, Geologie, Flora und Fauna des Gebiets näher. Am westlichen Ende führt ein Bachbett weiter durch Gestrüpp und über Felsstufen. Neugierig folgen wir diesem und stossen so auf den Lost Horse Wall, eine versteckte Wand mit Routen bis zu fünf Seillängen. Ein drahtiger Athlet mit getapten Händen versucht sich am

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überhängenden Einstieg der sehr anspruchsvollen Route « Headbangers'Ball » ( 5.11 c, muss jedoch angesichts der Schwierigkeit ( UIAA 8/8+ ) kapitulieren, weshalb er als nächstes einen etwas leichteren Aufstieg wählt. Der Ort ist nicht überlaufen und bietet mehr noch als die kurzen Routen anderer Gebiete dem Kletterer das Gefühl, am Berg zu sein und sich nicht nur mit den reinen Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Auch erfolgt hier der Abstieg über grosse Blöcke auf der südöstlich gelegenen « Rückseite ». Die Wand selbst ist nicht zum Abseilen eingerichtet, und nur in der schwierigsten Route stecken ganze neun Haken!

Wandern in der Wüste

Natürlich bietet auch der Joshua Tree N.P. mehr als nur Kletterfelsen. Im höher gelegenen, zur Mojave-Wüste gehörenden westlichen Teil befindet sich zum Beispiel die Oase der 49 Palmen, ein stiller Ort, an dem dank des Wassers die Wüste blüht, Vögel

zwitschern und Schmetterlinge überwintern. Etwas anstrengender, aber wegen des einmaligen Rundblicks nicht weniger lohnend ist die Besteigung der Ryan-Berge, wo noch die Spuren des letzten Wü-stenbrandes zu sehen sind: Verkohlte Kakteen-strünke und Joshua Trees ragen in den Himmel. Dem Wanderer drängt sich die Frage auf, wie bei den wenigen Pflanzen ein Feuer überhaupt um sich greifen und so viel Schaden anrichten kann.

Ausflüge zu Fuss in die Wüste haben immer etwas Meditatives an sich, die Ruhe der Natur schlägt jeden in ihren Bann und verhilft zu besinnlichen Momenten. Speziell am Morgen früh, wenn man mit der aufgehenden Sonne auch Hasen, Roadrun-ner und Vögel sehen, oder abends, wenn man die Koyoten beim gemeinsamen Jagen beobachten kann, entwickelt sich ein Gefühl des Einsseins mit der Natur. Dadurch wird das Interesse dann auch auf kleine Dinge wie die golden leuchtenden Harz-tropfen an einem Juniper Tree ( Wacholderbaum )

Zum Bouldern finden sich unzählige Felsen mit allen nur möglichen Formen und Schwierigkeiten.

Phantastische Felsformen finden sich über den ganzen westlichen Teil des Parks verstreut; hier eine Formation in der Gegend von Jumbo Rock im Morgenlicht.

gelenkt. Es lässt uns sogar die scharfen gebogenen Dornen des Wait-a-Minute-Buschs ( auch Cat-Claw-Bush ) mit Faszination studieren.

Die bizarren Formen der sich in warmen Gelbtö-nen präsentierenden Felsbrocken versetzen uns immer wieder in Staunen, und wir wähnen uns in einem Hollywood-Western aus den fünfziger Jahren oder schlicht in einer Märchenlandschaft. Hier ein Gugelhupf, dort ein Sandkuchen. Über das ganze Gebiet verstreut lässt sich noch eine Unzahl weiterer eigenwilliger Felsgestalten entdecken, die an Elefanten erinnern oder einem kahlen Schädel ähnlich sehen. Die Phantasie läuft auf Hochtouren und schafft immer neue Vergleiche und Bilder. Kriecht dort nicht eine gigantische Schildkröte? Wer hat diesen Menhir aufgestellt? Welcher Teufel spielte mit dem tonnenschweren Granitball Tennis und klemmte ihn schliesslich zuoberst in eine Scharte? Die Natur führt uns an der Nase herum, und wir staunen immer wieder über ihren Einfallsreichtum.

Ein Park, zwei Wüsten

Der östliche und tiefer gelegene, zur Colorado-Wü-ste gehörende Teil ist für den Kletterer uninteressant, dafür wird er die Kaktusfreunde um so mehr anziehen. Verschiedene Arten des Cholla-Kaktus besiedeln dieses trockene Gebiet, man könnte fast von Kaktuswäldern sprechen. Dazu gesellen sich auch einige Ocotillos, buschartige, mit kleinen Blättern und Dornen bewachsene Stangen von bis zu fünf Metern Länge, die nach Regenfällen an den Enden feurig rot blühen.

Eine Woche genügt auch für diesen Park nicht, denn er hat ungleich mehr zu bieten als man in sieben Tagen erkunden kann. Leider nehmen sich viele Reisende heute nicht einmal zwei Tage Zeit, um die Schönheit der Wüste zu erleben.

Informationen

Allgemeine Angaben

Joshua Tree ist ein Nationalpark. Eintrittsgebühr: 5 US$ pro Fahrzeug, 7 Tage gültig, oder 15 US$ für den Joshua-Tree-Jahrespass oder 25 US$ für den Golden-Eagle-Pass, der für alle Nationalparks während eines Jahres zum Eintritt berechtigt; maximale Aufenthaltsdauer pro Jahr im selben Park: zwei Wochen.

Adresse für Ausrüstung vor Ort

Mountain Equipage, Nomad Ventures, in: Joshua Tree, 61795-A, 29 Palms Hwy., Tel. ( 619 ) 366-4684

Schwierigkeitsbewertung

Die Bewertung der Schwierigkeiten erfolgt nach amerikanischem System YDS ( Yosemite Decimal System ), beginnend mit 5.0, wo Seil und Sicherung nötig werden ( 5.7 entspricht dann etwa 5+ UIAA, 5.10b etwa 7- UIAA, 5.11 c etwa 8/8+ UIAA ).

Der bei uns in den letzten Jahren üblich gewordenen Plaisir-Bewertung - ohne jedoch den Absi-cherungsstandard einzubeziehen - entspricht die Star-Wertung, die von einem bis zu fünf Sternen reicht. Je mehr Sterne eine Route hat, desto genussreicher soll sie sein. ( Natürlich ist auch diese subjektive Bezeichnung mit Vorsicht zu geniessen. )

In der Route « Pinched Rib » ( 5.10ban der Westseite des Chimney Rock

lugend-lnfos,Berichte, I-Aktivitäten

attività dei giovani Activités jeunesse

Die beiden mobilen Kletterwände stehen allen SAC-Sektionen zur Verfügung; die Jugendverantwortlichen der Sektionen sind im Besitz der nötigen Informationen für die Reservation. Auch für dieses Jahr sind noch einige Termine frei. Wäre doch was, nicht?

Markus Ruff, Jugendbeauftragter SAC

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