Mit geteiltem Brett doppelte Freude
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Mit geteiltem Brett doppelte Freude Auf Touren weniger Gewicht auf dem Rücken

Am Anfang war das Splitboard, oder so ähnlich. Das in zwei oder drei Teile zerlegbare Brett wurde jedenfalls lange vor den Schneeschuhen für Snowboardtouren verwendet. Wegen Konstruktionsmängeln geriet es aber wieder in Vergessenheit. Doch seit einigen Jahren erlebt das Splitboard ein Revival.

«Ich sage mir jeden Winter, im Frühling nehme ich die Schneeschuhe wieder hervor », doch seit rund vier Jahren ist Markus « Kuse » Kälin, ein Snowboardtouren-Urgestein aus dem Glarnerland, seinen Splitboards von Voilé und Burton treu. Kuse ist definitiv angefressen vom Touren, egal ob bei Sonnenschein oder im Schneesturm. Wenn es richtig hudelt und stürmt, zieht er auf seiner Terrasse oberhalb von Schwanden die Felle auf die zwei Bretthälften, fixiert die Bindungen mit einem Splint und zieht seine Spur wie schon unzählige Male zuvor auf die schöne Schünau, seinen Hausberg. Rund 35 Mal ist er auf dem Tödi gestanden und in Kanada war er auch schon zum Snowboardtouren. « Die Skifahrer dort haben uns belächelt, als wir mit den Brettern ankamen. Am Ende waren es dann aber wir mit den Splitboards, die durch den hüfttiefen Schnee fertig gespurt haben. Und auch in der Abfahrt waren wir mit den Brettern im tiefen Schnee vergleichsweise ganz gut unterwegs. » Nach vierzehn Tagen hatten Kuse und sein Freund rund 24 000 Höhenmeter in den Beinen. « Danach sind wir aber auf dem Zahnfleisch gegangen », meint er lachend. Das « Pulverwerkzeug » Der Grund für die staunenden Blicke der Kanadier ist einfach. Praktisch kein anderes Aufstiegsgerät erzeugt so viel Auftrieb im Schnee wie das Splitboard. Es ist ein regelrechtes « Pulverwerkzeug ». Hinzu kommt die beflügelnde Tatsache, dass im Vergleich zum Snowboardtouren mit Schneeschuhen, wo das Brett auf dem Rücken getragen wird, ca. 5–6 Kilo weniger Last auf die Schultern drücken. Die Angriffsfläche ist an windigen Tagen ebenfalls viel kleiner und es schüttelt die Aufsteigenden denn auch bedeutend weniger. So wird das Anlegen einer Spur auch in tiefstem Pulverschnee zu einer freudigen Mission. Kommen zum Neuschnee auch noch längere Distanzen oder viel Gepäck hinzu, zeigt sich das Splitboard von seiner besten Seite und wird enorm effizient. Dass es sich bei snowboardenden Tourengehern noch nicht durchgesetzt hat, könnte mit seiner Konstruktionsgeschichte oder den, im Vergleich zu Schneeschuhen, deutlich höheren Anschaffungskosten zusammen hängen. Die Bretttüftler Für einmal waren es nicht Amerikaner, nein es waren zwei Bayern, welche vor mehr als zwanzig Jahren auf die Idee gekommen waren, ein Snowboard « auf Touren zu bringen ». Stefan Schiele und Werner Früh zerlegten ein Brett der Länge nach in drei Teile. Die Streifen versahen sie mit einer Kante und einer Bindung, und voilà, aus dem Snowboard war ein Paar Ski entstanden. Doch das war erst die eine Hälfte der Erfindung. Wirklich raffiniert wurde die Sache erst, weil sie aus den Einzelteilen mit wenigen Handgriffen wieder ein Snowboard montieren konnten. Mit dieser Konstruktion wollten sie bequem den Berg hinauf steigen und wie gewohnt hinab surfen, so jedenfalls die revolutionäre Idee der beiden Tüftler. Damit war das Splitboard geboren; und dies in einer Zeit, als noch Neonfarben und Schwalbenschwanz-Bretter die Snowboarderszene prägten. Trotz eines Booms bei snowboardenden Tourengehern geriet das Splitboard in den Jahren danach aber etwas in Vergessenheit. Konstruktionsmängel und das Aufkommen der Schneeschuhe drängten die geniale Idee in den Hintergrund. Doch begeisterte Tüftler arbeiteten im Stillen weiter. Fünf Jahre nachdem die beiden Bayern, Stefan Schiele und Werner Früh 1989 ein Schutzrecht auf dreiteilige Snowboards angemeldet und wenig später eine erste Serienproduktion unter dem Namen T3 gestartet hatten, kamen die Gründer des heute am meisten verbreiteten Voilé-Bindungssystem auf eine fast gleiche Idee. Brett Kobernik und Mark Wariakois aus den USA liessen 1994 das erste zweiteilige Splitboardsystem patentieren. Ein Jahr später kamen die ersten zweiteiligen Splitboards auf den Markt. Das Voilé-System hat sich dabei als grosser Wurf entpuppt. Zwar wurde es im Detail weiter perfektioniert, es hat sich aber vom Prinzip her als das Splitboard-Bindungssystem schlechthin durchgesetzt. Und so sind heute nicht nur Voilé Splitboards mit dieser Technik ausgerüstet, auch die meisten anderen Bretthersteller beziehen bei Voilé die Lizenz, damit sie die Bindung auf ihre Splitboards montieren und verkaufen dürfen. Eine Ausnahme gibt es: Atomic entwickelte vor rund zwei Jahren ein eigenes Splitboard mit Bindung. Poacher nennt sich das Modell, welches durchaus funktioniert und vor allem auch preislich überzeugt. Härtetest vom Profi Ein Fan dieses relativ neuen Splitboards von Atomic ist Extremsportler Ueli Kestenholz. In seiner zweiten Auflage ist es fast ausschliesslich aus recyclierten Materialien gefertigt. So verwendet Atomic Bambus für den Flex des Brettes: « Ich war zu Beginn skeptisch, ob das Ding wohl auch bei harten Abfahrtsbedingungen taugt. Als ich mich aber erst einmal an die etwas spezielle Form gewöhnt hatte, war es wunderbar zu fahren, auch auf der Piste », so Kestenholz, « Am liebsten aber gebe ich neben der Piste Vollgas » meint er. Denn in der Abfahrt verhalten sich die geteilten Bretter im Pulverschnee wie normale Boards. Es geht keine Schneeflocke Spass verloren, im Gegenteil. Splitboards werden speziell für das Fahren Abseits der Pisten entworfen und haben so zum Beispiel mehr Auftrieb im Pulverschnee, ermöglichen durch spezielle Taillierungen sanftere Kantenwechsel und erleichtern die Steuerung dank nach hinten versetzter Bindungsbohrungen. In sehr hartem Schnee zu wenig Druck Doch gibt es keine Medaille ohne Kehrseite. Kuse erzählt: « Beim Aufstieg, in einem steilen Gipfelhang, stand ich in einer Spitzkehre, als der Splitboard-Ski unter mir wegrutschte. Ich stürzte nach vorne mit dem Kopf nach unten und rutschte mit einem Höllentempo den hart gefrorenen Hang hinunter… ». Das er nur mit Prellungen, Schürfungen und Verbrennungen davon kam, war pures Glück. Auch ich musste immer wieder feststellen: Bei sehr hartem Schnee ist es auf dem Splitboard schwierig, auf den Kanten Halt zu finden. Da bleibt nur eines: Die ca. 20 cm langen Harscheisen montieren, welche sich unter der Bindung tief in den Schnee krallen. Wo Skifahrer noch gemütlich ohne Harscheisen unterwegs sind, da montiert die vorausbli- ckende Splitboarderin schon die scharfen Eisen. Der fehlende Kantendruck rührt von den weichen Softboots und herkömmlichen, wenig steif gebauten Snowboardbindungen her. Diese funktionieren im Pulverschnee problemlos, in steilen Traversen machen sie aber Ärger. Die Kraftübertragung bei zu weichen Schuhen und Bindungen ist nicht genügend gross, um damit im steilen, nicht trassierten Gelände zu gehen. Neuere Softboot-Bindungen von Spark R&D und Voilé, welche speziell für die Splitboards entwickelt wurden, bringen die Kraft etwas besser auf die Kanten und sparen auch noch Gewicht. Optimal für die Kontrolle ist jedoch ganz klar die Variante Schalenschuh und Plattenbindung, wie beim Tourenski. Erschwerend in steilen Traversen ist bei den zweiteiligen Splitboards sicherlich auch die Breite der Skis. Hier versprechen dreiteilige Bretter, wo die Skis nicht breiter als normale Tourenskis sind, bessere Resultate. Und was ist aus dem dreiteiligen System T3 der Bayern geworden? Es gibt es noch immer und wird von « Jester Snowboards » und « Powder Equipment » in Konstanz auf Bretter gebaut. Laut den Erfindern lässt es sich mit den Brettern in Skibreite viel leichter traversieren als mit den breiteren Zweiteilern. Eine vorhandene Skispur kann so ebenfalls effizienter genutzt werden. Dafür sind diese Bretter schwerer, die Konstruktion komplexer und am Rücken trägt man doch wieder eine lange Latte, das dritte Mittelteil eben. Im Vergleich zum Voilé-System schaffte dieses System vermutlich genau aus diesen Gründen nie den Durchbruch. Schöne Aussichten Ohne Brett auf dem Rücken und gemeinsam in einer Spur gehend, kommen sich Snowboardtourer und Skitourer nicht nur optisch näher. Snowboardtourer, welche oft mit Skifahrern unterwegs sind, wissen, wie anstrengend es sein kann mit den Schneeschuhen bei jedem Schritt in der Skispur 20 cm einzusacken. Wer also aus solchen Gründen auf die Ski zurücksteigen möchte, dem muss hier unbedingt das Splitboard empfohlen werden. So rasant wie sich die Splitboard-Technologie in den vergangenen Jahren entwickelt hat, werden die Bretter wohl noch besser. Auch die Nachfrage dürfte steigen. Ein Wermutstropfen liegt einzig in den relativ hohen Anschaffungskosten. Für ein neues Brett mit Bindungen, Fell und Harscheisen müssen zwischen 1200 und 1800 Franken hingelegt werden. Nach den ersten befreienden Schritten im frischen Pulver dürfte diese Investition aber schnell vergessen gehen. Tipps und Infos zum Splitboard Bretter Es gibt mittlerweile eine breite Palette an Splitboards in allen Längen und Formen. Unter www.4 mountains.ch finden sich nicht nur verschiedene Modelle mit dem Voilé-Bindungssystem, sondern es gibt auch immer wieder Möglichkeiten verschiedene Bretter und Bindungen zu testen. Kommende Testdaten: 22.–23.1.2011 St. Antönien; 26.–27.2.2011 Schwarzwaldalp Bindungssysteme Das « Atomic Poacher»-Splitboard wird inklusive den speziell dafür entwickelten Softbindungen verkauft. Das Umrüsten wird mit den mitgelieferten Harscheisen getätigt, was etwas gewöhnungsbedürftig ist und bestimmt noch verbessert werden kann. Das Voilé-Bindungssystem ist einiges ausgereifter. Auf dieses kann entweder eine eigene Bindung, oder eine speziell nur für das Splitboard konzipierte Bindung von Spark R&D oder Voilé montiert werden. In diesem Fall spart man zwar viel Gewicht, aber bestimmt kein Geld. Das T3-System wird vom Erfinder Werner Früh nach wie vor angeboten. Wie gut es sich im Gelände bewährt, konnte im Rahmen dieses Tests leider nicht in Erfahrung gebracht werden. Zu beziehen sind die Bretter bei Powder-Equipment in Konstanz. Felle sind bei allen Splitboards inklusive und aus dem gleichen Material wie Skitourenfelle. Harscheisen gibt es für alle Bindungssysteme und gehören zu jeder Splitboard-Tour ins Gepäck. Steigeisen Wer mit Softboots unterwegs ist, egal ob mit Schneeschuhen oder teilbarem Brett, sollte immer Steigeisen im Rucksack haben. Schuhe Es eignen sich sowohl Softboots wie Skitourenschuhe mit Plattenbindung. Wenn man sich für Softboots entscheidet, dann am Besten ein möglichst steifes Modell wählen. Infos im Internet Splitboard-Plattform: www.splitboarders.ch Splitboard mit Voilé-Systemen: www.4 mountains.ch; www.splitboards.eu Atomic Splitboard: www.atomicsnowboarding.com/#/poacher Splitboards mit dem T3-System: www.powderequipment.de www.jester-snowboards.de www.t3-splitboard.de

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