Pro Stockhilfe im Gebirge
Unterstütze den SAC Jetzt spenden

Pro Stockhilfe im Gebirge

Ausgangslage Sind es das fortgeschrittene Alter, die lange, hagere Gestalt mit hohem Schwerpunkt, die beginnenden Arthrosen in den Knien und Hüften oder die verlangsamte Reaktionsfähigkeit, die mich zum entschiedenen Befürworter von Stockhilfen machen? Sicher sind dies für mich im jetzigen Zeitpunkt wichtige Argumente. Doch schon früher, in der « guten alten Zeit » vor 20 Jahren, wusste ich die Wohltat der Stockhilfe zu schätzen, so z.B. auch am Aconcagua, damals noch mit den schwereren, nicht ausziehbaren Stecken.

Für eine Stockhilfe sich aussprechende Untersuchungen ' ." " .1 - Messungen von Dr. med. G.Neu-reuther haben ergeben, dass die Druckentlastung in den Beinen durch den Gebrauch der Skistöcke enorm ist.

In den letzten Jahren sind verschiedene kontroverse und z.T. von kommerziellen Anbietern finanzierte Artikel über die Vor-und Nachteile des Gebrauchs von Wanderstöcken publiziert worden. Die in Nachbarländern teils sehr heftig geführten Auseinandersetzungen haben auch bei uns zu einer allgemeinen Verunsicherung geführt.

Es gibt medizinisch gesehen viele gute Gründe für den Gebrauch von Stöcken, aber auch viele wichtige Argumente dagegen. Damit sich die Leser selber eine Meinung zu diesem Thema bilden können, haben sich zwei Mitglieder der Schweiz. Gesellschaft für Gebirgsmedizin ( SGGM ) mit dem Einsatz von Wanderstöcken befasst. Dr. Ramon Meier hat einen Beitrag für und Dr. Urs Wiget einen kritischen Beitrag gegen die Benützung von Wanderstöcken geschrieben. Zusätzlich möchten wir auf das bereits in den ALPEN ( MB 12/94, S.582 ) publizierte Informationsblatt der UIAA aufmerksam machen, das den ständigen Stockeinsatz eher kritisch beurteilt.

Im weiteren wird von der Physio-therapeutin Martina Hersberger1 eine Fragebogenerhebung über den Gebrauch von Wanderstöcken im Schweizer Alpenraum gestartet. Wir bitten Sie, bei dieser Umfrage möglichst zahlreich mitzumachen, damit dieses kontroverse Thema besser ausgeleuchtet werden kann.

Bruno Durrer, Lauterbrunnen Druckentlastung durch Skistöcke bei achtstündigem Gehen bergauf und bergab Eine Untersuchung des Institutes für Biomechanik in München vom Okt. 1994, bei der Sensoren in die Bergschuhe eingebettet wurden, wies beim Gebrauch von Stöcken eine starke Entlastung der Beinge-lenke beim Bergabgehen nach. Weiter liegt ein Projektbericht ( Projektleiter Univ. Prof. Dr. Erich Müller ) vor, aus dem nachstehende Schlussfolgerung zitiert wird: « Die Untersuchungsergebnisse haben sehr deutlich gezeigt, dass'Die Adresse für den Bezug des Fragebogens findet sich im Aufruf im Anschluss an die beiden Beiträge über Wanderstöcke ( vgl. S. 16 ).

.'Titel unter Literatur aufgelistet 2 Durch den Artikelverfasser hervorgehoben die Verwendung von Bergstöcken beim Bergabgehen zu beachtlichen Entlastungen des Kniegelenkes führen kann. Davon dürften zunächst vor allem Personen mit bereits geschädigten Kniegelenk-strukturen profitieren. Durch die geringen Kräfte bzw. Momente im Kniegelenk können Schmerzen vermieden, zumindest jedoch reduziert werden. Dem Verwenden von Skistöcken dürfte auch eine sehr grosse präventive Funktion zukommen. Einerseits kann bei Personen, die sehr häufig berg-wandern, das Auftreten von Gelenkschäden vermieden, zumindestens jedoch verzögert werden, anderseits kann durch den reduzierten Krafteinsatz der Bein-streckmuskulatur das Ausmass der Ermüdung und somit auch die Verletzungsgefahr verkleinert werden. »2 Argumente und Gegenargumente zur Verwendung von Stöcken Ich kenne die Argumente gegen die Stockbenützung wohl, es sind dies die vermeintliche Verminderung des Balancegefühls, die muskuläre koordinative Minderleistung und die angeblich zu geringe Entlastung, um einen prophylaktischen Effekt auf den Gelenkverschleiss zu haben ( diese Aussagen können nur gefühlsmässig gemacht werden, med.wissenschaft-liche Untersuchungen sind nicht möglich ). Die Unfälle, die sich durch die Stockbenützung, wegen Vergrösserung der Standfläche und wegen fehlender Ermüdung und dank Auffan-gens mittels Stockhilfe, nicht ereignet haben, sind ebenfalls nicht zu zählen, gewichten aber schwer bei der Frage: « Stockhilfe ja oder nein ?» Das Stolpern über die eigenen Stöcke ( dem man auch mit Übung aus dem Wege gehen kann ) oder der Sturz wegen Abgleitens des Stockes beim Bodeneinsatz ( wer kennt demgegenüber die Stürze ohne Stock, bei denen ein Stockeinsatz Rettung bedeutet hätte ?): Es sind dies alles Gegenargumente, die aber nicht genügen, um vom Gebrauch der Stöcke abzuraten. Der Stockeinsatz beim Bergansteigen hilft, das Auftreten von Ermüdung in den Beinen hin-auszuzögern, auch können hohe Stufen in ruppigen Bergweglein kräfte-schonender überwunden werden.

Worauf besonders zu achten ist Es sollten dreiteilige Stockhilfen mit kleinen Tellern am Stockende verwendet werden. Eine gute Verschrau-bung der einzelnen Teile ist sehr wichtig, damit beim Abstützen auf den Stock keine unbeabsichtigte, plötzliche und gefährliche Verkürzung mit Sturzfolgen entstehen kann. Dreiteilig sollen die Hilfen sein, damit sie im Rucksack verstaut werden können, wenn das Gelände zu coupiert ist und der Gebrauch der Hände notwendig wird, auch soll in einfachem Gelände auf die Stockhilfe verzichtet werden, um so dem Balancegefühl des Körpers und dem Gelenk- und Muskelspiel freien Lauf zu lassen. Meiner Meinung nach ist nicht anzunehmen und kaum zu beweisen, dass durch ständigen Gebrauch der Stöcke Gleichgewichtseinbussen eintreten.

Nach meinen Erfahrungen lohnt es sich, die Stöcke beim Anstieg relativ kurz zu wählen, um beim Abstossen die Ellbogen durchstrecken zu können, beim Abstieg dagegen sollen die Hilfen eher lang gewählt werden. Skistöcke mit breiten Schlaufen eignen sich gut, weil dann der Stockgriff nicht immer umklammert werden muss und so durch das Öffnen der Faust Fingerverkrampfungen entgegengewirkt werden kann. Bei schon bestehenden Fingerschmerzen und bei Handgelenkschmerzen ( verursacht durch Arthrosen, Rheuma oder Car-paltunnelsyndrom ) ist vom Gebrauch der Stockhilfen abzusehen.

Persönliche Beurteilung Gebrauchen Sie ruhig Stockhilfen, « probieren geht über studieren ». Vielleicht sind Sie freier ohne Stöcke, vielleicht sind die Stöcke aber für Sie segensreich und erleichtern Ihnen das Bergauf- und -absteigen.

Dr. med. Ramon Meier, Goldach Literatur « UIAA Hiking Sticks », in: Mountaineering 1994, Vol. 3 « Der Skistock im Sommer », G. Neureuther in: Münch. med. Wschr. 123 ( 1981 ) Nr. 13 Studie zur Reduzierung der Belastung für das Knie beim Bergabgehen durch den Einsatz von Bergstöcken, BASis Munich, Ridlerstrasse 31, 80339 München ( Institut für Biomechanik ), Auftraggeber Leki Sport Referat für Bergsteigen, Ausbildung und Sicherheit, Wolfgang Pohl 24.9.93 Brief Reinhold Messner an Leki Sport Ob die Verwendung von Wander- und Skistöcken im Gebirge, beim Auf- und beim Abstieg, mehr Vorteile oder mehr Gefahren bringt.

ist weniger eindeutig zu beantworten, als es auf den ersten Blick den Anschein macht.

Feedback