Über Alpweiden zu den Alpengipfeln. Alpwirtschaft und Alpinismus
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Über Alpweiden zu den Alpengipfeln. Alpwirtschaft und Alpinismus

Alpwirtschaft und Alpinismus

Über Alpweiden zu den Alpengipfeln

Verwenden der Bergbauer und der Alpinist den Begriff Alpen, füllen sie ihn mit unterschiedlichen Bildern. Das Zusammenführen der sich daraus ergebenden Ansprüche und Bedürfnisse ist aber je länger desto mehr die Voraussetzung dafür, dass die Schweiz ihr Kapital « Berge » bewahren kann.

Alpinisten geniessen auf dem Anmarsch zu den Alpengipfeln schon unterhalb der Waldgrenze die Aussicht und können sich orientieren. Sie sind sich gewohnt, bis auf 2200 m Hütten und während des Alpsommers Älpler anzutreffen. Eine Selbstverständlichkeit? Nur bedingt, denn diese « Kulturlandschaft » ist das Werk harter Hände. Ein Werk, das in der gebirgigen Schweiz eine besondere Bedeutung hat und dessen Grundlagen in der Bundesverfassung in Art. 104 1 festge- halten sind.

Vom Alpenbogen zum Alpkäse

Unter « Alpen » versteht man sowohl den Gebirgszug von der Côte d' Azur bis zum Balkan als auch die zeitweise bewirtschafteten und bewohnten Gebiete und Gebäude in der Sömmerungszone in den obersten landwirtschaftlich nutzbaren Gebieten. « Alpen » oder « Berge » sind seit Generationen genau umschriebene und organisierte Geländeteile. Sie werden zu bestimmten Zeiten im Frühsommer mit Vieh bestossen und im Herbst wieder entladen, oft gemäss Vegetationsstadium gestaffelt, weshalb die Alphütten nicht immer den ganzen Sommer besetzt sind. Die Milch der Tiere wird zu schmackhaften und wertvollen Produkten verarbeitet, wobei die Alpkäseherstellung neben der Viehaufzucht der bedeutendste Zweig der Alpwirtschaft ist. 2 Der Bezug der Stafel heisst Berg- oder Alpfahrt bzw. Alpaufzug. Älplerinnen und Älpler gehen « z'Alp » oder « z'Bärg », so wie auch die Alpinisten « z'Bärg » gehen: Die einen « fahren » für einen Sommer auf ihre Alp, die anderen besteigen Berggipfel, « über Alpweiden zu den Alpengipfeln ».

Nachhaltige Bergland- und Alpwirtschaft

Die Berglandschaft wird oft als Gegenpol zur Stadtlandschaft aufgeführt. Eine ihrer Stärken liegt darin, dass sie als Randgebiet das Miteinander von Natur und Kultur noch leben kann. Beim « Wie » prallen aber oft die unterschiedlichen Interessen von Bauern, Tourismus und Naturschutzkreisen aufeinander, so auch in der Interpretation von nachhaltiger alpwirtschaftlicher Nutzung. Diese kann sich nur entfalten, wenn sie ökonomische, ökologische und sozio-kultu-relle Aspekte vereint, also Kapital und Natur- und Kulturlandschaften nutzt, ohne sie anzugreifen bzw. zu schädigen, und den Bewohnern eine Betätigung im Einklang mit der Umwelt und mit sich selber ermöglicht. Ein Beispiel für diese Nachhaltigkeit sind die Sömmerungsalpen. Diese sind « geseyt », d.h., sie werden für eine bestimmte Zahl von Tieren während einer festgelegten Zeit freigegeben, damit sie weder über- noch unternutzt werden. Weidenutzung und Weidepflege ( Pflicht-tagewerke ), in einer jahrhundertealten Tradition verankert, tragen erwiesenermassen zur Artenvielfalt bei. Von der Pflege der Berglandschaft durch Berg- 1 Art. 104 der Bundesverfassung hält u.a. fest: « Der Bund sorgt dafür, dass die Landwirtschaft... durch eine nachhaltige... Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur... Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und Pflege der Kulturlandschaft;... dezentralen Besiedlung des Landes. » 2 Internetseiten zur Unterstützung der Berg-land- und Alpwirtschaft: www.alporama.ch mit Alpverzeichnissen und entsprechender Literatur; www.alpverein.ch; www.alpwirtschaft.ch; www.aoc-igp.ch; www.bergbeizli.ch; www.casalp.ch; www.ig-alp.org; www.inforama.ch; www.sab.ch; www.schweizeralpkaese.ch; www.zalp.ch Alpen sind eine Form von « Kulturlandschaft », entstanden aus harter Arbeit. Alpweiden am Rande der Spillgertengruppe im Obersimmental Alpabfahrt von Dürrewald und Flösch bei St. Stephan/BE. Alpen werden im Frühsommer bestossen und im Herbst wieder entladen.

Foto: Yannick Andr ea Eine Schafherde mit ihrer Hirtin unterwegs Fotos: Ernst Zbären landwirte und Älpler profitiert die ganze Bevölkerung, insbesondere der Tourismus, und damit alle Berggänger.

Von Berg- und Alpkäse

In der Schweiz ist das Berggebiet klar umschrieben. Es ist schwieriger zu bearbeiten als das landwirtschaftliche Flachland und wird meist auch weniger intensiv genutzt als dieses. Produkte, die aus diesen Gebieten stammen, werden als « Bergprodukte » bezeichnet, beispielsweise der Bergkäse, der während des ganzen Jahres hergestellt werden kann. Alpprodukten wurden schon früher besondere Eigenschaften zugeschrieben. Eines der wohl am weitesten verbreiteten Beispiele ist die Alpmilch aus Johanna Spyris Bestseller « Heidi », die mithalf, die kranke Klara aus der Grossstadt gesunden zu lassen. Tiere auf der Alp leben sehr naturnahe und müssen ihr Futter innerhalb der vielfältigen Pflanzenwelt selber suchen. Die aus dieser Milch hergestellten Produkte sind Sommersaisonpro-dukte, die meist vor Ort, also ohne lange Transportwege, in Handarbeit produziert werden und so in äussersten Randgebieten eine Wertschöpfung ermöglichen. Auch jener Senn, der z'Bärg geht, stellt also Alpkäse her, jenes Produkt, das von vielen Alpinisten am Ort der Entstehung mit besonderem Genuss verzehrt wird, wenn sie « über Bergweiden zu den Berggipfeln » gehen.

Kulturgeschichte und Tourismus

Auf Albrecht von Haller geht das breite Interesse an der Alpwirtschaft zurück. Damals begannen Wissenschaftler, Forscher und Bildungsreisende die Alpen zu bereisen. Älpler zählten aufgrund ihres Berufs in vorgeschobener Position zu den ersten Beherbergern und Gastro-nomen. Aus Vergnügen und zur körperlichen Ertüchtigung bereiste man das Alpengebiet ab Ende 18. Jh. Ab Mitte des 19. Jh. bestieg man dann die Berggipfel aus einem Leistungsgedanken heraus. Bergbauern und Älpler betätigten sich als erste Bergführer, denn sie kannten die Berge. Sie waren es auch, die als Erste Ski bei ihrer Arbeit benutzten. So erstaunt es nicht, dass wiederum Bergbauern und Älpler als Erste unter den Skilehrern und Skirennfahrern waren. Alpgebäude sind auch heute noch häufig Ausgangspunkt für Berg- und Skitouren, da sich die Nutzungen ergänzen. Trotz allem bleibt die Bergbevölkerung oft skeptisch gegenüber « Funsport », da sie in der einen oder andern Form von dem durch andere eingegangenen Risiko betroffen ist.

Bergbauern, früher oft als Säumer und Fuhrleute tätig, sind heute Bergbei- Alpwirtschaft ist zum grossen Teil auch heute noch Handarbeit. Alpbauer beim Wetzen der Sense Bergbauern leisten mit ihrer Arbeit einen grossen Beitrag zur Gestaltung der touristisch genutzten Gebiete.

Das Berggebiet ist in der Schweiz klar umschrieben. Es ist schwieriger zum Bearbeiten und wird meist weniger intensiv genutzt. Bergbauer beim Einbringen von Heu Fotos: Yannick Andr ea zer und Hüttenwarte, Bergbahnarbeiter, Pistenwarte. Zu den traditionellen Ne-benerwerbsarbeiten gehören auch das Holzen und die Holzbearbeitung. Die Bergwaldpflege dient der Sicherung von Siedlungen und Verkehrsachsen. Tages- und Ferientouristen profitieren von der Bewirtschaftung der Bergweiden und -wiesen und sind im Gegenzug Abnehmer der bergland- und alpwirtschaftlichen Produkte, sei es im Direktverkauf oder über die örtliche Gastronomie. Gerade diese beiden Aspekte zeigen, dass das optimale Zusammenspiel von Berg-land- und Alpwirtschaft mit den Touris-muskreisen eine Notwendigkeit darstellt.

Agrarreformen und Zukunftsaussichten

Anfang der Neunzigerjahre des letzten Jahrhunderts wurde in der schweizerischen Agrarpolitik eine Neuausrichtung in Angriff genommen. Seither folgen sich die Reformschritte in regelmässigen Abständen. Gegenwärtig wird der Reformschritt der Agrarpolitik 2011 vorbereitet. Im Zentrum dieser agrarpo-litischen Neuerungen steht die Entflech-tung von Preis- und Einkommenspolitik. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sollen mittelfristig ohne Unterstützung auf den Markt gebracht werden. Zur Stützung der bäuerlichen Einkommen und zur Kompensation der wegfallenden Erträge aus dem Verkauf der Produkte werden Direktzahlungen ausgerichtet. Gemäss dem Willen des Schweizer Volkes findet gleichzeitig eine Ökologi-sierung der Landwirtschaft statt. Jeder Landwirt muss den Beweis antreten, dass er seine Flächen nach den Grundsätzen des ökologischen Leistungsnachweises bewirtschaftet, wofür er mit Direktzahlungen entschädigt wird. Die Bauern sorgen neben der Produktion von Nahrungsmitteln für die dezentrale Besiedlung des Landes und dessen flächendeckende Bewirtschaftung. Gerade dadurch leisten vor allem die Bergbauern und Alpbewirtschafter einen enormen Beitrag zur Gestaltung des ländlichen Raums und der touristisch genutzten Gebiete. Der Feriengast freut sich über schön gepflegte Wiesen und Weiden, erlabt sein Auge an vielfältigen Blumenwiesen und am reich strukturierten Gelände. Doch die Idylle trügt, denn auch in der Bergland- und Alpwirtschaft schreitet der Strukturwandel ungebremst voran. Immer weniger Bauernfamilien bewirtschaften immer grössere Flächen mit entsprechend steigender Arbeitsbelastung und daraus sich ergebenden Umstrukturierungen: Die Flächen werden nicht mehr so häufig geschnitten, Wiesen werden zu Weiden und, wenn sie schwer zugänglich sind, oft ganz aufgegeben. Wenn Wiesen und Weiden verganden und verwalden, verändert sich die Landschaft und verliert mindestens teilweise ihren touristischen Reiz.

Trotz knapper Mittel und einem wirtschaftlich und politisch harten Umfeld darf es nicht dazu kommen, dass die Verfassungsaufträge nicht mehr wahrgenommen werden können. Die grossen Leistungen vor allem der Betriebe der Bergland- und Alpwirtschaft müssen weiterhin mit Direktzahlungen abgegol-ten werden können. Es muss ein erklärtes Ziel sein, die einmalige Landschaft weiterhin nachhaltig zu nutzen und zu erhalten und darin Nahrungsmittel von hoher Qualität zu produzieren. a Ernst Roth und Mar tin Jutzeler, Inforama Berner Oberland, Hondrich 3

Weiterführende Literatur

Dietl et al.: Alpwirtschaft. Zollikofen, 1994 Roth Alfred G.: Der Sbrinz und die verwandten Bergkäse der Schweiz.. " " .B.ern, 1993 Rudmann Christine: Langfristige Sicherung der Funktionen der schweizerischen Alpbetriebe. Zürich, 2004 Schmutz/Wurstemberger/Lutz: AOC, Zurück zu den Ursprüngen – Die Schweizerkäse mit geschützter Ursprungsbezeichnung. Bern, 2005 zalpverlag ( Autorenkollektiv ): Neues Handbuch Alp. Handfestes für Alpleute, Erstaunliches für Zaungäste. Mollis, 2005 3 Ernst Roth hat zusammen mit dem Fotografen Beat Straubhaar in der Reihe z'Bärg – Wege zum Alpkäse, im Weber AG Verlag Thun/Gwatt, bereits folgende Bände herausgegeben: Bd. 1: Ämter Signau, Thun, Niedersimmental, 2002; Bd. 2: Amt Interlaken, 2003; Bd. 3: Frutigland, 2004; Bd. 4: Obersimmental, 2005; Bd. 5: Saanenland, 2006 Das Leben hat in den Berggebieten einen anderen Rhythmus als in der Stadt.

Produkte, die die Bezeichnung « Alp » tragen, sind Sommer-saisonprodukte, die meist vor Ort und in Handarbeit hergestellt werden. Mutterkühe auf Gravaratschas vor dem Corn da Tinizong Bergbauern betreiben vorwiegend Milchwirtschaft. Käse aus Berg- und Alpgebieten sind beliebt.

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