Überlebensstrategie: «sünnele»
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Überlebensstrategie: «sünnele»

Um im Winter möglichst wenig Energie zu verbrauchen, lassen sich Steinböcke von der Sonne so richtig auf­wärmen. Dies zeigte eine Studie mit Tieren aus der Albrisregion im Kanton Graubünden.

Manchen schlägt das Herz im Winter höher, bei Steinböcken ist es gerade umgekehrt. Sie senken ihren Herzschlag im Vergleich zum Sommer um rund 60 %. Weil die Herzschlagfrequenz eng mit der Wärmeproduktion verknüpft ist, ist es einleuchtend, dass der Organismus diese im Winter herunterfährt, um Energie zu sparen. Somit schützt der Kreislauf den Körper, und die Überlebenschancen steigen.

 

Cool werden im Winter

Der stark reduzierte Energieverbrauch ist das wichtige Ergebnis einer Studie, die Forscher der veterinärmedizinischen Universität Wien in den Jahren 2007 bis 2009 durchführten und die sie 2011 in der Fachzeitschrift «Functional Ecology» publizierten. Für die Untersuchung rüsteten sie zehn Steinböcke und zehn Steingeissen in der Albris­region beim Berninapass mit einem Messgerät aus, das Herzschlag und Temperatur im Körper erfasst. Zudem verarbeiteten die Wissenschaftler Wetterdaten der Region.

Die Resultate zeigten, dass die tiefere Herzschlagrate einhergeht mit einer tieferen Körpertemperatur und weniger Bewegung. Steinböcke reagieren auf die Wintertemperaturen nicht mit einer höheren Wärmeproduktion und mehr Nahrungssuche, sondern sie senken die Körpertemperatur. Doch weder tiefere Körpertemperatur noch In­aktivität konnten den durch die Herzschlagrate angezeigten sehr niedrigen Energieverbrauch der Tiere erklären. Woher kommt also die zusätzliche Energie, damit die Wärmeproduktion so stark gedrosselt werden kann?

 

Zuerst sonnenbaden, dann laufen

Licht ins Dunkel brachten die Wetterdaten und die Aktivitätsmuster der Tiere. Es zeigte sich, dass die Körpertemperatur der Steinböcke nach Sonnenaufgang viel schneller steigt als die Herzschlagrate: Die Steinböcke lassen sich von der Sonne aufwärmen und verbrauchen so keine eigenen Reserven. So können sie es sich leisten, in der Nacht stärker abzukühlen, was Energie spart. Aktiv werden sie erst am Mittag, wenn die ­Sonne sie auf die ideale «Bewegungstemperatur» erwärmt hat.

Die Steinbockstudie ist für die Autoren ein Hinweis dafür, dass das Phänomen der Energieeinsparung durch tiefere Körpertemperaturen, die Heterothermie, bei grossen Säugetieren unterschätzt wird. Mittlerweile hat sich ­gezeigt, dass auch Elefanten die Körpertemperatur variieren können. Sie nutzen die Heterothermie aber nicht zum Überleben im Winter, sondern um die Sommerhitze zu ertragen.

Literatur

C. Signer et al: «Hypometabolism and Basking: The Strategies of Alpine ibex to Endure Harsh Over-Wintering Con

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