Von Schmiedefalten und Seilrissen
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Von Schmiedefalten und Seilrissen

Karabiner und Abseilachter können, wenn sie irgendwo hinunterfallen, keine Risse bekommen. Das ist nun mal technisch so bedingt, auch wenn immer wieder das Gegenteil behauptet wird; aber sie können - wenn auch sehr selten - Risse von der Fertigung haben. Vorsicht: Solche Risse sind gefährlich, die Festigkeit leidet.

Auch in den USA hat sich inzwischen ein Seilriss durch Einfluss von Schwefelsäure, aller Wahrscheinlichkeit nach aus der Autobatterie, ereignet.

e < Risse bei Karabinern und Abseilachtern Das Märchen von den Haarrissen Abseilachter und Karabiner können keine Risse, auch keine Haarrisse bekommen, wenn sie herunterfallen. Auch dann nicht, wenn es ein Fall über hundert oder mehr Meter sein sollte. Allerdings können Abseilachter und Karabiner Haarrisse von der Fertigung haben. Beim Kauf ist deshalb Vorsicht geboten.

Achten auf Schmiedefalten Wenn bei der Fertigung das Aluminium nicht ausreichend warm verarbeitet wird oder während des Press-bzw. Schmiedevorgangs in nicht ausreichender Menge Wärme vorhanden ist, dann können sogenannte Schmiedefalten entstehen, die sich an der Oberfläche als Risse - oft nur als Haarrisse - bemerkbar machen. Diese Risse reduzieren die Festigkeit ( richtig: Bruchkraft ) eines Karabiners bzw. Abseilachters. Wie gross diese Schädigung ist, lässt sich durch Augenschein nicht feststellen. Nur eine Röntgen-prüfung oder eine zerstörende Prüfung in Form eines Zerreissversuchs können Auskunft geben.

In jedem Fall handelt es sich um einen Fertigungsfehler. Je nachdem wie tief bzw. gross die Schmiedefalte ist, kann solch ein Fertigungsfehler zum Bruch des Karabiners bzw. Ab- 1 Dieser hier teilweise leicht gekürzt und zusammengefasst wiedergegebene Beitrag wurde publiziert in Deutscher Alpenverein Mitteilungen/Jugend am Berg, 49. Jg., Heft 2/97 ( April ). Wir danken dem DAV und dem Autor Pit Schubert für die Abdruckbewilligung und das Bildmaterial.

Sicherheit, Medizin, Rettungswesen seilachters und damit zum Unfall führen, so dass Regressanspruch gegen-S über dem Hersteller bzw. Sporthaus ï besteht. Schliesslich sind Karabiner c und Abseilachter Geräte, die die 5 Sicherheit tangieren. Es empfiehlt sich * also, für solch fehlerhaft gefertigte 5 Karabiner bzw. Abseilachter im Sport-Mi geschäft, wo man sie erstanden hat, 24 kostenlosen Ersatz zu verlangen. Da die Frage nach der Tiefe des Risses ( der Schmiedefalte ) kein Verkäufer beantworten kann, muss er dem Verlangen nachgeben. Am besten führt man gleich beim Kauf eine Lupe mit und überprüft die Geräte an Ort und Stelle nach möglichen Rissen ( Schmiedefalten ).

Ausmass der Bruchkrafteinbusse bei Abseilachtern Dem Sicherheitskreis wurden während der letzten eineinhalb Jahrzehnte vier Abseilachter mit solchen Schmiedefalten zugesandt. Alle vier wurden auf der Zerreissmaschine bis zum Bruch belastet. Ergebnis: Bruchkraft zwischen 14 und 23 kN ( ca. 1400-2300 kp ), das heisst, dass die Schmiedefalten so wenig tief waren ( Quer-schnittsverlust zwischen 15 und 35% ), dass einschliesslich der Kerbwirkung, die von einer Schmiedefalte ausgeht, noch keinerlei Gefahr bestand. Denn beim Abseilen und Sichern treten nur Kräfte in der Grössenordnung von 3 kN ( ca. 300 kp ) auf. Allerdings wurde von keinem der untersuchten Abseilachter mehr die vom Hersteller angegebene Bruchkraft von 20-30 kN ( ca. 2000 bis 3000 kp ) erreicht ( so bestand auch aus diesem Grund in allen vier Fällen Regressanspruch; Pro-dukthaftung: das Gerät muss die vom Hersteller angegebene Bruchkraft erreichen ).

Der Seilriss in den USA Der dunklere Teil der Bruchfläche ist die Schmiedefalte bzw. der Riss.

Abseilachter mit auffallend grosser Schmiedefalte; die vom Hersteller angegebene Festigkeit ( richtig: Bruchkraft ) 2000 kp ( ca. 20 kN ) wurde bei weitem nicht erreicht.

Schmiede falte bei Karabiner Bisher wurde dem Sicherheitskreis erst ein einziger Karabiner mit Schmiedefalte zugesandt, und der hatte diese am Nebenschenkel ( bzw. auf der Schnapperseite ), so dass sie sich nicht festigkeitsmindernd auswirkte; die ermittelte Bruchkraft lag über der, die der Hersteller auf dem Karabiner angegeben hatte. Ausserdem stellte sich nach der Untersuchung heraus, daß die Schmiedefalte nur wenig tief war. Aber das ist erst nach Durchsägen des Karabinerschen-kels feststellbar gewesen. Zuvor muss man - siehe oben - von einer sicherheitsrelevanten Schädigung ausgehen.

Schlussfolgerungen Die Tatsache, dass bei den vier genannten Abseilachtern und dem einen Karabiner noch keine Gefahr bestand, lässt allerdings keine Rückschlüsse auf andere Abseilachter und Karabiner mit Schmiedefalte zu. In anderen Fällen können die Schmiedefalten wesentlich tiefer sein, was ( siehe oben ) rein äusserlich nicht zu beurteilen ist. Grundsätzlich ist jeder Abseilachter und jeder Karabiner mit Schmiedefalte, die als Riss an der Oberfläche zu erkennen ist, auszusondern. Solche Geräte dürften gar nicht in den Handel gelangen. In diesen Fällen hat die Qualitätssicherung ( Kontrolle ) im Herstellerwerk versagt. Und das dürfte eigentlich nicht vorkommen. Im Ernstfall lässt sich die Schmiedefalte an der Bruchstelle nachweisen, und der Hersteller müsste für den entstandenen Schaden aufkommen ( falls es dem Abgestürzten noch was nützt ).

Tat solchermassen verursachte Seilrisse. Nachdem im deutschen Sprachraum drei Seilrisse dieser Art bekannt wurden2, hat sich nun im September vergangenen Jahres auch in den USA ein solcher Seilriss ereignet.

Was ist passiert? Beim Ablassen mit dem Grigri über eine Umlenksicherung ist ein Einfachseil gerissen. Alle waren perplex, da beim Ablassen und Abseilen normalerweise nun wirklich kein Seil reissen kann, nicht einmal ein uralter - sagen wir dreissigJahre alter Strick. Schliesslich liegt die Ablass- bzw. Abseilbelastung in der Grössenordnung von etwa einem Zehntel der Seilbruchkraft. Mittels Infrarotspektrographie konnte von einem Prüfinstitut in den USA der Einfluss von Schwefelsäure an der Riss- Ein weiterer Seilriss durch Schwefelsäure Verheerende Säureeinwirkung Obwohl hinlänglich bekannt ist, dass Säuren und deren Dämpfe den Seilen schaden, hat man einen Seilriss durch Schwefelsäure - zum Beispiel durch den Einfluss von Flüssigkeit aus der Autobatterie - lange nicht für möglich gehalten. Doch es gibt in der Beim Abseilen ( ebenso wie beim Toprope-Klettern ) kann kein normaler Strick reissen, es sei denn, er ist mit Säuren oder Laugen ( oder deren Dämpfen ) in Berührung gekommen; Abseilen im Verdon ( F ).

stelle nachgewiesen werden ( wie in den drei oben bereits genannten und in der Anmerkung aufgeführten Fällen ). Aller Wahrscheinlichkeit nach waren es auch in diesem Fall Dämpfe oder Flüssigkeit aus der Autobatterie, die zum Seilriss geführt haben. Der europäische Hersteller des Seils ruhte nicht und liess die Rissstelle von einem unabhängigen Prüfinstitut in Europa untersuchen mit dem gleichen Ergebnis: Einfluss von Schwefelsäure ( nachgewiesen, um sicher zu gehen, durch drei verschiedene Untersuchungsmethoden, u.a. durch Infrarotspektrographie wie bei den drei oben genannten Seilrissen, deshalb Zweifel ausgeschlossen ).

Schlussfolgerung Seile, Reepschnüre, Bänder, Schlingen, Anseilgurte -jegliche Ausrüstung aus Polyamid ( Perlon, Nylon ) -darf keinesfalls mit Säuren und Laugen, auch nicht mit deren Dämpfen, in Berührung gebracht werden. Besonders von Autobatterien ( sie enthalten Schwefelsäure ) geht deshalb eine grosse Gefahr aus! Da zudem Säureschäden nicht ( oder bestenfalls durch eine leichte dunkle Verfärbung, die man in der Regel als Verschmutzung ansehen dürfte ) zu erkennen sind, ist hier doppelte Vorsicht geboten.

Aufgrund der neuen EG-Richtlinie für PSA3 müssen die Hersteller seit dem Uuli 1995 mit jedem zum Verkauf angebotenen Ausrüstungsstück - also mit jedem Seil, jedem Karabiner, jedem Klemmkeil, auch wenn dieser noch so klein sein sollte - eine Gebrauchsanleitung mitliefern, aus der u.a. gegebenenfalls hervorgehen muss, mit welchen Stoffen das Ausrüstungsstück nicht in Verbindung gebracht werden darf. Ausserdem hat der Hersteller auch Angaben zur Lebensdauer zu machen.

Pit Schubert, München ( Dc V a 2 Zwei Seilrisse siehe DAV-Mitteilungen, Heft 2/96, Seite 171 f., bzw. DIE ALPEN 9/96, S. 26-27, ausserdem ein weiterer Seilriss siehe Sicherheit und Risiko in Fels und Eis, 1.4. Auflage, Bergverlag Rother, München, Seite 66ff. Alle drei Seilrisse wurden vom Sicherheitskreis untersucht; der Schwefelsäureeinfluss wurde vom Bayerischen Landeskriminalamt nachgewiesen.

3 PSA = Persönliche Schutzausrüstung, zu der auch die Bergsteigerausrüstung zählt; die genannte EG-Richtlinie betrifft auch die Vergabe des CE-Zeichens.

/on Hütten und Biwaks

tifugi e bivacchi

Blick in einen der geräumigen Essräume der erweiterten Britannia-Hütte < CI Q

labanes et bivouacs

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