Weniger tödliche Unfälle
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Weniger tödliche Unfälle Bergnotfallstatistik 2014

2014 sind in den Schweizer Alpen und im Jura 2456 Personen in eine Notlage geraten und mussten von der Bergrettung geborgen werden. Beim Bergsport sind 96 Menschen tödlich verunfallt, 11 % weniger als im Jahr zuvor.

Das Jahr 2014 begann mit einer ausgeprägten Südstaulage. Gemäss Meteo Schweiz wurde auf der Alpensüdseite der niederschlagreichste Winter seit Messbeginn vor 151 Jahren verzeichnet, und die Tessiner Berge versanken regelrecht im Schnee. Im Norden hingegen war die Schneelage eher dürftig und durch eine schwache Altschneedecke geprägt. Im weiteren Verlauf blieb es mehrheitlich mild, und es aperte – im Gegensatz zum Vorjahr - bereits im Juni auch in höheren Lagen aus. Doch bereits Ende Juni brachte eine erste Kaltfront kräftigen Niederschlag, und die Schneefallgrenze sank bis in die höher gelegenen Alpentäler. Während der Hochsommermonate Juli und August gab es häufige und ergiebige Niederschläge, und in den Hochalpen wurde es immer wieder winterlich. Der Herbst hingegen war überdurchschnittlich warm, und auf der Alpensüdseite regnete es durch lang anhaltende Südstaulagen sehr ausgiebig. So registrierte man in Lugano mit 587 mm den regenreichsten November seit Messbeginn im Jahr 1864. Im Norden hingegen war es deutlich zu trocken, erst zum Jahresende kam der ersehnte Schnee, und die Schneefallgrenze sank bis in die Niederungen.

Mehr Tote wegen Krankheit

Vor allem wegen der häufig sehr schlechten Witterung im Hochsommer waren die Tourenaktivitäten eingeschränkt. Dies widerspiegelt sich auch beim Notfall- und Unfallgeschehen1. 2456 Berggänger mussten in den Schweizer Alpen und im Jura die Bergrettung in Anspruch nehmen. Das sind 97 Personen oder rund 4% weniger als im Jahr zuvor. Die Zahl der Todesfälle ist mit 162 (Vorjahr 150) jedoch höher. Dies vor allem wegen Erkrankungen. 38 Personen haben so das Leben verloren (Vorjahr 26), meist als Folge eines Herz-Kreislauf-Problems.

Beim Bergsport im engeren Sinn2 kamen bei 86 Unfällen 96 Personen ums Leben, 11% weniger als im Jahr zuvor. Mehr Bergtote gab es beim Klettern mit total drei und beim Freeriden/Variantenfahren (9), weniger beim Tourenskilauf (total 17), beim Schneeschuhlaufen (1) und auf Hochtouren (17). Beim Bergwandern blieb die Zahl der tödlich Verunfallten mit 39 Betroffenen im Vergleich zum Vorjahr konstant.

Deutlich weniger Unfälle auf Hochtouren

Wegen des häufig schlechten Wetters im Hochsommer waren die Aktivitäten begrenzt und konzentrierten sich vor allem auf Firn- und Gletschertouren. Erst durch das stabile Wetter im Herbst entstand ein grösserer Zeitraum, in dem anspruchsvolle Touren bei guten Verhältnissen möglich waren. So wurde beispielsweise die klassische Matterhorn-Nordwand häufig begangen. Ende Oktober waren zeitweise mehr als zehn Seilschaften täglich auf dieser Route unterwegs!

2014 mussten insgesamt 348 Personen aus einer Notlage gerettet oder geborgen werden, rund 4% weniger als im Jahr zuvor. Deutlich zahlreicher waren Blockierungen, woraus 161 Bergsteiger in einer ausweglosen Lage zumeist unverletzt befreit werden konnten. Mit 17 Opfern ist die Zahl der tödlich verunfallten Alpinisten markant tiefer (2013 = 27). Elf Alpinisten sind durch einen Absturz ums Leben gekommen, acht davon waren nicht angeseilt. Bei drei Lawinenunfällen im Juli und August an den Pointes de Mourti, am Zinalrothorn und an der Pointe de Zinal wurden fünf Hochtourengänger von den Schneemassen mitgerissen und erlitten tödliche Verletzungen. Bei einem weiteren Unfall verlor die Seilschaftsführerin im Aufstieg zum Mont Dolent ein Steigeisen, kam ins Rutschen und riss ihren Seilpartner mit. Beide stürzten in eine Gletscherspalte, wobei der Seilpartner getötet wurde. Die Frau überlebte mit leichten Verletzungen.

Konstante Zahlen beim Klettern

Beim Klettern im Fels (Klettergärten, Mehrseillängenrouten, alpines Gelände) sind 113 Personen in eine Notlage geraten oder verunfallt (Vorjahr 117). Im Rahmen von abgesicherten Mehrseillängenrouten im «Plaisirbereich» waren 39 Kletterer betroffen, auf alpinen Touren 51, in Klettergärten 19 und im Extrembereich vier Personen. Gut die Hälfte der Beteiligten konnten gesund oder nur leicht verletzt gerettet werden. Verklemmte Seile beim Abseilen, einbrechende Dunkelheit, Wetterverschlechterung oder Verirren im Abstieg waren die häufigsten Ursachen. Durch einen Sturz ins Seil verletzten sich 37 Personen. Die meisten davon (28) mussten mit Blessuren zum Arzt oder ins Spital gebracht werden, neun erlitten schwere Verletzungen. Die Ursachen der beiden Unfälle mit total drei Todesopfern beim Klettern waren sehr unterschiedlich: Im ersten Fall stiegen zwei Kletterer angeseilt über einen eher selten begangenen, brüchigen und mit Gras durchsetzten Grat ab. Hier ist es vermutlich zu einem Mitreissunfall gekommen, bei dem beide Kletterer ums Leben kamen. Beim zweiten Unfall stürzte ein Kletterer bei der Vorbereitung zum Abseilen ab, er war am Stand nicht gesichert.

Unergiebiges Ski- und Snowboardjahr

Das Jahr 2014 war – gemessen an den Schneemengen und der Saisondauer des Vorjahres – für Tourenfahrer weitaus weniger ergiebig. Zum Jahresbeginn war die Schneelage in den nördlichen Gebieten eher knapp, wogegen in den angrenzenden Regionen nach Süden hin der ungünstige Schneedeckenaufbau eine sehr hohe Schneebrettgefahr mit sich brachte. Die folgenden Niederschlagsperioden brachten dann auch im Norden genügend Schnee, allerdings häufig verbunden mit stürmischem Wind. Erst ab Mitte Februar sorgten mehrmals sehr gute Bedingungen für viele Tourenaktivitäten. Im Frühwinter waren die Voralpen bis Weihnachten südseitig bis zur Waldgrenze weitgehend aper, und erst zum Jahresende brachte eine Kaltfront den lang ersehnten Schnee.

Durch die insgesamt kürzere Saison waren im Not- und Unfallgeschehen bei Ski- und Snowboardtouren mit 314 Beteiligten weniger Personen betroffen als im Vorjahr (348). Von Lawinenunfällen waren 29 Personen betroffen, 48 weniger als im Jahr zuvor. Dadurch waren auch deutlich weniger Lawinentote zu beklagen: Bei vier Unfällen sind sieben Tourenfahrer ums Leben gekommen (Vorjahr 15). Drei Unfälle ereigneten sich bei der Gefahrenstufe «erheblich» und ein Unfall bei «mässiger» Lawinengefahr.

Bei Skitouren steht immer die Lawinenverschüttung im Fokus. Man sollte aber nicht übersehen, dass Unfälle durch Sturz oder Absturz deutlich zahlreicher sind. Davon betroffen waren 2014 insgesamt 154 Tourenfahrer (Vorjahr 140). Von diesen erlitten 141 Personen leichtere bis mittlere Verletzungen und mussten einen Arzt aufsuchen oder hospitalisiert werden, acht Personen erlitten schwere Verletzungen, und fünf fanden durch einen Absturz den Tod. Die Ursachen waren unterschiedlich: ein Sturz während der Abfahrt im Steilgelände, ein Absturz wegen eines Wechtenbruchs, ein Sturz im Fussabstieg vom Gipfel, ein Sturz im Aufstieg und ein Absturz nach Verlieren des Gleichgewichts beim Einstieg in die Skibindung für die Abfahrt.

Weniger stabil als im Jahr zuvor war offensichtlich die Schneedecke auf den Gletschern, was die Spaltensturzgefahr erhöhte. Von solchen Ereignissen waren 24 Skitourengänger betroffen (Vorjahr 12). Die meisten konnten unverletzt oder nur mit leichteren Blessuren aus ihrer misslichen Lage befreit werden, vor allem dann, wenn sie angeseilt unterwegs waren. Dagegen konnten zwei Betroffene nur noch tot geborgen werden, beide waren nicht angeseilt.

Beim Variantenfahren gerieten insgesamt 161 Personen in eine Notlage oder sind verunfallt (Vorjahr 222). Beim Freeriden war ein Sturz oder Absturz wie in den Jahren zuvor die häufigste Unfallursache. Davon betroffen waren 73 Skifahrer und 15 Snowboarder; tödlich verunfallt sind drei Skifahrer. Durch Lawinenverschüttung sind zwölf Skifahrer verunfallt, drei davon fanden den Tod. Zu dieser Kategorie gezählt wird auch ein Unfall beim Heliskiing: Nachdem die drei Skifahrer aus dem Helikopter gestiegen waren und sich für die Abfahrt bereitmachten, brach eine Wechte und riss zwei Personen mit, welche von der nachfolgend ausgelösten Lawine verschüttet und tödlich verletzt wurden.

Tausend Bergwandernde in Not

Das schlechte Wetter im Hochsommer war auch zum Bergwandern alles andere als ideal. Im Vorsommer und vor allem im Herbst waren die Bedingungen hingegen gut und die Zahl der Aktivitäten dementsprechend hoch. Insgesamt gerieten 1007 Bergwandernde in eine Notlage, rund 1% mehr als im Jahr zuvor. Die häufigsten Unfallursachen waren ein Sturz oder Absturz mit 427 Beteiligten. Von diesen konnten 104 Personen ambulant behandelt werden, 239 mussten mit mittelschweren und 51 mit schweren Verletzungen hospitalisiert werden. Tödlich abgestürzt sind 33 Wandernde, vier weniger als im Jahr zuvor. Am zahlreichsten waren diese Ereignisse im weglosen Gelände, vermutlich nicht selten deshalb, weil die Betroffenen vom Weg abgekommen waren. Weiter sind auf markierten Bergwegen neun, auf Wanderwegen sechs, auf nicht markierten Pfaden vier und auf weiss-blau-weiss signalisierten Alpinwanderwegen zwei Personen tödlich abgestürzt. Häufig gerieten Bergwandernde in eine Notlage, weil sie sich verirrten oder aufgrund einer unerwarteten Situation blockiert waren. Die meisten davon konnten gesund oder nur leicht verletzt gerettet werden, für zwei Betroffene hingegen kam jede Hilfe zu spät. Durch Steinschlag sowie einen Lawinenabgang starb je eine Person. Zwei Bergwandernde werden vermisst.

Deutlich zahlreicher als bei anderen Bergsportaktivitäten waren beim Berg-und Alpinwandern Erkrankungen mit 165 Betroffenen: Wegen Übelkeit, Atemnot, Beinkrämpfen und anderen medizinischen Problemen wurden die Rettungskräfte häufig alarmiert. Bei vielen Ereignissen war die Si­tuation glücklicherweise nicht lebensbedrohlich, und die Betroffenen konnten ambulant behandelt werden. 27 Wandernde sind verstorben – meist an den Folgen eines Herz-Kreislauf-Problems; 26 davon waren Männer.

Fliegen und Biken

Ereignisse beim Gleitschirm- und Deltafliegen sowie beim Mountainbiken sind unter der Rubrik «weitere Bergsportaktivitäten» am zahlreichsten. Beim Gleitschirm- oder Deltafliegen waren es 140 Beteiligte; rund ein Drittel davon konnte, meistens nach einer unglücklichen Landung in einem Baum oder beim Touchieren eines anderen Hindernisses, gesund oder nur leicht verletzt gerettet werden. Neun Gleitschirm- und ein Deltaflieger sind tödlich abgestürzt. Mit 176 Beteiligten waren Notfälle beim Mountainbiken deutlich häufiger als im Vorjahr (155). Von diesen hatten sich neun verirrt oder waren im schwierigen Gelände blockiert. 157 Biker hatten sich wegen eines Sturzes verletzt, 135 davon mussten in ein Spital gebracht werden, und drei erlitten tödliche Verletzungen. Sieben Biker erlitten einen medizinischen Notfall, zwei davon sind an den Folgen eines Herz-Kreislauf-Problems verstorben. Drei Personen waren in eine Kollision verwickelt, eine davon starb an den Folgen der Verletzungen.

Weitere Notfälle gab es beim Canyoning (17 Personen), Base Jumping (28), Schneeschuhlaufen (48), auf Klettersteigen (22), auf der Jagd (31), beim Pilzsuchen (17) und bei «Verschiedenem» (33).

Fazit

Die im Vergleich zu den Vorjahren günstigere Bilanz beim Not- und Unfallgeschehen ist zu einem wesentlichen Teil auf die geringeren Tourenaktivitäten während des verregneten Hochsommers zurückzuführen. Viele Alpinisten waren vermutlich besonnen genug, ihre Touren den Verhältnissen anzupassen. Demgegenüber gerieten etliche Berggänger aufgrund schlechter Witterung oder ungünstiger Verhältnisse in eine Notlage, indem sie blockiert waren oder sich verirrten. In den meisten Fällen gelang es den Rettungskräften, trotz oftmals sehr schwierigen Bedingungen, die in Bergnot geratenen Personen unverletzt aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Leider ist bei einem solchen Einsatz ein Bergretter durch einen Absturz ums Leben gekommen.

Herkunft der Daten und Informationen

Die Zusammenstellungen und Auswertungen dieses Berichtes stützen sich auf Angaben und die Mitarbeit folgender Personen und Institutionen: Elisabeth Müller und Andres Bardill, Alpine Rettung Schweiz; François Hochstrasser, Daniel Breitenmoser und Mario Tissi, REGA; Pierre-Alain Magnin, KWRO; Bruno Jelk, ­Bergrettung Zermatt; Giannina Bianchi und Monique Walter, bfu; Marco Salis, Bergrettung Südbünden; Bruno ­Durrer, Bergrettung Air Glaciers Lauterbrunnen und Gesellschaft für Gebirgsmedizin; Adrian Deuschle, ­Rettungsstation Interlaken; Felix Mauerhofer, Rettungs­station Thun; Christina Altherr, Kapo Graubünden; ­Corinna Schön, Institut für Rechtsmedizin, Universität Bern.

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