Wer hat den Gipfel rosa gefärbt?
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Wer hat den Gipfel rosa gefärbt? Gross Mythen (1898 m)

Schon von Weitem fällt die rötliche Gipfelpartie des Gross Mythen über den hellgrauen Kalksteinwänden auf. Der Berg ist ein ver-rücktes Erosionsrelikt und ein Lehrstück des alpinen Deckenbaus.

Der Gross Mythen ist zwar der niedrigste Berg, den wir in dieser Serie vorstellen, doch er ist ein stolzer Klotz, wie er da zusammen mit seinen kleineren Begleitern Klein Mythen und Haggenspitz wie ein Schiff mit voll geblähten weissen Segeln über die Hügellandschaft von Schwyz gleitet. Auch wenn sein Name nichts mit dem Begriff Mythos zu tun hat, ist er doch das Wahrzeichen der mythenbeladenen Landschaft der Urschweiz.

Eine tektonische Klippe

Das Bild vom Segelschiff ist bewusst gewählt. Denn die Mythengruppe ist, in geologischer Fachsprache, eine tektonische Klippe. Die Zentralschweizer Voralpen gehören zur sogenannten helvetischen Zone, die aus übereinandergeschobenen und verfalteten Gesteinsdecken aus Sedimentgesteinen besteht. Diese wurden auf dem ehemaligen europäischen Kontinentalrand abgelagert. Weiter südlich lag ein Meeresbecken – das Walliser Becken, und danach ein Stück Mikrokontinent, ein Ausläufer des iberischen Blocks. Man bezeichnet diesen Bereich als Mittelpenninikum. Darauf wurden ebenfalls Sedimentgesteine abgelagert. Bei der Alpenbildung wurden diese fast 100 Kilometer auf den helvetischen Bereich überschoben.

Aufgrund der nachfolgenden Hebung des Deckenstapels wurden die mittelpenninischen Decken in den zentralen Schweizer Alpen praktisch vollständig wegerodiert. Es blieben nur vereinzelte inselartige Reste liegen – sogenannte tektonische Klippen. Der Mythenstock ist die bekannteste der Zentralschweizer Klippen, neben Buochserhorn, Stanserhorn und Giswilerstock. Die Mythengruppe ist also eine Art geologische Migrantentruppe.

In den westlichen Berner und Waadtländer Voralpen sind grossflächigere Anteile der mittelpenninischen Decken erhalten geblieben – sie werden als Klippendecken bezeichnet.

Die rosarote Gipfelmütze

Die mittelpenninische Sedimentabfolge ist anders als diejenige des helvetischen Bereichs. Wie dort wurden in der Oberjurazeit zwar auch massive Kalksteine abgelagert. Diese bilden die hellen Wände der Mythengruppe. Doch in der Unterkreidezeit verlandete und verkarstete die Kalksteinoberfläche. Erst in der oberen Kreidezeit senkte sich das Gebiet wieder ab, und ein tiefes, ruhiges Meeresbecken entstand.

Dort wurden tonig-kalkige Sedimente abgelagert, sogenannte Mergel. Diese Gesteine bilden den rötlichen Gipfelaufbau des Gross Mythen. Die rötliche Färbung stammt von geringen, in den Tonmineralien eingelagerten Eisengehalten. In der Romandie – etwa auf der Südseite der Gastlosen – wird dieses Gestein als «Couches Rouges» bezeichnet. Im riesigen Steinbruch von Roches im Unterwallis wurde es als «Châble Rouge» lange als Naturstein abgebaut.

Geologisch spannende Berge der Schweizer Alpen

Die Geologie der Alpen ist furchtbar kompliziert, die Vielfalt an Gesteinen fast unendlich. Doch es gibt viele bekannte Berge, die auch für den Geolaien spannende und spektakuläre geologische Phänomene bieten, die gut zu erkennen und einfach zu verstehen sind. Davon erzählt diese Serie des bekannten «Vermittlungsgeologen» und Bergführers Jürg Meyer (www.rundumberge.ch).

Praxistipp Gesteine bestimmen→ Hauptgesteinsmineral Nr. 4: die Glimmer

Die Glimmer sind einfach zu erkennen. Sie bilden glänzende Plättchen – von winzig klein bis riesengross –, die sich mit einer Messerklinge abheben und ankratzen lassen. Es gibt den silbrig glänzenden Hellglimmer (Muskowit) und den dunkelbraun-schwarzen Dunkelglimmer (Biotit). Sie kommen in Graniten, Gneisen und Glimmerschiefern vor. Früher brauchte man Muskowitplatten als Butzenfensterscheiben und für Kerzenlaternen. Heute dienen sie als Guckfenster in Brennöfen und als Isolationsmaterial in der Starkstromtechnik. In der Antike brauchte man gemahlener Glimmer als kosmetischer Glitzer.

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