98. Etzelzusammenkunft. Sicherheit und Risiko am Berg
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98. Etzelzusammenkunft. Sicherheit und Risiko am Berg

Sicherheit und Risiko am Berg

Aus über einem Dutzend Sektionen marschierten am ersten Dezembersonntag 2001 an die 150 SACler auf den Etzel zur traditionellen Zusammenkunft. Einer der Schwerpunkte war der Vortrag von Pit Schubert zum Thema « Sicherheit am Berg ».

Die Etzelzusammenkunft, von der Sektion Hoher Rohn organisiert, hat eine lange Tradition, wurde sie doch erstmals 1904 durchgeführt. Von den gegen 150 SAClern aus über einem Dutzend Sektionen aus der Umgebung marschierten viele ab ihrem Wohnort auf den 1098 m hohen Aussichtsberg. « Spitzen-marschierer » waren einmal mehr die Kameraden aus der Sektion Am Albis mit Aufbruch frühmorgens um 4 Uhr in Affoltern am Albis. Nach 7 Stunden erreichte man den Etzel – und absolvierte dann auch den Rückmarsch wieder zu Fuss.

« Sicherheitspapst » Pit Schubert Als 1969 die ersten Menschen auf dem Mond landeten, wurde noch mit Schultersicherung und Eispickeln mit Holz-schäften gesichert! Über die seither erfolgte Entwicklung der Sicherheit am Berg referierte Pit Schubert, der wohl bekannteste und allseitig akzeptierteFach-mann auf diesem Gebiet. Seit 25 Jahren befasst er sich wie kein Zweiter intensiv mit Unfällen beim Bergsteigen bzw. ihren Ursachen. Als Begründer des « Sicherheitskreises des Deutschen Alpenvereins » und als langjähriger Präsident des Ressorts Sicherheit in der UIAA, der internationalen Dachorganisation der Bergsteigerverbände, hat er mit seinen wissenschaftlich erhärteten Resultaten dazu beigetragen, dass die Sicherheit alpiner Geräte international markant verbessert wurde. Unzerreissbarkeit von Seilen An diesem nebelverhangenen Sonntag präsentierte Pit Schubert im wunderschönen Etzelsaal mit eindrücklichen Dias seine Thesen von der praktisch absoluten « Unzerreissbarkeit » heutiger Seile. Dazu wurden am technischen Institut in Stuttgart die « wunderlichsten » Experimente gemacht. Aber weder Benzin noch Diesel, Coca Cola, Salzwasser, UV-Strahlen, Einwirkungen mit Eispickel bzw. Steigeisen, Mittel gegen

Mückenstiche und und und... konnten die Festigkeit auch nur im Geringsten beeinflussen. Nur der eher unwahrscheinliche Fall von Säureeinwirkung ( auch Harnsäure !) kann ein Seil wirklich in seiner Festigkeit schwächen und damit zu einem Unfallrisiko machen. In den letzten Jahren wurde aber im deutschsprachigen Gebiet kein einziger Seilriss mehr festgestellt, obwohl Tausende jedes Wochenende beim Klettern Seile einsetzen und gerade beim Sportklettern der Sturz ins Seil zum Alltag gehört. Die wohl einzige Gefahr besteht höchstens bei einer Sicherung über eine scharfe Felskante, wo bei einem Sturz das Seil wohl leiden oder im unglück-lichsten Fall auch reissen kann. Das Gleiche gilt auch für Seilschlingen: Trotz Alter und vergilbtem Aussehen ist die Reissfestigkeit alleweil noch gut – was bei Haken nicht in selbem Ausmasse zu-

Die Etzelzusammenkunft fand diesmal bei bedecktem Himmel und nicht eben winterlichem Wetter statt. Im Aufstieg zum Etzel, Blick auf den Sihlsee DIE ALPEN 2/2002

trifft. Diese gute Nachricht für die Bergsteiger ist etwas weniger gut für Seilher-steller und -verkäufer.

Von Drahtseilen in Klettersteigen Klettersteige, die in der Schweiz etwas weniger häufig anzutreffen sind als in andern Alpenregionen, sind durchwegs mit Drahtseilen abgesichert. Anhand von Dias zeigte Schubert, dass diese Drahtseile zum Teil nicht fachmännisch installiert bzw. repariert sind. Jedenfalls ist erwiesen, dass durch das Flicken mit Klebeband die Drahtseile an Festigkeit eher einbüssen: Wasser kann unter das Klebeband eindringen und das Drahtseil rosten lassen, was erwiesenermassen zu mehreren tödlichen Stürzen an Klettersteigen führte.

Am Schluss seiner mit Aufmerksamkeit verfolgten Ausführungen kam er noch auf das Thema « Mitreissunfälle auf hart gefrorenen Steilhängen » zu sprechen, in alpinen Kreisen häufig und zum Teil kontrovers diskutiert. Auf Grund von gestellten Unfällen an eher harmlosen Hängen resultierte eine klare Antwort: entweder mit Seil gehen und jede Seillänge sichern oder dann ohne Seil. Bei der ersten Methode ist das Vorwärtskommen auf einer langen Tour erheblich beeinträchtigt, bei der zweiten Methode stürzt höchstens ein Teilnehmer der Gruppe und nicht die ganze Gruppe. Jeder Tourenleiter muss selber entscheiden, welche Methode er anwenden will.

Ohne Berner Platte nicht denkbar Die Anwesenden verfolgten das mit gekonnter Rhetorik und einigem Galgenhumor vorgetragene Referat mit Interesse und sparten auch nicht mit Fragen, die der gewiefte Fachmann restlos beantworten konnte.

Traditionsgemäss wurde nach dem Referat eine währschafte Berner Platte serviert. Die anschliessenden Gespräche waren nicht nur Bergerlebnissen vorbehalten, sondern auch Aspekten zum für alle wichtigen Thema Sicherheit. Und beim abendlichen Rückmarsch vom Etzel sprach man bereits von der nächsten traditionellen Zusammenkunft – am ersten Sonntag im Dezember 2002! a

Walter Keller, Richterswil Caspar Sträuli, Präsident der gastgebenden Sektion Hoher Rohn, eröffnet die Etzelzusammenkunft.

Eine grosse Anzahl interessierter Mitglieder der umliegenden SAC-Sektionen haben sich im grossen Saal des Kulm-Restau-rants eingefunden. Pit Schubert, Begründer des « Sicherheitskreises des Deutschen Alpenvereins » und weltweit anerkannter Fachmann im Bereich von Bergsportmaterial und -ausrüstung Fo to s:

Fr an co Pole tti Fo to :Ma ya Al br ec ht

DAS UNB E BOULDER-P

DIE ALPEN 2/2002

it dem Namen Graubünden assoziieren Kletterfreaks Kletterparadiese mit unendlich vielen Routen, festem Fels und grenzenlosen Möglichkeiten, um sich auf irgendeine Art mit den Naturgesetzen messen zu können. Dies trifft auf den Raum Davos nur bedingt zu, sind doch die Gebiete, wo man sich am Fels so richtig tummeln kann, nur dünn gesät – wäre da nicht eine andere Spielart entstanden, um sich in der Vertikalen und Horizontalen zu bewegen.

Alt und neu

Das Schlüsselwort heisst Bouldern und ist gar nicht so modern, wie Laien annehmen mögen. « Boulder » stammt aus dem Englischen und wird mit « Felsblock » übersetzt. Dieser Terminus soll von einem gewissen John Gill aus den Vereinigten Staaten stammen. Bouldern fristete lange Zeit ein Mauerblümchendasein, war doch nur jener ein « richtiger » Kletterer, der einen Gipfel erklomm. Aber seit mehr als 50 Jahren wird jenseits des grossen Wassers nicht mehr nur geklettert, sondern auch gebouldert. In Europa dauerte es Jahrzehnte länger, bis es Kletterer gab, für die alpine Ziele wie Eigernordwand oder Matterhorn nicht mehr die einzigen waren. Heute beanspruchen sowohl die Bleausards 1 als auch die lange belächelten Kletterer aus den Staaten den Anspruch,das Bouldern erfunden zu haben. Oder war es etwa mein Grossvater, der als leidenschaftlicher Berggänger das Herumhangeln an Felsen erfand?

Für Bouldern geeignete Felskolosse stehen auf möglichst flachem Grund, sind wenige Meter hoch, steil bis überhängend und haben idealerweise eine Abstiegsmöglichkeit, sodass sich die Bezwinger nicht auf einen todesmutigen Sprung einlassen müssen. Bouldergebiete können aber auch aus einigen wenigen meterhohen Felsbän-

M

1 Kletterer in Fontainebleau, dem ältesten und bekanntesten Blockkletter-gebiet Frankreichs

T E X T Andreas Hauri, Appenzell

F O T O S Robert Bösch, Oberägeri

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