Alfred Oberli: Kupferstecher aus Passion
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Alfred Oberli: Kupferstecher aus Passion

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Ein Porträt des neuen Ehrenmitglieds des SAC Sein Name ist vielen SAC-Mitglie-dern, die seine Routenskizzen aus zahlreichen Führerwerken kennen, ein Begriff: Alfred Oberli, 1916 geboren, erlernte an der Eidg. Landestopographie den Beruf des Kupferstechers. In der Folge schuf er ein grossartiges Gesamtwerk von Kupferstichen, Zeichnungen, Skizzen und Grafiken, das ihn als hervorragenden Handwerker mit künstlerischer Begabung ausweist. Wer Alfred Oberli besucht, entdeckt seine wahre Leidenschaft: die Liebe und das Auge für die Feinheiten der Natur.

Die lange Reise nach Bern Alfred Oberli wurde 1916 in einem Seitental des Toggenburg geboren. Schon in der Schule zeigte er grosses Interesse am Kartenzeichnen und an der Geografie - Interessen, die nicht Kingspik Kas/or Pollux Sattelspitzen Alfred Oberli in seinem Arbeitszimmer, April 1999 Routenskizze ( Engelhornführer ) Westgruppe Liebe zu den Voralpen In Bern Schloss sich Alfred Oberli einer kirchlichen Jugendgruppe an, die Sport trieb. Oberlis bevorzugte Disziplin war der Skilauf. Über seinen Bürokollegen Heinrich Trümpi knüpfte er erste Kontakte zum SAC -Trümpi war Tourenchef der JO der Sektion Bern. Alfred Oberli war nun bald selbst oft mit der Jugendorganisation unterwegs auf Bergen wie Nünenen oder Spillgerten - Voralpengipfel, die ihm auch später am meisten bedeuteten. Als Tourenleiter vermochte er dann selbst eine ganze Generation von jungen Leuten für die Berge zu begeistern.

« Ich war kein grosser Alpinist », sagt Oberli bescheiden, « Touren mit bekannten Namen wie das Matterhorn reizten mich nicht, im Gegensatz zu Voralpentouren. » Und er beginnt zu erzählen von Unternehmungen mit seinen geliebten, einen Meter vierzig langen « Sommerski », mit denen er an Pfingsten 1942 wohl als erster die äusserst steile Abfahrt über die Nordflanke des Winterhore zuhinterst im Diemtigtal wagte. « Ich war zuvor eine Woche im Berninagebiet gewesen und hatte genug von Hochtouren. Bei einem Freund in Adelboden holte ich den Schlüssel für eine Hütte auf der Tschentenalp, dann ging 's aufs Gsür, weiter aufs Rauflihorn, hinunter in die Chilei, wo ich über das Dach in den Heustock einer weiteren Hütte gelangte.. " " .Von dort stieg ich am nächsten Tag zum Winterhore auf. » In seinem kleinen, wohlgeordneten Arbeitsraum zieht Alfred Oberli das akkurat geführte Tourenbuch aus jener Zeit hervor und erklärt mir die Abfahrt und ihre Tannenspitze Engelburg 225 S 2304 rGraspass Rosenlauistock 2198 Ochsen/a/ heiklen Stellen. Im wunderschön mit Zeichnungen, Schwarzweissfotos und handschriftlichen Notizen dokumentierten Buch stosse ich bei der beschriebenen Unternehmung auf die vielsagenden Worte: « Genug Eis, genug Gletscher,... Hütten, Blumen !» Und auf die Angabe, dass die Tour von morgens 7.15 Uhr bis abends 19.30 Uhr dauerte!

Die Werkzeuge werden umgeschliffen Auf die Frage, was Kupferstich eigentlich bedeutet, zieht Alfred Oberli Blätter mit Stichen hervor, erklärt die einzelnen Schritte und Techniken des Kupferstechens und führt vor, wie die verschiedenen Werkzeuge verwendet werden. « Kupferstich ist Gefühls-sache », betont der Meister des Fachs, der nach wie vor mit äusserst präzisen Bewegungen die einzelnen Werkzeuge führt, « man muss genau spüren, wie fest man drücken muss, um zum Beispiel einen Strich in der gewünschten Breite zu erhalten. » Als nächstes zeigt Alfred Oberli eine Mappe aus seiner Lehrzeit vor 66 Jahren. Auf den grossen, perfekt erhaltenen Blättern ist genau nachvollziehbar, wie die Lehrlinge über das Zeichnen an die Finessen des Kupferstichs herangeführt wurden: zuerst gerade, dann gebogene Striche, dann Kurven, Bahnschienen, Reben und Wald; auf das « Dorfbild » folgen das « Stadtbild » und die « Streusiedlung ».

Mit der Entwicklung der Kartenherstellung änderte sich auch das Berufsbild des Kupferstechers: 1953 folgte die Ablösung des Kupferstichs durch die Glasschichtgravur, mit der Alfred Oberli als Kartograph bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1981 arbeitete. « Anfänglich sahen wir den Wandel nicht gern; wir mussten tagelang unsere Werkzeuge, die wir noch selber hergestellt hatten, für die neue Technik umschleifen. » Seine grosse Spezialität war die Felsdarstellung, auf die er sich 20 Jahre lang konzentrierte. Wenn immer möglich betrachtete er das darzustellende Gebiet auf zwei nebeneinander gelegten Fotos stereoskopisch mit beiden Neujahrskarte Nünenen Augen, um so die Tiefenwirkung auch in der Karte umzusetzen.

Handwerker oder Künstler?

Die Liebe zum Kupferstich blieb aber erhalten: Im Lauf der Jahre schuf Alfred Oberli ein künstlerisches Werk, das er auf seiner eigenen, in der Freizeit gebauten Kupferdruckpresse druckte und an verschiedenen Ausstellungen zeigte.

Sein liebstes Thema waren und sind die Berge - es zieht sich durch sein ganzes Werk, sei es in der Grafik, sei es in seinen meisterhaften Skizzen, mit denen der bescheidene Schaffer nicht weniger als 16 Clubführer und weitere Führerwerke ganz oder teilweise illustrierte. Dabei schuf er die unglaubliche Zahl von 470 neuen Routenzeichnungen -nebst zahlreichen Ergänzungen und Nachträgen! Die präzisen und zugleich ästhetisch sehr ansprechenden Darstellungen erlauben es dem Benutzer, die Routen in der Natur nachzuvollziehen. Oberlis Arbeit für den Schweizer Alpen-Club zog sich über rund fünfzig Jahre hin - Zeit, dass sein Schaffen, für das er 1985 den Paul-Haupt-Preis erhielt, auch vom SAC gewürdigt wird.

Alfred Oberli sieht sich selber als Handwerker: « Man kann nicht sagen, ich sei ein Künstler - ich habe zu wenig Fantasie! Ich muss etwas sehen, und dann kann ich es erarbeiten, selber stechen und selber drucken. » Wer aber Blatt für Blatt seiner Grafiken betrachtet, erkennt schnell, dass sich hinter der meisterlichen Beherrschung des Handwerks auch das feine Empfinden des Künstlers verbirgt: Die Blätter - ganz verschieden in ihrer Art - bestechen durch ihre künstlerische Aussagekraft und die originell gewählten und treffend umgesetzten Sujets.

«... das Gemütlich-Umsichtige, das Menschlich-Besinnliche » Der aufmerksame Betrachter entdeckt aber auch die Details, die Alfred Oberli so wichtig sind: da eine Gemse am Grat, dort ein Miniaturski-fahrer im Wald, hier ein Gesicht zwischen präzise gestochenen Bäumen, dort feinste Sommerblumen, ein knorriger Baumstrunk, eine Tessiner Reisen, Begegnungen, Persönlichkeiten

/on Hütten und Biwaks

Trockensteinmauer mit Eidechsen und Schnecken. Diese Details der S Natur begeistern und erfüllen ihn. ^ Sie zu entdecken und dann in seiner = Arbeit umzusetzen, war der Grund, 5 weshalb es ihn in die Berge zog. » Bergsteigen ist für ihn Naturerlebnis -ö der Leistungssport im Alpinismus in-^« teressiert ihn nicht. Aus dieser Ein-24 Stellung heraus ist es verständlich, dass Alfred Oberli heute nichts mit modernen Disziplinen und Ausrich-tungen des Bergsports anfangen kann. Sie sind ihm fremd.

Auch grosse Worte sind ihm fremd - bescheiden erzählt er von seiner Liebe zur Natur, zu den Bergen, und oft hört man mehr aus den Zwischen-tönen heraus, als aus seinen stillen Sätzen. Stellvertretend zeigt mir Alfred Oberli ein Zitat aus einem Brief, den er, der beliebte Tourenleiter, vor Jahren von einem früheren JO-Mitglied erhalten hat: «... das Gemütlich-Umsichtige, das Mensch-lich-Besinnliche fernab vom Rivalisie-rend-Leistungsmässigen, das ist für mich der wahre Inhalt vom Erlebnis in der Bergwelt. Und das verdanke ich eben Dir !» Als Alfred Oberli den Brief noch einmal durchliest, ist ein Hauch von Wehmut spürbar - aber auch seine tiefe Achtung vor den Bergen, um die sich in seinem Leben fast alles drehte, sein Staunen über die Natur und darüber, dass er diese Passion offenbar jüngeren Bergfreunden vermitteln konnte.

Mit dem Kupferstich verbunden Alfred Oberli behielt seine Fertigkeiten nicht für sich allein, sondern versuchte, sein Können jungen Kollegen und Mitarbeitern weiterzugeben. Neben all seinen Aktivitäten war er zudem auch als Forscher aktiv:

Seine Sammlung von Karten aus der Zeit von 1800 bis 1900 gilt als eine dergrössten und umfassendsten hierzulande. Immer wieder baten ihn seine Vorgesetzten um Auskünfte über die Dufour- und die Siegfriedkarte; er kannte die zwei bahnbrechenden Kartenwerke der Schweiz aus dem 19. Jahrhundert wie kein anderer. Seine grösste Liebe, den Kupferstich, pflegt er noch heute: Er hat einen Stich angefangen, der den Eingang des Simmentais mit seinen markanten Bergsilhouetten zeigt. Er möchte das Blatt in der nächsten Zeit trotz seiner angeschlagenen Gesundheit vollenden.

Man glaubt Alfred Oberli, wenn er in seiner gestochen scharfen Handschrift schreibt: « Dem Kupferstich muss ich nicht nachtrauern, denn er ist mir ja geblieben; tagtäglich lebe ich mit ihm, handwerklich und geschichtlich. » Wir wünschen ihm, dem neuen Ehrenmitglied des SAC, viele erfüllte Stunden mit seiner Liebe für den Kupferstich, für die Gipfel der Voralpen und die Feinheiten der Natur.

Christine Kopp, Unterseen ZH-

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