Bergnotfälle Schweiz 1996
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Bergnotfälle Schweiz 1996

Seit 1992 erfasst der SAC das gesamte Bergnotfallgeschehen im schweizerischen Alpenraum. Die Statistik 1996 lässt nun Aussagen über die vergangenen fünf Jahre zu.

Die vom SAC erfassten Bergnotfälle sind Ereignisse, bei denen Bergsportler wegen einer Notfallsituation organisierte Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Dabei kann es sich einerseits um Verunfallte, andererseits aber auch um Unverletzte oder Erkrankte handeln.

Auf die tödlichen Bergunfälle wird wiederum genauer eingegangen, weil daraus wichtige Erkenntnisse für die Unfallvorbeugung und die entsprechend gezielte Ausbildung gewonnen werden können.

Bergnotfälle: Allgemeiner Überblick und Schlussfolgerungen Im Jahr 1996 wurden in der Schweiz 1109 Personen, die die klassischen Bergsportarten Wandern, Klettern, Hochtouren, Skitouren und Variantenskifahren ausübten, gerettet. Zusammen mit den Gleitschirm- und Deltaunfällen betrug die Zahl der geretteten Personen 1205 ( vgl. Grafik 1 ). Nach der markanten Abnahme der Bergnotfälle im Jahre 1995 um 30% ist 1996 erfreulicherweise ein erneuter Rückgang um knapp 7% festzustellen. Dafür dürften die guten Verhältnisse in den Schönwetterperioden sowie eine gewisse Rezession im Tourismus verantwortlich sein. Die prozentuale Verteilung der Notfälle auf die einzelnen Bergsportarten weist ein ziemlich konstantes Verhältnis auf. Wiederum stellen die Wanderer mit 45 % den Hauptteil der Geretteten im Gebirge. Die Hochtouristen folgen mit 19%, die Skitouristen mit 15%, die Kletterer mit 10%, die Gleitschirmflieger mit 7 % und die Variantenskifahrer mit 2,5%. Im Ver- Delta Gleitschirm Variantenski Skitouren Hochtouren Klettern Wandern 800 700 600 500 400 300 200 100 0

I

3 % eine schwere ( NACA V+VI ) Gesundheitsschädigung.

Die Zahl der Leichenbergungen ( NACA VII ) beträgt rund 8 % und entspricht dem Vorjahr ( vgl. Grafik 3 ).

Die Verteilung der Topographie sowie die medizinische Schwere der Schädigung schwankten in den letzten fünf Jahren nur geringfügig und dürften somit für die Bergunfälle in den Schweizer Alpen allgemein repräsentativ sein.

c CI a Tödliche Bergunfallereignisse Allgemeiner Überblick Im Berichtsjahr ( Kalenderjahr ) 1996 sind in den Schweizer Alpen und im Jura bei bergsportlichen Aktivitäten insgesamt 98 Personen tödlich verunfallt. Damit hat die Zahl der Opfer gegenüber dem Vorjahr um 10 Personen oder 11 % zugenommen. Trotzdem kann, im Vergleich zu früheren Jahren, immer noch von einer mässigen Bilanz gesprochen werden. Bezogen auf die einzelnen Tätigkeits- Grafik 1: Bergnotfälle 1994 bis 1996 1., il — SS 1 Ha 1 ( =i 1 994 995 996

1 1 11100 200 300 400 500 600 700 800 900 Grafik 2: Bergnotfälle 1994 bis 1996 / Topo-Index

J

11994 11995: 1996 i. Undef.

DSkipiste, Feldweg EGelände leicht zugänglich ( SAC-Hütte, Klettern < UIAA 3 ) FGelände schwer zugänglich ( Klettern UIAA 3 und 4, Spalten ) GGelände extrem schwer zugänglich ( Nordwände, UIAA > 4, Klemmspalten ) Sicherheit, Medizin, Rettungswesen Grafik 3: Bergnotfälle 1994 bis 1996 / Medizinischer Index c 700 600 500 400 300 200 100

lITTT

IV 0 Evakuation, unverletzt 1 Keine ärztliche Behandlung nötig IIAmbulante ärztliche Behandlung nötig IIIHospitalisation nötig IVPotentielle Lebensgefahr VAkute Lebensgefahr VI Wiederherstellung vitaler Funktionen am Unfailort VII Tod mit oder ohne Wiederbelebung gruppen sind im Jahresvergleich zum Teil markante Verschiebungen festzustellen: Bei den Hochtouren stieg die Zahl der Bergtoten von 24 ( Vorjahr ) auf 38 an, was im Jahresvergleich einer Zunahme von annähernd 60 % entspricht. Da gleichzeitig die Zahl der tödlich verunfallten Bergwanderer abgenommen hat, sind die Hochtouren erstmals seit 1993 wieder das am stärksten betroffene Tätigkeitssegment in dieser Statistik. Stark zurückgegangen sind tödliche Unfälle auf Skitouren ( 1996= 11, 1995 = 20 Opfer ). Auffallend tief ist die Zahl der tödlich verunfallten Frauen: Ihr Anteil am gesamten Unfallgeschehen beträgt mit 9 Opfern 9 %.

42 Personen oder 43 % sind Ausländer: Deutschland 11; Italien 7; Belgien und Tschechische Republik je 4; England, Frankreich und Spanien je 3; Niederlande und Korea je 2; Iran, Mexiko und Schweden je 1 betroffene Person.

Hochtourenunfälle Wie bereits im Vorjahr waren auch im Sommer 1996 die Bedingungen für sommerliche Hochtouren nicht ideal: Schlechtwetter mit Schneefällen Ende Juni und Anfang Juli verzögerte den Saisonbeginn. Bereits Mitte August wurde die kurze Saison durch Kälteeinbrüche und Schneefall frühzeitig beendigt. Während der wenigen Wochen in der zweiten Juli- und ersten Augusthälfte Messen die Verhältnisse auch anspruchsvolle Unternehmungen durchaus zu, obschon eine längerdauernde Schönwetterperiode auch in diesem Zeitraum ausge- blieben ist. Die häufigen Gewitterlagen führten immer wieder zu Schnee-und Graupelschauern in der Viertausenderregion. Unter diesen Voraussetzungen blieben vor allem im felsigen Gelände die Verhältnisse heikel und erforderten grosse Vorsicht und entsprechende Sicherungsmassnahmen. Die Einschätzung der Wettersituation war im Sommer 1996 häufig schwierig und erforderte eine sehr sorgfältige und defensive Tourenplanung. Dieser Umstand dürfte einiges dazu beigetragen haben, dass die Hochtourensaison von vielen Unfällen überschattet wurde. Einen wesentlichen Anteil an dieser traurigen Bilanz hatten Mitreissunfälle, wo bei 7 Ereignissen und 16 Beteiligten insgesamt 15 Personen ihr Leben verloren haben. Demgegenüber verunfallten 6 Alpinisten tödlich, die, trotz Begleitung, auf den Gebrauch des Seils als Sicherungsmittel verzichtet hatten. Diese Resultate weisen mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass in der Ausbildung der Problematik des gleichzeitigen Gehens am Seil nach wie vor grösste Beachtung beigemessen werden sollte.

Bergwanderunfälle Nachdem diese Tätigkeitsgruppe während mehrerer Jahre den höchsten Anteil der Bergtoten am gesamten Unfallgeschehen aufwies, ging diese Zahl erneut zurück und blieb nun im Berichtsjahr 1996 mit 31 betroffenen Personen deutlich hinter den Hochtourenunfällen. Fast alle Wanderer starben infolge von Sturzereignissen. Es fällt auf, dass sich im Berichtsjahr 1996 die meisten dieser Stürze auf Bergwegen ereigneten ( 20 Opfer ). Demgegenüber waren Stürze auf Gras und Geröll mit 7, Ausrutschen auf Schnee oder Firn mit 2 sowie Sturz im Fels mit einem Opfer viel weniger häufig als in den Vorjahren. Es ist zu vermuten, dass das unfreundliche Wetter während der Herbstferien die Tourenaktivität dämpfte, wodurch auch die Unfälle zurückgegangen sind. Darüber hinaus darf auch nicht übersehen werden, dass in den letzten zwei Jahren von verschiedenen Institutionen die Aufklärungsarbeit für diese Tätigkeitsgruppe stark intensiviert worden ist. Wieweit dies das Verhalten der Berggänger günstig beeinflusst hat, lässt sich - wie für die meisten Unfallver-hütungsmassnahmen - zahlenmässig nicht exakt nachweisen.

Kletterunfälle Während der letzten Jahre waren die meisten Unfälle mit tödlichen Folgen in dieser Gruppe eher auf atypi-sche Ursachen im Zu- oder Abstieg zurückzuführen. Im Gegensatz dazu ereigneten sich im Berichtsjahr 1996 beide Unfälle mit je einer betroffenen Person beim eigentlichen Klettern: An 1994 1995 1996 Undef.

VI VII Tabelle 1: Identität

1996

mnm

Anzahl Opfer

P'88

98 100 viänner 75 89 91 :rauen 13 9 9 Schweizer 44 56 57 Ausländer 44 42 43 SAC-Mitglieder 12 12 12 Altersstufen:

Dis 10 Jahre 2 0 0 Dis 20 Jahre 6 5 5 Dis 30 Jahre 26 31 32 Dis 40 Jahre 14 16 17 Dis 50 Jahre 7 12 12 Dis 60 Jahre 11 15 15 Dis 70 Jahre 9 11 11 über 70 Jahre 11 7 7 unbekannt 2 1 1 Tabelle 2: Tätigkeit 1995 1996 1996 11 Bergwandern 32 31 32, Hochtouren 24 38

Klettern 3 2 Skitouren 23 11 Variantenabfahrten 7 9 9 Anderes 3 7* 7 Organisierte Touren 6 6 6 Private Touren 57 64 65 Alleingänger 25 28 29 * Pilzsammeln = 4, Schneeschuhtour = 2, Jagd = 1

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