Den PC mit dem Rüstmesser vertauscht
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Den PC mit dem Rüstmesser vertauscht «Lehrzeit» als Hüttengehilfin

Zum Abschluss des ersten KV-Lehrjahres auf der SAC-Geschäftsstelle vertauschte die Lehrtochter Anne-Sophie ihren Arbeitsplatz in Bern mit jenem in der Trient-Hütte. «Fronterfahrung» heisst dies in anderen Lehrbetrieben. Anne-Sophie erlebte, was es heisst, eine SAC-Hütte zu bewarten. Dazu konnte sie ihre Französischkenntnisse vertiefen und Kontakt mit SAC-Mitgliedern «live» pflegen. Hier ihr Bericht.

Bereits am Abend vor dem Start bin ich nervös. Nach einer eher schlaflosen Nacht starte ich ins Abenteuer «Hüttenwoche in der Cabane du Trient », und zwar mit dem Zug bis Champex-Lac und dann mit der Sesselbahn bis nach La Breya, wo mich die unglaubliche Aussicht auf den See und die Umgebung fasziniert. Schon etwas weniger nervös gehe ich allein, aber motiviert den Aufstieg in die Ornyhütte an.

Vor lauter Anstrengung vergesse ich, die Aussicht zu geniessen. Von der Ornyhütte aus nehme ich mit einer Gruppe den nächsten Teil über den Gletscher in Angriff. Die Gletscherüberquerung ist weniger anstrengend als erwartet, und ich fühle mich wie eine richtige Abenteuerin. Es ist schliesslich das erste Mal, dass ich eine Gletscherüberquerung gewagt habe – und gehört nicht zum alltäglichen Arbeitsweg zur SAC-Geschäftsstelle. Auf dem letzten Teilstück bis zur Hütte bin ich dann wieder allein unterwegs.

Bevor ich die Hütte betrete, steigt noch kurz einmal ein etwas ungutes Gefühl auf, das nach der gegenseitigen Vorstellung schnell verschwindet. Der erste Eindruck ist positiv. Ich lebe mich schnell ein und fühle mich wie ein Teil einer grossen Familie. Neben den Hüttenwarten Thierry und Fatima und ihrem Sohn arbeiten noch drei weitere Personen. Und nicht zu vergessen sind Tequilla, der Hund, und Pluto, die Katze. Mit der Verständigung klappt es gut, und zwischendurch betätige ich mich als Dolmetscherin. Am Feierabend wird jeweils in einer total lockeren Stimmung UNO und Ligretto gespielt. Die Hüttenwartin hat oft ihre liebe Mühe, uns in Schach zu halten.

Obwohl ungewohnt – den ganzen Tag auf den Beinen und für die Gäste da sein – macht die Arbeit grossen Spass. Wenn die Gäste weg sind, räumen wir die Zimmer auf und legen die Wolldecken zusammen. Manchmal kommt es da zwischen Kollege Arnaud und mir zu einer Kissenschlacht. Danach heisst es bis zur Siesta Gemüse für die Suppe rüsten, die eintreffenden Gäste bedienen, abwaschen, aufräumen – abgesehen von all den andern Arbeiten wie Holz hacken, Kompost leeren, Schnee schaufeln und die Abfalleimer leeren.

Grossandrang herrscht dann gegen Abend. Da muss man sich sputen, damit alle Wünsche erfüllt werden können. Leider begreifen nicht alle Gäste, dass auch wir Hüttengehilfen einmal ungestört essen möchten! Und wieder heisst es abwaschen, aufräumen, putzen, bis endlich Feierabend wird.

Zu Beginn ist das Wetter sehr schön, keine einzige Wolke, dafür eine Menge wunderschöner Sonnenauf- und -unter-gänge, die hier in der Gletscherlandschaft viel intensiver wirken. In der zweiten Woche schlägt das Wetter jäh um. Es wird eiskalt und beginnt heftig zu schneien. Dazu kommt starker Wind auf, den man um die Hütte pfeifen hört. Das Feuer im Cheminée wird entfacht. Nur noch spärlich steigen Gäste zur Hütte hoch. Jetzt haben wir viel Zeit für uns. Da ich das kalte Wetter liebe, verbringe ich viel Zeit draussen.

Hautnah erlebe ich, was es heisst, abgeschlossen zu sein: Allmählich gehen die Lebensmittel aus, denn der Helikopter kann nicht landen. Jeden Abend wird Brot für die Gäste gebacken. Glücklicherweise kann nach ein paar Tagen der Helikopter die unbedingt benötigten Lebensmittel liefern. Diese ungewöhnliche Erfahrung kann man unten im Tal kaum machen. Übrigens erlebe ich zum ersten Mal einen Helikopter in unmittelbarer Nähe.

Am meisten Freude habe ich an der Landschaft. Von der Cabane du Trient sieht man die Tête Blanche, Pte d' Orny, Plateau du Trient. Ich fühle mich wie von der Aussenwelt abgeschnitten. Ungewohnt sind die nächtliche Stille und die unglaublich gut erkennbaren Sterne. Der Abschied nach zwei Wochen fällt mir schwer. Ich werde das Hüttenteam, die Gäste sowie die wunderbare Natur vermissen, wenn ich wieder mit dem PC und nicht mit dem Rüstmesser für den SAC arbeite. Jederzeit würde ich diese «Hüttenwochen» wiederholen.

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