Der lange Weg vom Berg ins Web
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Der lange Weg vom Berg ins Web

Das Tourenportal des SAC wächst und gedeiht. Rund 5000 Touren sind schon online. Dahinter steckt eine riesige Arbeit, die unter anderem Autoren wie Oliver Neumann leisten.

Von seinem Balkon in Neuenburg aus sieht Oliver Neumann bei schönem Wetter bis in die Freiburger Voralpen. Fast an jedem freien Tag ist er dort zu Fuss oder auf Schneeschuhen unterwegs. Schnell erreichbare, spannende Gipfelziele und eine prächtige Landschaft – was will man mehr? Doch seit gut zwei Jahren hat Oliver Neumann noch einen anderen Grund, immer wieder zwischen Kaiseregg und Dent de Lys herumzusteigen: Er ist einer von rund 30 Autorinnen und Autoren, die für das digitale Tourenportal des SAC Routen beschreiben und dokumentieren.

Sein Ziel an diesem schönen Sommertag ist der Teysachaux, ein 1909 Meter hoher Gipfel in der Nähe des Moléson. Kurz nach fünf Uhr geht es los. Oliver Neumann will früh genug vor Ort sein, um das sanfte Morgenlicht fürs Fotografieren nutzen zu können. Mit seinem kleinen Ford Fiesta fährt er durch die schlafenden Dörfer bis ins Greyerzerland, tauscht die leichten Sandalen gegen Bergschuhe, schultert den Rucksack und beginnt den Aufstieg bei den ersten Sonnenstrahlen.

Die Freiburger Alpen ins digitale Zeitalter bringen

Die Gipfelziele in den Freiburger Alpen haben Daniel Anker und Manuel Haas in ihrem 2014 erschienenen SAC-Führer zwar bereits ausführlich beschrieben. Doch für das Tourenportal soll nicht einfach die Führerliteratur eins zu eins übernommen werden. Es werden Routenverläufe für die digitale Karte erfasst sowie die Routenbeschreibungen aktualisiert, digital aufbereitet und vor allem auch dokumentiert. Während es in den traditionellen, gedruckten Führern nur für einzelne Fotos Platz gibt, können online alle wichtigen Stellen einer Tour im Bild gezeigt werden.

Genau das ist die Aufgabe von Oliver Neumann: Er soll die Freiburger Alpen für den SAC ins digitale Zeitalter bringen. «Die Bücher sind von hoher Qualität», sagt der Tourenportalautor, «online erhalten die Berggänger aber mehr und besser vernetzte Informationen.» So können zum Beispiel sicherheitsrelevante Informationen aktuell eingeblendet und Hüttenübernachtungen direkt gebucht werden. Oliver Neumann will die bestehenden Beschreibungen nicht kopieren, sondern seine eigenen Erfahrungen einbringen, neue Varianten anfügen und die Schwierigkeitsbewertungen überprüfen und vergleichbarer machen. Schliesslich ist selbst diese Einstufung keine exakte Wissenschaft. «Fels- oder Steilgraspassagen werden von den Autoren des Buches unterschiedlich bewertet», sagt er.

Der 51-jährige Oliver Neumann hat seine Leidenschaft für die Berge vor 20 Jahren entdeckt. In Stuttgart, wo er aufgewachsen ist, begann er mit dem Klettern. Später kamen Hüttentrekking, Bergsteigen und Schneeschuhlaufen hinzu. Seit 2006 lebt der Maschinenbauingenieur und Projektmanager in Neuenburg. Ein global ausgerichtetes Unternehmen hat ihn für die Betreuung deutschsprachiger Kunden in die Westschweiz geholt. Französisch konnte er damals noch nicht. Doch unbekanntes Terrain fasziniert ihn von jeher, sei es im Beruf oder auf seinen Bergtouren.

Der Teysachaux ist nun zwar nicht gerade ein unbekannter Gipfel. Obschon er nur mit einer kurzen Kletterpartie bezwungen werden kann, ist vor allem der Weg dem Grat entlang vom Moléson her bei Wanderern beliebt. Nicht umsonst: Beim schmiedeeisernen Gipfelkreuz, das die SAC-Sektion Dent de Lys im Jahr 1956 aufgestellt hat, bietet sich eine fantastische Rundumsicht über die Alpen, den Genfersee und fast die ganze Jurakette. Oliver Neumann hält Schlüsselstellen und Aussicht ausführlich mit seiner Kamera fest, erst dann gönnt er sich einen Schluck aus der Trinkflasche.

Die Bergerlebnisse mit anderen teilen

Tausende Wander-, Kletter-, Ski- und Schneeschuhrouten soll das Tourenportal im Endausbau umfassen. 900 davon und alle Hüttenzustiege sind gratis zugänglich, für die übrigen braucht man ein Abo. Aktuell sind gut 5000 Touren online, unter rund 150 steht der Name Oliver Neumann. Dank Autoren wie ihm ist der Start des SAC-Tourenportals geglückt. Oliver Neumann ist seit der Lancierung des Tourenportals mit dabei. Zunächst als Mitglied des sogenannten Sounding Board, mit dem die Projektleitung die Stimmen der Basis einbezogen hat, und heute als Autor. Seit das SAC-Tourenportal im Oktober 2018 online gegangen ist, entwickelt es sich mit neuen Funktionen stetig weiter und etabliert sich langsam neben den bestehenden Portalen. Pro Tag zählt es 40 000 Seitenaufrufe. Tendenz steigend.

Erfahrungen in der digitalen Tourenwelt hat Oliver Neumann allerdings schon lange vorher gesammelt. Unter dem Pseudonym poudrieres (er wohnt in Neuenburg an der Rue des Poudrières, wo sich einst ein Pulvermagazin befand) publiziert er seit 2011 auf hikr.org regelmässig Tourenberichte. Stolze 691 sind bis heute zusammengekommen. Auch auf camptocamp.org war er aktiv. Dem SAC fühlt sich Oliver Neumann als Tourenleiter der Section Neuchâteloise aber besonders verbunden. Da war es für ihn auch keine Frage, beim Aufbau des neuen Portals mitzuhelfen. «Meine Bergerlebnisse mit anderen zu teilen, macht mir einfach Freude», begründet er sein Engagement.

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