Die Weisshornhütte. Von Gespenstern zur Solaranlage
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Die Weisshornhütte. Von Gespenstern zur Solaranlage

Von Gespenstern zur Solaranlage

Die Weisshornhütte

Sie liegt auf halber Wegstrecke vom tiefsten Tal der Schweiz zum markanten Eckstein der Walliser Alpen. Sie lockt mit einem atemberaubenden Ausblick auf 19 Viertausender. Und sie bietet all jenen Alpinisten Einkehr, die den Inbegriff des Berges, das Weisshorn, besteigen wollen: die Weisshornhütte.

Eingeweiht wurde die Weisshornhütte an der Wende vom 19. ins 2O. Jahrhundert am 9. Juli 1900. Obwohl die 103-jährige Hütte ein Grenzdasein am Rande der pulsierenden Zivilisation führt, hat sie viel vom Wandel des Zeitgeistes, von der technischen Entwicklung und von der « Umwertung aller Werte » verspürt. Konnte sie in ihren Anfängen noch Gespenstergeschichten lauschen, schreitet sie mit dem angebrochenen Jahrhundert in eine moderne Zukunft, die Altbewährtes über Nacht hinwegfegt.

Anfänglich begnügte sich die Unterkunft schlecht und recht damit, ihrem dankbaren Gast ein Lager, etwas Schutz und ein bisschen Wärme zu bescheren. Nach und nach wartete sie mit immer mehr Annehmlichkeiten des täglichen Lebens auf. Die Ansprüche stiegen, die Hütte zog nach: Längst ist die Unterkunft mit fliessendem Wasser, solarer Elektrizität, moderner Kommunikation ausgestattet!

Der gute Geist Vor 36 Jahren knüpfte Luzius Kuster zu dieser Hütte – die schon damals auf eine beachtliche Geschichte zurückblicken konnte – seine eigene, persönliche Beziehung: Im Sommer 1966 wurde die Stelle eines Hüttenwarts auf der Weisshornhütte ausgeschrieben, gefunden wurde niemand. So sprang Luzius Kuster, der ab 1955 jeweils die Sommerferien mit seinen bergbegeisterten Eltern in Randa verbrachte, ein Jahr später « aushilfsweise » ein. Er wollte mit der Hütten-wartaufgabe einen Sommer lang seinem Leben etwas Abwechslung bringen. Nun, aus diesem einen Sommer wurden in der Zwischenzeit 36, aus der Wochen-endbeschäftigung eine Sommersaison-stelle, mit der Zeit assistiert von Ehefrau Renate und der gemeinsamen Kinderschar. Damals, zu Beginn seiner « hochgelegenen » Karriere, überreichten ihm die Bergsteiger noch ihre mitgebrachten Speisen zum Aufwärmen, heute zaubert Gastwirt Kuster ein dreigängiges Menu hervor – was u.a. auch eine Verbesserung des bescheidenen Einkommens bedeutet.

Was sich wandelt, bleibt Doch es sind – auch wenn sie den Hüttenalltag auf den Kopf stellen – nicht die technischen Erneuerungen, die das Wesen des Fortschritts ausmachen! Es bahnt sich ein Gesinnungswandel an. Einerseits schreckt ein neuer alpiner Trend vor langen grossen Touren zurück. Und andererseits vermeiden Hochtouristen heute ängstlich jedes Schlechtwetter-risiko und entziehen sich damit viel Ro-mantisch-Reizvollem im Hüttenleben – Luzius schmunzelt, wenn er sich daran erinnert, dass vor 20 Jahren so ein Schlechtwettertag in Kauf genommen wurde, obwohl nur gerade der « Piz Matratz » bestiegen werden konnte. Das einzig Beständige im Leben ist die fortwährende Veränderung aller lieb gewordenen Traditionen! Wie in der Natur wird alles, was sich nicht unaufhörlich durch stetes Wachsen von innen heraus erneuert, spröde und stirbt! Das Alte wird im Schatten des mächtigen Weisshorns verdämmern, doch die fels-farbige Hütte wird sich – genau wie sie sich in die Landschaft fügt und bisher allen Naturgewalten trotzte – auch in Zukunft zurechtfinden. a

Ernesto Perren, Zermatt Von der Weisshornhütte kann man 19 Viertausender erblicken, so auch das Zinalrothorn ( r. ). Weisshornhüttenwart seit 36 Jahren ist Luzius Kuster, hier mit Frau und Kindern.

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