Flüssigkeitsaufnahme bei Bergtouren (Teil I)
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Flüssigkeitsaufnahme bei Bergtouren (Teil I)

Die Tätigkeit Bergsteigen ist ein komplexes Geschehen, sind doch bei sämtlichen bergsteigerischen Disziplinen Psychologie, Physiologie, Trainingslehre, Medizin und Wetterkunde beteiligt. In den Bereich der medizinischen Thematik gehören u.a. die Flüs-sigkeitsversorgung und die Zufuhr von Mineralstoffen. Defizite im Wasser- und Mineralstoffhaus-halt des Körpers beeinträchtigen nicht nur die Leistungsfähigkeit, sie können auch zu gesundheitlichen Schädigungen führen. In einem ersten Teil werden die theoretischen Aspekte rund um die Mineralstoffe und ihre Vertei-lung/Aufgabe im menschlichen Körper aufgezeigt. Der zweite Teil befasst sich mit den praktischen Konsequenzen dieser Erkenntnisse.

Einleitung Auch wenn diese Themen schon in früheren Ausgaben der ALPEN ( 9/1987; 9/1993 ) behandelt wurden, bleibt die Flüssigkeitsaufnahme bei Für Bergtouren genügt es in der Regel, wenn die Getränke in normalen Bidons und Flaschen mitgenommen werden.

Wird zu wenig Flüssigkeit zugeführt, ist die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.

Bergtouren ein Dauerthema. Fast nicht ausrottbare Gewohnheiten, nicht nachahmenswerte Vorbilder oder wenig kompetente Beiträge in Zeitschriften machen es notwendig, wiederholt auf physiologische und medizinische Zusammenhänge hinzuweisen, um daraus die korrekte Flüssigkeitszufuhr abzuleiten.

Im Beitrag 9/1993 ( S. 424 ff. ) standen die Zusammenhänge zwischen den Flüssigkeitsverlusten und der Körpertemperatur im Vordergrund. Mit zunehmendem Körperflüssig-keitsdefizit steigt die Körpertemperatur an. Allerdings tritt dieser Effekt nicht auf, wenn sich der Körper gegen eine Unterkühlung wehren muss. Ausdauertrainierte und Hitzeakkli-matisierte schwitzen zwar mehr als Nichtausdauertrainierte und Nichtak-klimatisierte, können aber dafür den Anstieg der Körpertemperatur besser unterdrücken. Damit ertragen Trainierte höhere Schweissverluste als Nichttrainierte. Die Schweissrate hängt wesentlich von der Belastungsintensität ab. Das heisst, je stärker wir uns anstrengen, desto mehr schwitzen wir. Daneben spielen Um-gebungseinflüsse wie Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit, aber auch die Bekleidung eine Rolle. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Flüssigkeitsdefi-zite nicht nur direkt, sondern auch indirekt durch die erhöhte Körpertemperatur Leistungseinbrüche und Ge-sundheitsstörungen ( z.. " " .B. Hitzschlag ) auslösen können.

Die vorliegende Abhandlung befasst sich in einem ersten Teil mit dem WasserVSalzhaushalt und mit der Ge-tränketemperatur. In einem zweiten Teil werden dann die Themen, was und wann getrunken werden soll, behandelt.

Die Verteilung der wichtigsten Mineralstoffe ( Elektrolyts ) Unser Körper besteht aus zwei Flüssigkeitsräumen, dem intrazellu-lären und dem extrazellulären Sy- stem. Der intrazelluläre Raum umfasst alles, was sich innerhalb der Zellen befindet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Muskel-, Gehirn-, Leber- oder Nierenzellen handelt. Alles was sich ausserhalb der Zellen befindet, wird als extrazelluläres System bezeichnet. Dazu gehört auch das Blutgefässsystem. In bezug auf den Mineral- bzw. Elekrolytgehalt sind sich das Blut und die übrige extrazel-luläre Flüssigkeit ziemlich ähnlich. Hingegen finden wir eine stark unterschiedliche Verteilung der quantitativ wichtigsten Mineralstoffe in den beiden Körperflüssigkeitsantei-len. Kalium und Magnesium sind die wichtigsten intrazellulären, Natrium und Chlorid die wichtigsten extrazel-lulären Elektrolyte.

Der Ersatz von Mineralstoffen ( Elektrolyten ) Folgende Faktoren bestimmen die Strategie für den Mineralstoffersatz während und nach der Leistung: Die 400- 300- 200 Bouillon ist eine gute Möglichkeit für die Elektro-lytzufuhr.

10 arbeitende Zelle - dies sind während des Bergsteigens vor allem die Muskelzellen - kann nur Energielieferan-ten für die unmittelbare Verbrennung brauchen. Sie nimmt in dieser Phase keine Baustoffe, wozu auch die Mineralstoffe gehören, auf. Gleichzeitig besteht der Anspruch, das Transportsystem Blut während der Belastung so leistungsfähig wie möglich zu erhalten.

Die Erholungs- und Wiederauf-bauphase erfordert dann den Ersatz aller verlorengegangenen Elektro-lyte. Grundsätzlich lassen sich sämtliche Mineralstoffe sowohl in flüssiger als auch in fester Form ersetzen.

Sehr lange Belastungen und höhere Umgebungstemperaturen bewirken über das Schwitzen neben den Wasserverlusten vor allem grössere Kochsalzverluste. Damit wird das Kochsalz, das aus Natrium und Chlo-rid besteht, zur wichtigsten und im Grunde sogar einzig wichtigen Elek-trolytquelle für den Mineralstoffer-satz. Zu den Symptomen eines zu grossen Kochsalzdefizits gehören Ab-geschlagenheit, Schwindel oder Mus- kelkrämpfe. Auch eine mangelnde Kochsalzzufuhr im Alltag kann derartige Erscheinungen verursachen. Ein regelmässiger Kochsalzersatz als wichtiges Element für eine Tour ohne Zwischenfälle bedeutet, dass die im Schweiss ausgeschiedene Menge ersetzt werden soll. Diese liegt pro Liter Schweiss im Bereiche von 1 bis 3 g. Ein schlechter Ausdauertrainings-und/oder Hitzeakklimatisationsstand sowie eine grössere Wärmebelastung führen zu Verlusten an der obern Grenze dieses Bereichs. Für die Praxis heisst dies, entweder einen Bidon mit Bouillon oder eine gesalzene Zwischenverpflegung mitzunehmen.

Von Kochsalztabletten möchte ich vor allem wegen der Überdosierungs-gefahr dringend abraten. Diese stellen die mit Abstand schlechteste Möglichkeit eines Kochsalzersatzes dar. Als beinahe ebenso falsch erweist sich die Mitnahme von reinem Wasser. Es ist wesentlich ökonomischer, den Flüssigkeitsersatz mit einer Energie- und eventuell auch Mineral-stoffzufuhr zu verbinden. Hingegen

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Masseinheit g A min1 °C mÄqu mÄqu Flüssigkeitstempe Flüssigkeitsdefizit Herzfrequenzanstieg Rektaltemperatur Gesamt-Na+-Verlust im Schweiss Gesamt-Cl-Verlust im Schweiss 750 ( ±130 ) 40 ( ±3 ) 37,. " " .7 ( ±0,. " " .6 ) 136 ( ±13 ) 120 ( ±14 ) 790 ( ±190 ) 57 ( ±6 ) 37,. " " .9 ( ±0,. " " .1 ) 99 ( ±15 ) 91 ( ±16 ) Auswirkungen der Ge-tränketemperatur auf Wasser- und Salzhaushalt, Thermorégulation und Kreislauf.

Aus: Schürch, Peter: Flüssigkeitsaufnahme und Sport. Perimed-Fachbuch-Verl.. " " .Ges., 1991 ( Beiträge zur Sportmedizin; Bd. 37 ) Zusammenhang zwischen der Flüssigkeitstemperatur und der im Magen zurückbleibenden Flüssigkeit 15 Min. nach dem Trinken von 400 ml Getränk Restflüssigkeit [ml] A N6 Glukose = 139 mmol/l < « 100 203040 Flüssigkeitstemperatur [°C] steht dem Trinken von geschmolzenem Schnee dann nichts im Weg, wenn gleichzeitig eine Elektrolytzu-fuhr mit fester Nahrung erfolgt oder dies in Form von Zuckerwasser, gezuckertem Tee oder Bouillon geschieht.

Die Flüssigkeitstemperatur Ein besonderes Kapitel ist die Frage nach der optimalen Getränketem-peratur. Immer wieder hört man von verschiedenen Seiten den Ratschlag, dass wir Flüssigkeiten mit Zimmer-oder gar Körpertemperatur trinken sollten. Die verschiedenen experimentellen Untersuchungen zeigen aber ein anderes Bild: Die besten Resultate ergeben Getränketemperatu-ren von 5 bis 6 Grad1, bei steigenden Temperaturen liegen zunehmend schlechtere Ergebnisse vor. Kühlere Flüssigkeiten werden schneller aus dem Magen entleert ( vgl. Fig. oben ) und gestatten eine bessere Wiederauffüllung des Körpers. Dazu setzen sie nicht nur die Körpertemperatur erwünschterweise herab, sondern ökonomisieren auch den Kreislauf ( Herzfrequenzerniedrigung ) ( vgl. Tab. links ). Dies bedeutet, dass für unsere Bergtouren normale Feldflaschen oder Bidons in der Regel genügen. Eine Thermosflasche für heisse Getränke kommt nur dann zum Zug, wenn das Problem der Abwehr gegen die Kälte eine vordringliche Rolle spielt.

Dr. med. Peter Schürch, Muri ( BE ) 1800 ( ±90 ) 56 ( ±5 ) 38,. " " .2 ( ±0,. " " .1 ) 83 ( ±13 ) 75 ( ±14 ) jH* 1 Die Toleranz, kalte Getränke zu sich zu nehmen ohne gastrointestinale Beschwerden zu erleiden, ist individuell unterschiedlich und sollte berücksichtigt werden.

Sicherheit, Medizin, Rettungswesen c « a

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