Naturverträglicher Wintersport. Die Freiheit des einen erschwert das Überleben des anderen
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Naturverträglicher Wintersport. Die Freiheit des einen erschwert das Überleben des anderen

Naturverträglicher Wintersport

Für uns Wintersportler gibt es nichts Schöneres, als sich in einer unberührten, märchenhaft verschneiten Landschaft zu bewegen. Dies vermittelt uns ein Gefühl von uneingeschränkter Freiheit. Doch diese Freiheit hat auch ihre Grenzen! Denn die Wildtiere brauchen besonders im Winter Ruhe. Deshalb sind auf den Skitourenkarten vier verschiedene Schutzgebietskategorien markiert.

Wenn wir in der unberührten Natur unterwegs sind, vergessen wir oft, dass unsere « Wintersportarena » auch Lebensraum von Wildtieren ist. Für sie sind die Wintermonate eine Art Bewährungsprobe. Eine Überlebensstrategie, um während dieser harten Zeit zu überleben, haben alle Alpentiere gemeinsam: so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Sie bewegen sich nur noch im Schritttempo und nur für die Nahrungsaufnahme. Sie legen sehr viele Ruhephasen ein, und einige Tiere, z.B. Rothirsche und Rehe, können sogar ihre Körpertemperatur senken und die Herzschlagfrequenz verlangsamen. Sie fallen in eine Art Kältestarre, verharren reglos im Dickicht und lassen sich sogar einschneien.

Weshalb braucht es Schutzgebiete auf Skitourenkarten?

Scheucht ein Skitourengänger oder Schneeschuhwanderer Wild auf, flüchtet es panisch und verpufft in diesem Moment bis zu zehnmal mehr Energie als bei der Nahrungssuche. Muss ein Tier in kurzen zeitlichen Abständen mehrmals vor einem Tourengänger – einem potenziellen Feind – flüchten, kann dies seinen Tod bedeuten. Wenn wir die Bedürfnisse der Alpentiere kennen und ihnen mit Respekt begegnen, können wir sie vor solchen lebensbedrohlichen Situationen schützen. Einen wichtigen Beitrag zum Eine frisch verschneite und unberührte Landschaft mit den Ski zu durchqueren, das wünschen sich alle Tourengänger. Foto: Bruno Hasler/zvg Foto: SA C Jugend/zvg Foto: SAC Jugend/zvg Schutz der Wildtiere leisten Wintersportler, indem sie sich an die geltenden Schutzgebiete halten. Zur Unterstützung sind diese neu auf den Skitourenkarten markiert.

Skitourenkarten in neuer Aufmachung

In diesem Winter gibt swisstopo in enger Zusammenarbeit mit dem SAC 1 die drei Skitourenkarten Klausenpass 246 S, Sardona 247 S und Disentis/Mustér 256 S neu heraus. Auf diesen Karten wurden erstmals vier verschiedene Schutzgebietskategorien ausgeschieden: 2 eidgenössische Jagdbanngebiete, Schutzgebiete mit Betretungsverbot, Schutzgebiete mit Weggebot und vereinbarte Schongebiete. Die Skitourenkarten weisen zudem eine neu gestaltete Karten-rückseite auf. Unter anderem enthält sie präzise Informationen zu den Schutzgebieten. Da auch vermehrt Schneeschuhläufer die Skitourenkarten benutzen, werden auch sie direkt angesprochen.

Aktualität und Rechtssicherheit der Schutzgebiete

In der Regel wird jede Skitourenkarte alle sechs Jahre überarbeitet. Dennoch ist es besonders bei jenen Schutzgebieten, die in der Hoheit von Kantonen oder Gemeinden liegen, wichtig, sich vor Ort über Änderungen zu informieren. Denn die Lage und die Grenzen von Schutzgebieten können aus verschiedenen Gründen ändern. 3 So kann zum Beispiel schon kurz nach Erscheinen der neuen Skitourenkarte ein Schutzgebiet mit Betretungsverbot auf einen Routen-abschnitt einer auf der Karte eingezeichneten Skitour zu liegen kommen. Dann gilt die Signalisation vor Ort ( Informationstafeln, Markierungen mit Absper-rungsbändern usw. ). Diese verbietet unter Umständen das weitere Begehen der Skitourenroute, auch wenn sie auf der Skitourenkarte eingezeichnet ist. Im Internet finden sich neben eigentlichen Schutzgebietsverzeichnissen 4 weitere allgemeine Informationen auf der Plattform www.natursportinfo.ch.

Freiheit ade?

In vielen Bergregionen werden vermehrt Einschränkungen gefordert. Viele Bergsportler haben Angst, sich bald nicht mehr frei bewegen zu können. Doch dem ist nicht so! Angesichts der Kleinräumig-keit unseres Landes und der enormen Zunahme von Freizeit- und Sportaktivitäten in der Natur in den letzten 20 Jahren ist unsere Bewegungsfreiheit nach wie vor erstaunlich hoch. Man vergleiche nur einmal die beiden SAC-Skitouren-führer der westlichen Berner Alpen vor 20 Jahren und heute: Die Anzahl Routen hat sich vervielfacht – und dies unter Berücksichtigung sämtlicher Schutzgebiete.

Die wenigen auferlegten Einschränkungen gilt es unbedingt einzuhalten. Sonst werden wir unseren eigenen Grundsätzen eines rücksichtsvollen Neben- und Miteinanders in der Natur untreu. Und bei einer Nichteinhaltung der Schutzgebietsbestimmungen gefährden wir unsere jetzige Freiheit in den Alpen. a Petra Vögeli, Fachleiterin Natursport–Naturschutz 1 Seit Anfang 2006 ist das Ressort Umwelt des SAC für die Beschaffung und die Darstellung der Schutzgebietsdaten auf den Skitourenkarten zuständig. 2 Siehe auch ALPEN 2/2006, S. 34 3 Kurzfristige Änderungen können sich bei- spielsweise aufgrund von externen Umwelteinflüs-sen ( z.. " " .B. Windwurfflächen ) innerhalb weniger Monate ergeben.

4 Die eidgenössischen Schutzgebiete sind abruf- bar unter www.ecogis.ch. Über die kantonalen Schutzgebiete geben viele der zuständigen Ämter zurzeit nur telefonisch Auskunft. Einzig der Kanton Graubünden hat seine Schutzgebiete schon im Internet unter www.wildruhe.gr.ch publiziert. Die Skitourenkarten sind auch für Schneeschuh- und Snow-boardtourengänger das beste Planungsmittel, um nicht unbeabsichtigt Schutzvorschriften zu verletzen.

Für Tourengänger gibt es wohl nichts Schöneres, als in knietiefem, stiebendem Pulverschnee die Hänge hin-unterzuschwingen.

Gämsen verbrauchen auf einer Flucht im Schnee bis zu zehnmal mehr Energie als bei der täglichen Fortbewegung während der Nahrungsaufnahme.

Foto: Claude Morerod

Wissenschaft und Bergwelt

Scienza e mondo alpino

Science et montagne

Bedeutung der Gebirge für den Wasserhaushalt

Wasserschloss in einer durstigen Welt

Die Gebirgsregionen umfassen rund einen Viertel der Landoberfläche der Erde. Da sie aber weit mehr zum gesamten auf der Erde erzeugten Abfluss beitragen, als aufgrund dieses Flächenanteils zu erwarten wäre, werden sie zu Recht als « Wasserschlösser » bezeichnet.

Besonders markant zeigt sich die hydrologische Bedeutung der Berge, wenn man die Regionen ausserhalb der feuchten Tropen betrachtet: Bei einem Flächenanteil von 24% stammen hier 46% des Abflusses aus den Gebirgen. Je trockener das Unterland ist, desto wichtiger werden die benachbarten Gebirge. In Trocken-zonen, also in ariden bis semiariden Gebieten, sind die Gebirge sogar oftmals die einzigen Wasserlieferanten. Ihr Was-serüberschuss wird über die Ströme in die trockenen Vorländer transportiert und dort hauptsächlich zur Bewässerung und somit zur Nahrungsmittelproduk-tion genutzt. So befindet sich das welt-grösste Bewässerungssystem in Pakistan am Unterlauf des Indus. Dieser hat seine Wurzeln im wasserreichen Himalaya. Ein weiteres bekanntes Beispiel ist der Nil, der im afrikanischen Hochland entspringt. Er bringt Ägypten genügend Wasser, um eine nahezu stabile Nah-rungsmittelproduktion zu gewährleisten.

Viel Regen in der Schweiz

Doch selbst in humiden Regionen, also in Gebieten mit grossem Niederschlags-dargebot 1, wird das Abflussverhalten der grossen Flusssysteme massgeblich von den hydrologischen Verhältnissen im Gebirge beeinflusst. Dies veranschaulicht das Beispiel der europäischen Alpen. Sie bilden für die häufig von Nordwesten oder Südwesten anströmenden Luftmassen ein markantes Hindernis. Es kommt zur Hebung und Abkühlung der Luft und somit zur Bildung von Niederschlag. Im Gebirgsland Schweiz sind deshalb die Niederschläge mit einem Mittelwert von rund 1500 mm/Jahr fast doppelt so hoch wie im restlichen Europa. Etwa ein Drittel des Niederschlages in der Schweiz verdunstet. Die übrigen zwei Drittel verlassen die Schweiz über die grossen Flüsse in Richtung Tiefländer.

Wasserreichtum dank den Alpen

Vergleicht man die im Rhein bei Basel abfliessende Wassermenge mit dem Ge-samtabfluss des Rheins in den Niederlanden, zeigt sich der Einfluss der Alpen sehr deutlich. Die Fläche des Rheinein-zugsgebietes bis Basel umfasst lediglich 21% des gesamten Rheingebietes. Dieser Flächenanteil trägt aber im Jahresmittel 47% zum Gesamtabfluss bei. Die Gebirgsregionen erzeugen also doppelt so viel Wasser, als aufgrund des Flächenan-teils zu erwarten wäre. Im Sommer, wenn in Deutschland, Frankreich und Holland wegen hoher Verdunstung nur ein geringer Anteil des Niederschlags zum Abfluss gelangt, stammen gar über 60% des Gesamtabflusses aus dem Alpenraum. Die Gebirgsabflüsse sind geprägt von einem regelmässigen Jahreszyklus: Auf die winterliche Speicherung des Niederschlags in Form von Schnee und Eis folgt die Schmelze im Frühling und im Sommer. Dieser Zyklus wirkt stark ausgleichend auf den Abflussgang des Rheins in den Niederlanden. Beim Po, bei der Rhone und bei der Donau beobachtet man ähnliche Verhältnisse.

Hydrologische Versorgung

Um die hydrologische Versorgungslage eines Landes zu beurteilen, kann man sich einer einfachen Kennzahl bedienen: Man dividiert die jährlich in einem Land erzeugte Abflussmenge durch die Bevölkerungszahl. Damit erhält man das theoretisch pro Kopf verfügbare Wasserdargebot. Ohne die Gebirgszuflüsse würden die jährlich pro Kopf verfügbaren Wassermengen in Deutschland von 2170 m 3 auf 1305 m 3 fallen, in den Niederlanden sogar von 5760 m 3 auf 695 m 3. Wäre das der Fall, müsste man bereits mit einer Knappheit im Wasserdargebot rechnen. Zum Vergleich: In der Schweiz stehen jedem Einwohner pro Jahr theoretisch 5800 m 3 Wasser zur Verfügung, wovon allerdings nur rund 160 m 3 pro Ein- 1 Die in der Natur zur Verfügung stehende Wassermenge wird als Dargebot bezeichnet.

Der Unteraargletscher am Ende des Grimselsees, im Quellgebiet der Aare: Der Ursprung der meisten grösseren Alpenflüsse liegt in Gletscherregionen. Foto: Daniel Vivir oli Mittlere monatliche Abflussmengen entlang dem Rhein: Der Beitrag der Schweiz zum Gesamtabfluss ist blau markiert.

Die hydrologische Bedeutung der Gebirge weltweit für ausgewählte Flüsse: Je grösser das Dreieck, desto mehr trägt ein Gebirge zur Abflussmenge eines Flusses bei.

Mittlere jährliche Niederschlagshöhen im europäischen Alpenraum von 1971 bis 1990: Entlang dem Alpenbogen gibt es deutlich mehr Niederschläge als in den weiter entfernt liegenden Ebenen.

Grafik: Viviroli und Weingartner 2004 Grafik: Viviroli und Weingartner 2002 Daten: Schwarb et al. 2001, Kar togr afie: Andr eas Br odbeck wohner und Jahr genutzt werden. Wegen der günstigen, naturräumlichen Bedingungen in den Alpen ist in der Schweiz Wasser im Überfluss vorhanden. Dank der sehr guten Infrastruktur und einem ausgezeichneten Management kann es zudem optimal genutzt werden. Dass ein günstiges Wasserdargebot nicht a priori Gewähr für eine gute Ver-sorgungssituation bietet, zeigt das Beispiel von Nepal. Dank dem Wasserreichtum des Himalaya beträgt dort das Pro-Kopf-Dargebot sogar rund 8000 m 3 pro Einwohner und Jahr. Ein schlechtes Wassermanagement führt in Nepal jedoch zu einer völlig ungenügenden Trinkwasserversorgung.

Ober- und Unterlieger

Die Gebirgswässer Nepals wecken auch die Begehrlichkeiten des tiefer liegenden Nachbarn Indien. Dessen Bevölkerung wächst bekanntlich rasant. Neben dem Bedarf an Bewässerungswasser steht vor Mit seinem Austritt am Gletschertor beginnt der lange Weg des Wassers von den Alpen bis ins Tiefland.

Das Wasser hat bereits das Vorfeld des Bächligletschers im Grimselgebiet verlassen und verteilt sich auf einer kleinen Schwemmebene, bevor es am Talausgang zum Bächlisbach zusam-menfliesst. Im Hintergrund rechts die Bächlitalhütte SAC Foto: Kurt Sterchi allem auch die Nutzung der Wasserkraft im Mittelpunkt indischer Interessen. Konfliktsituationen zwischen sogenannten Ober- und Unterliegern sind vielerorts bekannt. Angesichts der wachsenden Erdbevölkerung werden sie vermutlich sogar weiter zunehmen. Die Bewältigung dieser Krisen und die gerechte Verteilung des Wassers wird deshalb eine der grossen politischen Herausforderungen dieses Jahrhunderts sein. a Rolf Weingar tner und Daniel Viviroli, Gruppe für Hydrologie, Geographisches Institut der Universität Bern

Literatur

– Schwarb M., Frei C., Schär C., Daly C. ( 2001 ): Mittlere jährliche Niederschlagshöhen im europäischen Alpenraum 1971–1990. In: Hydrologischer Atlas der Schweiz, Tafel 2.6. Bern – Viviroli D., Weingartner R. ( 2002 ): The significance of mountains as sources of the world's freshwater. GAIA 11(3):182–186 – Viviroli D., Weingartner R. ( 2004a ): Hydrologische Bedeutung des europäischen Alpenraumes. Hydrologischer Atlas der Schweiz, Tafel 6.4. Bern – Viviroli D., Weingartner R. ( 2004b ): The hydrological significance of mountains – from re- gional to global scale. Hydrology and Earth System Sciences 8(6):1016–1029, www.copernicus.org/ EGU/hess/8/6/1016.htm Zwischenstation des Wassers auf dem Weg zum Rhein: der Vierwaldstättersee bei Weggis, im Hintergrund Vitznauer Stock, Niederbauen- und Oberbauenstock Die junge Kander am Ausgang des Gasteretals: Gespeist von vielen kleineren Zuflüssen, hat sich ein mächtiger Bach entwickelt, der sich talwärts stürzt. Dieses Wasser mündet in die Aare und schliesslich in den Rhein. Die junge Kander im Gasteretal: An den steilen Bergflanken kühlen feuchte Luftmassen schnell ab, Wasser kondensiert, es beginnt zu regnen. So tragen die Alpen massgeblich zum Wasserdargebot bei.

Fotos: Daniel Vivir oli

adile, Cengalo, Sciora – grosse Bergeller Berge aus « jungem », schönem, festem Granit, die bei Bergsteigern, Kletterern und Wanderern einen klangvollen Namen haben. Sie liegen südlich des Val Bregaglia, das die hochalpine Welt des Engadins mit der mediterranen Landschaft des Comersees verbindet. Trotzdem bilden sie nicht das ganze Bergell. Auf der gegenüberliegenden Talseite liegen weniger spektakuläre Berge aus Bündner Schiefer, ruhende Gegenpole zu den wilden Granitzacken: Piz Lunghin, Piz da Cam und Piz Duan. Im bekannten Bergdorf Soglio hat man Letzteren im Rücken, und vom Tal aus wirkt er unscheinbar. Dabei bietet er die grandioseste Aussicht auf die Bergeller Riesen.

T E X T / F O T O SFrançoise Funk-Salamí, Zürich

B

Aber – und da kommt der Haken der Geschichte –, will man den Piz Duan besteigen, erfordert dies mindestens einen Zehnstundenmarsch. Und für eine Zweitagestour gibt es keine Hüttenunterkunft.

Annäherung im Schnee

Das Val Maroz, das durch eine Forststrasse von Casaccia aus erschlossen ist, entdeckte ich erstmals auf der Landkarte. Einige Zeit darauf spähte ich von der Höhe des Malojapasses in dieses unbekannte Tal, ohne aber den hinteren Talkessel einzusehen. Schliesslich konnte ich vom Gipfel des Piz Lunghin das ganze Tal bis zuhinterst zum Piz Duan überblicken.

Auf einer lohnenswerten Skitour von Casaccia auf den Piz Cam habe ich dann das Val Maroz im Frühjahr kennen

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