Problematischer Umgang mit Begriffen und Entwicklungen
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Problematischer Umgang mit Begriffen und Entwicklungen Zum Beitrag « Natursport, Sportethik und Naturverständnis » 11/99, S. 46/47

Mit Interesse habe ich diesen Artikel gelesen und mich darüber gewundert, dass nun auch hier das Canyoning-Unglück von Interlaken herangezogen wird, um damit das scheinbar mangelnde Naturverständnis von Natur- oder Bergsportlern der heutigen Zeit zu verdeutlichen. Ich denke, dass man junge Urlauber, die zwischendurch mal einen halbtägigen « Fun-Trip » bei einem kommerziellen Veranstalter buchen wie unsereins eine Führung durch einen botanischen Garten, nicht vergleichen kann mit Kletterern und Bergsteigern, die stets wissen müssen, was sie tun.

Ebenso fragwürdig erscheint mir auch die « sportethische » Trennung zwischen « Plaisir- » und « Abenteuer-kletterern »: Es wird wohl auch in der Schweiz - wenn überhaupt - nur ganz wenige Kletterer geben, die ausschliesslich schlecht oder gar nicht abgesicherte Routen klettern.

Als deutsche Kletterin und Bergsteigerin verfolge ich seit Jahren die restriktiven Reglementierungen und Felssperrungen in meinem Land, ihr Zustandekommen und ihre Auswirkungen. Eines wurde inzwischen klar: Die Begründung so mancher Sperrung ist wissenschaftlich nicht haltbar. Beim Lesen des Artikels habe ich den Eindruck gewonnen, dass man nun auch in der Schweiz Gefahr laufen könnte, sich in eine entsprechende Sackgasse zu verrennen. Müsste man denn eigentlich nicht zuallererst das Naturverständnis jener hinterfragen, die zwischen « Naturschützern » und « Naturnutzern » unterscheiden? Schliesslich ist das doch schon im Ansatz ein Ausdruck für die Entfremdung von Mensch und Natur, wie er krasser nicht sein könnte! Ich behaupte auf Grund meiner Erfahrungen, dass das Gros der Kletterer- und Bergsteiger/innen sehr umweit- und naturbewusst ist und sich entspre chend verhält. In den deutschen Mit-telgebirgs-Klettergebieten zeigt sich deutlich, dass Kletterer/innen gerne bereit sind, sich für deren Schutz aktiv einzusetzen, beispielsweise Anstiegswege zu den Felsen zu befestigen, freiwillig aufs Klettern zu verzichten, sofern dies erforderlich ist, und abzuseilen anstatt oben auszusteigen, wenn am Felskopf seltene Pflanzen wachsen.

Richtlinien und Reglementierun-gen können sich - auch wenn sie aus Furcht vor « schlimmeren » im vorauseilenden Gehorsam selbst auferlegt sind - als Bumerang erweisen. Nur wer die Freiheit hat, eigenverantwortlich zu handeln, sieht überhaupt einen Sinn darin, sich mit der Problematik auseinander zu setzen. Warum also nicht von diesen Erfahrungen profitieren und sich gleich von Anfang an stark dafür machen, dass es nicht - wie in Deutschland - zu Verboten und Aussperrungen kommt?

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