Tourenpartner gesucht: Wie das hochalpine Blind Date zum Erfolg wird
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Tourenpartner gesucht: Wie das hochalpine Blind Date zum Erfolg wird

Wie das hochalpine Blind Date zum Erfolg wird

Partnerbörsen im Internet haben Hoch- konjunktur. Doch Blind Dates in den Bergen haben ihre eigenen Gesetze. Hängt man am gleichen Seil, sind Lust und Frust näher beieinander als beim süffigen Mojito in der Kneipe nebenan.

Ausgezeichnete Bedingungen im Hochgebirge, ein Wettertrend, der Laune macht, die Pläne für die gemeinsame Hochtourenwoche in der Schublade, und dann kommt – last- minute – die Absage des Tourenpartners. Die Nachfrage bei den anderen Bergkameradinnen und -kameraden ergibt: Alle haben Lust auf Berg, doch keiner hat so kurzfristig noch Möglichkeiten, unter der Woche loszumarschieren. Was tun? Eine gemütliche Woche zu Hause mit Aufräumen, Shopping, Kaffeetrinken und Lesen verbringen? Oder die Ferien gleich ganz streichen, arbeiten gehen und die Fensterläden ge- schlossen halten? Einfach so tun, als wären da nicht die gleissenden Berge am Horizont? Oder entgegen den Gewohnheiten ein paar knackige Solotouren wagen? Doch halt: Im Zeitalter des Internets gibt es mit der « Tourenpartnerbörse » zum Glück noch eine weitere, durchaus in Betracht zu ziehende Alternative. Sofern man über ein gesundes Mass an Flexibilität, Weltoffenheit, Selbstvertrauen und Risikobereitschaft verfügt. Eigenschaften, die offenbar so manchen Berggänger auszeichnen, denn auf den einschlägigen Tourenpartnerbörsen im Internet herrscht reger Betrieb – wer ein Inserat schaltet, muss gewöhnlich nicht lange auf ein Echo warten.. " " .Doch die eigentliche Herausforderung besteht darin, die Spreu vom Weizen zu trennen. Ein Blind Date in den Bergen ist dann doch noch eine andere Nummer als ein Blind Date in der Kneipe nebenan. Denn Bergsteigen ist Vertrauenssache, die Hüttenabende sind lang, und die falsche Wahl kann viel Pein bedeuten. Auch für Häme ist dann gesorgt. Wie sagte doch einst mein Kollege mit breitem Grinsen, als ich von einer unfreiwilligen Solotour « mit » einem « Pinboardler » zurückkehrte: « Was ist der Grund dafür, dass sich Bergsteiger anseilenDamit der eine dem anderen nicht davonläuft !» Erst prüfe, wer sich bindet Den seltenen Reinfällen zum Trotz: Ich bin bekennende « Pinboardlerin ». Mein Berghunger ist gross und der Bedarf an Tourenpartnern selten hinreichend gedeckt. Ausserdem verfüge ich über alle erwähnten Charaktereigenschaften, um mich an der « Börse » wohlzufühlen. Nicht jedes Los ist ein Treffer, aber immer wieder ziehe ich wahre Perlen an Land. Das hält mich bei Laune und wiegt alle Nieten auf. Die Nieten. Die gibt es leider auch. Oder sagen wir vorsichtiger: Die Jungs, zu denen ich einfach den Draht nicht gefunden habe, die Sologänger mit Seilangst, die Selbstüberschätzer mit Rega-Abgang oder die Mädels, die Bergsteigen mit Schwangerschaftsturnen verwechselten, und dann noch die Kerls, die alles andere mit mir tun wollten, als auf Berge zu steigen. Im Hinblick auf den florierenden Tourenpartnermarkt kann es nicht schaden, meine bisherige « Börsenerfahrung » auf ein paar Spielregeln zu kondensieren. Wenn ich damit dem einen oder der anderen das eine oder andere unangenehme Bergerlebnis ersparen kann, dann ist das Ziel erreicht. Der Selbstüberschätzer Einer der unangenehmsten Gattungen ist der Selbstüberschätzer. Der Selbstüberschätzer unterscheidet sich vom an sich harmlosen « Tourenzieloptimierer » dadurch, dass er im Vorfeld unverschämt dick aufträgt und dann, wenn es zur Sache geht – am Berg – ganz flach herauskommt. Die Tour ist im besten Fall gelaufen, bevor sie richtig angefangen hat, und endet im schlimmsten Fall mit einem Rega-Notruf und allen bösen Konsequenzen für Ehre und Geldbeutel. Für beide Seilenden. Immerhin: Selbstüberschätzer lassen sich leicht entlarven. Man sollte sich angewöhnen, nach einem ersten, oft nur zweizeiligen Kontakt unbedingt noch folgende Fragen zu stellen: Welche Touren wurden in den letzten sechs Monaten unternommen? Im Vorstieg oder im Nachstieg? Mit Bergführer, im Club oder auf eigene Faust? Das reicht bereits, damit man sich ein Bild darüber machen kann, wie regelmässig und auf welchem Niveau der potenzielle Seilpartner unterwegs ist. Biomasse, Einstellung und Chemie Den passenden Tourenpartner zu finden, ist wahrhaftig nicht einfach. Es lohnt sich, seine Neugier auch auf Biomasse, Alter, Kondition, Einstellung und Motivation des potenziellen Partners zu richten. Gehen am kurzen Seil mit einem im Vergleich zu sich selber halb oder doppelt so schweren Seilpartner ist nicht jedermanns Sache. Ein grosser Altersunterschied bedeutet nicht selten Differenzen in Kondition und Einstellung. Wo ein Genuss- auf einen Leistungsmenschen trifft, gibt es früher oder später Differenzen, kalte Füsse, zu viel Stresshormone oder alles zusammen. Und wenn die Chemie nicht stimmt, macht weder das gemeinsame Klettern noch der lange Hüttenabend Spass. Schliesslich gilt: Das Leben ist zu kurz für schlechte Gesellschaft. Wenn immer möglich, sollte man sich deshalb bereits vor der Tour kurz « beschnuppern».Bei einem unguten Ziehen im Bauch gibt es die radikale Variante: A in die Wüste schicken und Kontakt B oder C favorisieren. Oder eine gemeinsame Tour mit A, B und C vereinbaren – das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass zwei und zwei zusammenpassen, und sorgt gruppendynamisch für eine Verminderung der direkten Reibungsflächen. Es erhöht die Anzahl Kontakte – im nicht seltenen Idealfall versteht sich jeder mit jedem, und der Tourenpartnermangel ist auf einen Schlag behoben. Nicht zuletzt ist es legitim, die Tour gemeinsam mit Kollegen zu planen: Das ermöglicht ein entspanntes Sichkennenlernen, und wenn es passt, wird das nächste Mal unabhängig geplant. Der Sologänger Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – Solisten als Seilpartner sind mit Vorsicht zu geniessen. Während im Allgemeinen eine gemeinsam begonnene Tour auch gemeinsam beendet werden sollte – Friede, Freude, Eierkuchen hin oder her – ist es im Besonderen für Sologänger bei Differenzen im Team die naheliegendste Lösung, das Seil im Rucksack zu lassen und getrennte Wege zu gehen, des Gletschers und der Bohrhaken ungeachtet: Wenn es dumm gelaufen ist, trägst du das Seil, die Friends und die Klemmkeile, und dein Sologänger verabschiedet sich mit GPS und Kartenmaterial. Der Don Juan de las montañas Der Don Juan de las montañas hat einen sehr freizügigen Begriff von Freiheit in den Bergen ( ich benutze die männliche Form, denn zur Donna Juanita fehlt mir die Erfahrung ). Am liebsten ist er mit jüngeren Frauen unterwegs, und neben Zahnbürste, Deo und Schlafsack hat auch ein Fläschchen Massageöl im Rucksack Platz. Am liebsten macht er kurze, einfache Touren, damit viel Zeit in der Hütte oder – noch besser – im einsamen Biwak bleibt. Eigentlich gehört der Don Juan in die Rubrik « Singletreff », er verirrt sich jedoch hin und wieder auch ins « Pinboard ». Wer dennoch nicht gerne reine Frauen- oder Männerseilschaften bildet und solchen Missverständnissen vorbeugen will, kann dies ganz einfach tun mit Stichworten wie « in einer festen Beziehung », « da mein Freund übers Wochenende arbeitet … » etc. Und los gehts – wer wagt, gewinnt! Die Tourenpartnerbörse lebt davon, dass sie genutzt wird: also los! Wer sich an die Spielregeln hält, wird kaum enttäuscht werden. Und das Abenteuer Berg wird um eine Komponente bereichert: das Abenteuer Mensch. Denn nicht selten entsteht aus der gemeinsamen Begeisterung für die Berge, aus dem gemeinsamen, intensiven Bergerlebnis, eine regelrechte Freundschaft. Im Zeitalter des Internets muss niemand mehr zu Hause Trübsal blasen und die Berge von Weitem bewundern, weil der Tourenpartner fehlt. Wie immer im Leben gilt auch hier: Nur wer wagt, gewinnt! Spielregel Nr. 1 Sei ehrlich zu dir selbst und zu den anderen – Selbstüberschätzung zahlt sich nicht aus. Passe das Tourenziel dem eigenen Können an. Wer geführt an seinem Limit unterwegs sein möchte, nehme sich einen Bergführer! Wer technisch weiterkommen will, sei auf das Kursprogramm des SAC verwiesen! Spielregel Nr. 2 Sei neugierig bis skeptisch – mache dir ein genaues Bild vom Niveau deines potenziellen Seilpartners. Ideal ist, wenn dein Seilpartner auf einem ähnlichen Niveau unterwegs ist, wie du selbst. Spielregel Nr. 3 Sich kennenlernen vor der Tour und/oder Redundanz einbauen. Spielregel Nr. 4 Generell, und besonders, wenn du mit einem bekennenden « Sologänger » verabredet bist: Tourenziel so wählen, dass du die Tour im Vorstieg und notfalls auch im Alleingang bewältigen kannst. Orientierungsmittel selber mitnehmen. Spielregel Nr. 5 Wer Seilschafts-, aber nicht Lebenspartner sucht: Macht klar, dass ihr Leute zum Bergsteigen und nicht für die Hüttenmatratze sucht. Bergportal – Pinboard Die populärste Tourenpartnerbörse für die Schweiz und die Alpen ist auf dem Bergportal zu finden. Alle alter- nativen Weblinks führen auf die gleiche Seite: www. skitouren.ch, www.gipfelbuch.c.h, www.bergtour.ch Das « Pinboard » hat zwei Unterrubriken: 1 Pinboard – « Tourenpartner: Finde deinen Seil- und Tourenpartner für Bergsport-Aktivitäten ». 2 Pinboard – « Single Treff »: « Amor's Ecke – Finde deinen Bergpartner mit dem gewissen Etwas !» Haftung: Bergportal ist ausschliesslich Betreiber einer technischen Infrastruktur und übernimmt keinerlei Haftung. Bei gemeinsamen Aktivitäten via « Pinboard » ist es Sache der Benutzer, sich untereinander bezüglich Erfahrung, Verantwortlichkeit und Durchführbarkeit von allfälligen Touren abzusprechen.

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