Vom Glücksgefühl in Verbier. Die Patrouille des Glaciers
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Vom Glücksgefühl in Verbier. Die Patrouille des Glaciers

Die Patrouille des Glaciers

Vom Glücksgefühl in Verbier

Patrouille des Glaciers oder kurz PDG. So heisst das legendäre Hoch-touren-Skirennen von Zermatt nach Verbier, das alle zwei Jahre Tausende in seinen Bann zieht. Was steckt hinter dem von der Schweizer Armee organisierten Anlass, bei dem die Wettkämpfer 4000 Höhenmeter aufsteigen und 4000 Höhenmeter abfahren?

PDG. Diese drei Buchstaben lassen das Herz vieler passionierter Skitouren-Wettkämpfer höher schlagen. Fast jeder von ihnen hat schon davon geträumt, bei strahlendem Winterwetter mit den Ski an den Füssen stundenlang gen Himmel zu steigen, nach einem Rundblick auf dem Gipfel in die Tiefe zu stechen, im Tal die Felle wieder aufzukle-ben und zum nächsten Gipfel zu ziehen. Nach der Abfahrt auf zum nächsten und noch einen – bis man schliesslich unten in Verbier von einer grossen Menschenmenge mit Applaus und Bewunderung empfangen wird. Müdigkeit und schmerzende Füsse sind im Moment der Ankunft vergessen, zu intensiv ist das Glücksgefühl: Die PDG, die Patrouille des Glaciers von Zermatt nach Verbier, ist geschafft!

Zum 13. Mal

Vom 16. bis 2O. April 2008 ist es zum 13. Mal seit 1984 wieder so weit. Diesmal werden 1400 Dreierteams starten. Gut 500 Patrouillen mussten aus Kapazitäts- und Sicherheitsgründen abgewiesen wer den. Für 600 Teams beginnt das Rennen in Zermatt, die anderen 800 Teams starten in Arolla. Wer hier startet, hat in Verbier 26 Kilometer hinter sich. Darin verpackt sind drei Aufstiege mit insgesamt 1900 Höhenmeter und 2350 Höhen- Noch 4000 Meter Aufstieg vor sich: Start der Patrouille des Glaciers in Zermatt Der Hexenritt, bei dem man die Stöcke zwischen die Beine klemmt, ist eine an der Patrou ille des Glaciers erlaubte Abfahrtstechnik.

meter Abfahrten. Die Leistung von Zermatt aus: 53 Kilometer Distanz mit total 8000 Höhenmeter. Wozu diese Anstrengung? Warum reisen alle zwei Jahre so viele Menschen aus rund 20 Ländern an, um an der Patrouille des Glaciers teilzunehmen? « Es ist die Mystik der Berge, der historische Hintergrund, die Kameradschaft und das gemeinsame grosse Ziel, Verbier zu erreichen », glaubt PDG-Organisationschef Marius Robyr. Der Brigadier spricht aus Erfahrung. Er war mit dabei, als die Patrouille des Glaciers 1984 wieder auflebte. Seit damals ist die PDG die Königin unter den Skialpinismusrennen.

Langjähriges Verbot nach Spaltensturz

Die Idee zur Durchführung der Patrouille des Glaciers stammte von den beiden Hauptleuten der damaligen Gebirgsbrigade 10, Rodolphe Tissières und Roger Bonvin. Während der Mobilmachung 1939–1945 setzten sie sich zum Ziel, die Einsatzfähigkeit der Truppe im Rahmen eines besonderen, länger dauernden Pa-trouillenlaufes zu erproben und zu festigen. Konkret ging es darum, die Strecke der Haute Route zwischen Zermatt und Verbier in einer Etappe zurückzulegen. Bei der ersten Durchführung 1943 mit Start in der Schönbielhütte erreichten wegen der ungünstigen Wetterverhältnisse nur zwei Patrouillen vollzählig das Ziel. 1944 wurde die PDG zum zweiten Mal mit Start in Zermatt und mit mehr Teilnehmern ausgetragen. Wegen der Kriegsfolgen fand das nächste Rennen erst 1949 statt. « Während dieses Rennens stürzte eine Patrouille in eine Gletscherspalte, und alle drei Männer starben. Es folgte eine heftige Diskussion, und das Militärdepartement verbot den Anlass », erläutert Marius Robyr. Lange Jahre hatte der Brigadier mit Gleichgesinnten gekämpft, um das Wett-kampfverbot aufzuheben. Nach 34 Jahren und unzähligen Anfragen bewilligte der damalige Armee-Ausbildungschef die PDG erneut. « Auch wurde materielle, aber keine finanzielle, Unterstützung zu- gesagt. » Der PDG-Kommandant ist stolz auf seinen Wettkampf. Nur dank der Armee sei ein solches Rennen möglich. Das OK besteht aus 150 Militärangehöri-gen. Zudem sind während vier Tagen 1500 Freiwillige und 50 Tonnen Armee-material im Einsatz. « Bei einer solch logistisch, sicherheits- und übermittlungs-technisch anforderungsreichen Aufgabe kann die Armee ihre Leistungsfähigkeit beweisen », so Robyr.

Doppelt so schnell

Der Blick zurück zeigt die enorme sportliche Entwicklung. 1944 brauchten die Sieger von Zermatt bis Verbier gut 13 Stunden, 1984 waren es 8 Stunden, und beim letzten Rennen vor zwei Jahren stoppten die Uhren nach 6:18:48. Sieger waren die beiden Franzosen Stéphane Brosse und Parrick Blanc sowie der Italiener Guido Giacomelli. Auch die Frauen brachen immer wieder Rekorde. 2004 und 2006 hiessen die Siegerinnen Catherine Mabillard, Séverine Pont und Gabrielle Magnenat. Mit 8:15 unterboten die drei Swiss-Team-Damen ihre Siegerzeit von 2004 um 8 Minuten. Dies zeigt: Seit 1984 sind die weltbesten Skialpinisten und -alpinistinnen an der PDG mit dabei. Das aktuelle Rennen ist sogar der Rahmen für die diesjährige Langstrecken-Team-WM. Alle grossen Skinationen und ihre 30 Teams werden darum auch an der PDG erwartet.

Heute mit Handy und Dopingkontrollen

Verändert hat sich auch die Kommunikation: Wurden einst zwei Kilogramm schwere Funkgeräte mitgetragen, waren 2006 erstmals alle Teams mit Handys und Chips ausgerüstet. Dank diesem Chip ist der Standort jeder Patrouille abrufbar. Auch 2008 gibt es wieder eine Neuerung: Der VBS-Vorsteher Samuel Schmid hat verfügt, die nationale Sportorganisation Swiss Olympic sei auch an Wettkämpfen der Armee zu Dopingkontrollen berechtigt. Kommandant Robyr, noch vor kurzer Zeit ein vehe-menter Gegner von Dopingtests bei der Armee, wünscht inzwischen diese Kontrollen: « Sie werden beweisen, dass unsere PDG dopingfrei ist. Die Patrouille des Glaciers lebt von Ehrfurcht, Mythos und Solidarität. Und von nichts anderem !» Weitere Infos unter www.pdg.ch a Ruth Oehrli, Gstaad Das Teilnehmerfeld zieht sich bei den Aufstiegen schnell in die Länge. Wollte die Einsatzfähigkeit der Truppe erproben und festigen: Rodolphe Tissière, einer der Väter der PDG Die Damen des Swiss-Teams gewannen die letzten beiden Rennen der Patrouille des Glaciers. Fotos: Gér ar d Ber thoud Foto: zvg/SA S 2008

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