Wie sollen SAC-Hütten sein?
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Wie sollen SAC-Hütten sein?

Als Ausgangspunkt für praktisch alle grossen Bergtouren, als sicherer Rückzugsort bei Schlechtwetter und nicht zuletzt als eigentlicher Kristallisationspunkt des klassischen Alpinismus und Zentrum des Sektionslebens haben die Hütten immer schon eine entscheidende Rolle im SAC innegehabt. Infolge des starken Wandels, sowohl im Bergsport als auch in der gesamten Hotellerie, hat sich vor allem in den letzten Jahren die Funktion der Hütten verändert, sodass sie zunehmend neu definiert werden muss.

Zentrum des Sektionslebens Für die Besitzersektionen konzentriert sich ein wichtiger Teil des Clublebens immer noch auf die Hütten. Besonders deutlich wird dies, wenn es um einen grösseren Umbau geht. Meist während Jahren wird darauf hingearbeitet, geplant, geändert, werden neue Ideen aufgenommen und umgesetzt. Vor allem in kleineren überschaubaren Sektionen ist das Engagement beeindruckend. Sektionsmitglieder setzen sich in vielfältiger Weise ein. Fronarbeit – ein Begriff, den wir sonst nur noch aus Geschichtsbüchern kennen – wird geleistet, Geld und Material gestiftet, Know-how beigesteuert, ganze Ferienwochen zur Realisierung des Projekts eingesetzt. Der Gedanke der Ehrenamtlichkeit, die im laufenden Jahr besonders gewürdigt wird, bildet einen entscheidenden Eckpfeiler beim Erhalt unserer Hütten. Entsprechend wichtig ist für eine Besitzersektion die Einweihung einer neu erbauten oder teilweise umgebauten, erweiterten und verbesserten Hütte. Bedürfnisse kontra Hüttennostalgie? Die heutigen Bedürfnisse sind das Ergebnis einer ganzen Anzahl von Entwicklungen. So haben sich die gesetzlichen Vorschriften vervielfacht, die die Lebens-mittelhaltung ebenso wie die Sanitäranlagen, die Küche, die gesamte Energieversorgung und eine Reihe weiterer baulicher Einrichtungen betreffen. Daneben sind die Komfortansprüche allgemein gestiegen. Mehrbettzimmer statt eigentliche Massenlager und Duschmöglich-keiten werden nicht nur aus Hygiene-gründen gewünscht, sondern zunehmend als Bestandteil einer gesunden und feriengerechten Lebensgestaltung vorausgesetzt. Aber auch die bergsportliche Ausrichtung und die Gäste selber haben sich gewandelt. Dank des leichteren Materials, der im Allgemeinen besseren Ausrüstung der Routen und eines anderen Herangehens an eine Bergtour wird weniger Zeit eingesetzt. Tagestouren, bei denen die SAC-Hütte nicht mehr als Übernachtungsort aufgesucht werden, sind beliebt. Oder man bleibt möglichst im Tal, wo die Infrastruktur besser ist und bei Schlechtwetter problemlos ein rascher Wechsel in ein anderes Gebiet vollzogen werden kann. Obschon keine aktuellen Untersuchungen über eine veränderte Gästestruktur bestehen, darf auf Grund von Beobachtungen doch angenommen werden, dass in vielen Hütten ( mit Ausnahme der eigentlichen hochalpinen Hütten mit langen, anstrengenden Anstiegen ) der Anteil der Bergwanderer und Touristen zu- und die Zahl der Bergsteiger abgenommen hat. Besitzersektionen werden dadurch mit ganz neuen Vorstellungen vom Hüttenleben konfrontiert wie beispielsweise der SAC-Hütte als Ort für einen vom örtlichen Tourismusbüro organisierten Fondue-abend. Was bedeutet das für eventuell ebenfalls anwesende Bergsteiger, was für das Hüttenleben und den Hüttenchar-akter insgesamt?

Hüttenromantik im Wandel Auch die Vorstellungen bezüglich « Hüttenromantik » haben sich gewandelt und wandeln sich ständig. Früher war man schon froh, anlässlich der noch stark Expeditionscharakter aufweisenden

An das äussere und innere Erscheinungsbild einer SAC-Hütte werden unterschiedliche, oft sogar widersprüchliche Anforderungen gestellt. Blick von der umgebauten Albignahütte ( Bergell, GR ) gegen Nordwesten.

Fo to :eg DIE ALPEN 11/2001

Bergtouren einen geschützten Ort zum Übernachten zu haben, und fand sich mangels Alternative mit den Umständen ab. Mit dem Neubau von Hütten und dem Aus- und Umbau der bestehenden wurden die Einrichtungen – allgemein begrüsst – verbessert. Inzwischen verfügen wir im Alltag aber über so viel Komfort, dass sich daraus eine gewisse Sehnsucht nach einer, vor allem in der Rückschau erstrebenswerten Romantik der einfacheren alten Zeiten entwickelt hat. Diese vermeintliche Romantik kann allerdings in einer Hütte mit über 100 Plätzen nur schwerlich entstehen.

Was ist Hüttenromantik? Nur, was ist « Romantik », was « Hüttenromantik » – in einer Zeit, wo fast jede/ jeder mit einem Handy daherkommt? Misst sich Romantik an ungenügenden Sanitäranlagen, an Massenlagern mit eher « streng » riechenden Wolldecken, an unhygienischer Lebensmittelvorratshal-tung – kurz, an Zuständen, die, wenn sie unangenehmeKonsequenzen zeitigen, dann auch sofort angeprangert werden? Oder kannRomantik – wenn wir der Entwicklung unvoreingenommen begegnen – nicht gerade in einer Hütte zu finden sein, die uns auch einen gewissen Komfort bietet? In einer Hütte mit hellen Räumen, kleineren Zimmern mit Einzel-schlafstellen, modernen Waschgelegenheiten ( warum nicht auch mit Duschge-legenheiten, wenn dies die Umstände zulassen ?), einer guten Küche, Tiefkühltruhe, genügend hellem Licht und – nicht zuletzt – als Folge davon mit zeitgemässen Arbeits- und Lebensbedingungen für die Hüttenwartsfamilie? In einer gemütlichen, sauberen Hütte mit elektrischem Licht und einer freundlichen und zuvorkommenden Bewirtung lässt sich Romantik in ihrem heutigen und zeitgemässen Sinn erleben.

Ideal und Wirklichkeit Bei der vergangenheitsorientiert idealis-tisch-verklärten Sicht der Romantik stellt sich die Frage, ob diese nicht vielfach nur in Form von theoretischen Deklarationen zum Ausdruck kommt. Muss nämlich konkret gewählt werden zwischen Komfortanspruch und nostalgischen Romantikvorstellungen, gibts zu Gunsten des ersten eine klare « Abstimmung mit den Füssen ».

Natürlich werden und können in wenig besuchten Gebieten Hütten bestehen bleiben, die an frühere Zeiten erinnern. Allerdings darf man sich da keinen Illusionen hingeben: Mit ihnen lässt sich unmöglich genügend Geld erwirtschaf-ten, um auch nur die notwendigsten Unterhaltsarbeiten vorzunehmen. Und bei der scheinbar einleuchtenden Vorstellung, « einfache » Hüttenromantik liesse sich gut vermarkten, wird vergessen, was Romantik-Vermarktung heute letztlich erfordert: Zum einen eine touristische Organisation, die sicher nicht mehr auf den Bergsteiger ausgerichtet sein kann, zum andern eben doch wieder eine gut ausgebaute Infrastruktur ( auch wenn diese dann möglichst nur « versteckt » in Erscheinung treten darf ).

Entwicklungen und Hütteneinweihungen 2001 Im laufenden Jahr sind verschiedene Hüttenum- und -neubauten eingeweiht worden, die in unterschiedlicher Form die Richtung der heutigen Entwicklung aufzeigen. Vorab ist die Keschhütte zu erwähnen, die – auch auf Grund der besonderen finanziellen Mittel und Möglichkeiten, die der Besitzersektion Davos zur Verfügung standen – zur topmodernen SAC-Hütte avanciert ist. Im Weiteren wurde die Albignahütte der Sektion Hoher Rohn eingeweiht, die ihrerseits als Symbol für das grosse Engagement einer kleinen Sektion gelten und als Inbegriff einer gemütlichen und in zeit-gemässem Sinne romantischen Hütte bezeichnet werden kann. a

Modern und gemütlich

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