Keine reine Männersache
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Keine reine Männersache Christelle Marceau, Leistungsbergsteigerin

Das Förderprojekt «Leistungsbergsteigen» des SAC bildet junge Alpinisten aus und lässt sie ihre eigene Expedition durchführen. Christelle Marceau ist als einzige Frau dabei – obwohl ihr Bewerbungsdossier gar nie angekommen ist.

In den steilen Granit- und Kalkwänden der Alpen fühlt sie sich am wohlsten. Die 23-jährige Neuenburgerin Christelle Marceau von der Sektion Neuchâtel hat grosse Ziele, nicht nur in den Schweizer Alpen. Am liebsten mag sie lange Mehrseillängenrouten, spärlich abgesichert, die ihr alles abverlangen. «Ich habe eine gute Psyche, kann die Angst kontrollieren, verfalle nicht in Panik. Das ist wohl meine Stärke», sagt sie leicht verlegen. Nicht umsonst konnte sie sich gegen 30 andere Bewerberinnen und Bewerber durchsetzen, obwohl bei der Anmeldung schon einiges schieflief. «Eigentlich habe ich mich ohne besondere Ambitionen für das Projekt beworben», gesteht sie. «Altersmässig war ich nahe an der Obergrenze, auch technisch wusste ich nicht sicher, ob ich das Zeug für dieses Team hatte. Und dann ist mein Dossier bei den Verantwortlichen gar nie angekommen, da war ich im ersten Moment schon sehr enttäuscht.» Dass sie heute trotzdem Teil des hochkarätigen Teams sein darf, war auch ein bisschen Glück. Als ein Platz frei wurde, wurde sie im Februar 2010 direkt zur ersten Prüfung eingeladen. Eis- und Sportklettern standen auf dem Programm. Ohne speziell trainiert zu haben, machte sich die junge Neuenburgerin auf den Weg. «Dass ich diese Prüfung bestanden habe, ist unglaublich», schmunzelt sie. «Alle anderen waren so gut, aber offenbar kann ich mithalten.»

Das in der Schweiz bislang einzigartige Förderprojekt des SAC führt neun talentierte Nachwuchsalpinisten hoch hinaus und ermöglicht ihnen eine fundierte Ausbildung im klassischen Alpinismus. Die Anforderungen sind hoch: Die jungen Erwachsenen dürfen bei der Anmeldung nicht älter als 20 sein, im Sportklettern wird «onsight» ein 6 c-Niveau verlangt, im Eis WI5. Christelle und ihre acht männlichen Mitstreiter haben mittlerweile einiges zusammen erlebt, die ganz grosse Herausforderung steht mit einer Expedition im Sommer 2012 an. Seit dem Herbst 2009 mussten die jungen Alpinisten etliche Hürden nehmen und ihre Stärken an Prüfungen mehrmals unter Beweis stellen. In zwei Prüfungsblöcken und einem Ausbildungscamp wurden im Frühjahr und Sommer 2010 die neun Mitglieder des Expeditionskaders ermittelt. «Im Sommer 2010 sind wir für eine Woche ins Valle dell'Orco nach Italien gereist», erzählt Christelle. «Neben Ausbildungsblöcken in technischem Klettern sind wir viele Mehrseillängenrouten geklettert, auch «clean» nur mit Keilen und Friends. Da war ich in meinem Element und habe es in die Endauswahl geschafft.» Im Winter 2010/11 wurde das Eis- und Mixedklettern vertieft, die Teilnehmer wurden in Sponsoring, Fotografie und Trainingslehre unterrichtet. Besonders das Eisklettern war für die zierliche Drogistin Neuland: «Ich war bislang selten im Eis, es hat mir aber unheimlich viel Spass gemacht», schwärmt sie und will im kommenden Winter vermehrt die Eisgeräte ergreifen.

Mittlerweile sind die neun ein eingespieltes Team, und Christelle sieht sich als einzige Frau nicht in einer besonderen Rolle. «Bislang waren wir alle immer auf Augenhöhe, ich habe nicht das Gefühl, im Team anders behandelt zu werden als meine Kollegen», bekräftigt sie, schränkt aber ein: «Ausser vielleicht ein bisschen in den Medien. Die interessieren sich gerne für die einsame Frau – es ist mir aber wichtig, dass in Zukunft auch dort Ausgeglichenheit herrscht.» Sie will sich neben der Ausbildung jetzt ganz auf den Alpinismus konzentrieren. Das Trainingslager mit der Expeditionsmannschaft im Gebiet der Alpi Maritime war die erste Station dieses Sommers. Es ging darum, die Fähigkeiten für die Expedition zu verfeinern und unter Anleitung der beiden Leadguides und erfahrenen Expeditionsbergsteiger Denis Burdet und Roger Schäli an den eigenen Stärken zu feilen und Schwächen auszubügeln. «Daneben möchte ich diesen Sommer einige grosse Wände in den Alpen klettern, die Wendenstöcke reizen mich zum Beispiel sehr», erzählt Christelle begeistert. Dass der Alpinismus auch nach Abschluss des SAC-Projekts ein fester Bestandteil ihres Lebens sein wird, ist für die Neuenburgerin klar. «Ich weiss noch nicht, was die Zeit nach der Schule und der Expedition bringt, vielleicht eine Ausbildung zur Bergführerin oder die Arbeit als Drogistin, vielleicht erfülle ich mir aber auch den Traum einer Kletterreise durch Europa. Ich bin noch unschlüssig», gesteht sie und schmunzelt auf die für sie typische, leicht verlegene Art. Aber first things first – die Expedition ruft, und der Fokus aller neun Teammitglieder – ob Mann oder Frau – liegt gleichermassen auf dieser Herausforderung. 

News zur Expedition

auf Facebook > SAC-Expeditionsteam/Team d' expedition CAS und unter www.sac-cas.ch/jugend

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