Kunst + Hütten ≠ Kunsthütten
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Kunst + Hütten ≠ Kunsthütten SAC-Kunstausstellung 2009

« Wanderziel Kunst: Ein- und Aussichten » heisst die SAC-Kunstausstellung 2009. Sie findet diesen Sommer statt. Es ist keine Ausstellung im üblichen Sinn: Sie ist verteilt auf fünf SAC-Hütten in der ganzen Schweiz. Um die Werke der 14 eingeladenen Künstler entdecken zu können, brauchen Besucher Wanderschuhe und ein wenig Ausdauer. Der Kurator Andreas Fiedler erläutert die Hintergründe des ungewöhnlichen Projektes.

Ohne Wanderung in diesem Fall keine Kunst... Und zum Projekt gehört ein umfangreicher Katalog, der bereits wenige Wochen nach der Installierung der Werke vorliegen soll. Darin werden die jeweiligen Kunstwerke mit Bildern und einem Text dokumentiert. Daneben enthält der Katalog aber auch einen Infoteil zu den Hütten und Wandervorschläge – ist also zugleich Kunstkatalog und Wanderführer. In den Hütten werden zudem Kurztexte zu den einzelnen Werken vor Ort abgegeben.

Selbstverständlich – es ist zu hoffen, dass Kunst zu irritieren vermag. Ich würde mir beispielsweise wünschen, dass sich die Abendgespräche der Gäste in den Hütten auch um die Kunst drehen. Diese Gespräche können durchaus kontrovers sein. Vielleicht beginnen sie auch mit der Frage, was das denn überhaupt soll... Aber – und da vertraue ich auf das Potenzial der gezeigten Kunst – die Gespräche werden sich mit dieser Frage nicht erschöpfen.

Nein, das war kein zentrales Kriterium. Es gibt durchaus Kunstschaffende, die sich in ihrem bisherigen Werk mit dem Thema « Berge » beschäftigt haben – so etwa Studer/van den Berg mit ihrem Projekt « Vue des Alpes ». Primär wollte ich aber ein breites Spektrum von unterschiedlichen Vorgehensweisen und künstlerischen Haltungen. Mich interessiert es sehr, wie die beteiligten Künstlerinnen und Künstler auf den spezifischen Kontext reagieren.

Der SAC hat sich bei der Suche nach einem Kurator vom Schweizerischen Kunstverein beraten und unterstützen lassen. So wurde der Kontakt zwischen dem SAC und mir hergestellt.

Neben meiner Tätigkeit als Kurator von Ausstellungen in verschiedenen Kunstinstitutionen beschäftige ich mich seit vielen Jahren mit Fragen zur Kunst im öffentlichen Raum. Insbesondere ortsspezifische künstlerische Interventionen interessieren mich sehr, beispielsweise bei sogenannten « Kunst-am-Bau-Projekten ». Das Anliegen des SAC war allerdings schon aussergewöhnlich. Diese Ausstellung sollte im Alpenraum, an mehreren Orten und zum Teil auf einer Höhe von fast 2800 m stattfinden.

Bei aller Begeisterung hatte ich natürlich viele Fragen. Zuerst wollte ich mich ganz persönlich und grundsätzlich mit dieser Idee auseinandersetzen. Wie könnte ein solches Projekt aus meiner Sicht überhaupt aussehen? Welches Konzept wäre denkbar? Wie kann sich Kunst in der Bergwelt überhaupt manifestieren? Es gab dann einige weiterführende und sehr offene Gespräche mit dem SAC. Für mich war beispielsweise ganz wichtig, dass sich das Ausstellungskomitee explizit eine « Ausstellung auf hohem künstlerischem Niveau » wünschte.

Selbstverständlich, denn ein solches Projekt stellt organisatorisch und logistisch ausserordentliche Anforderungen – nicht zuletzt auch wegen möglicher Wet-terkapriolen. Wegen dieser besonders komplexen Voraussetzungen mussten viele Dinge wie Transportmöglichkeiten und Zuständigkeiten geklärt werden.

Zu den Rahmenbedingungen gehörte, dass für die Ausstellung Hütten aus allen vier Sprachregionen der Schweiz berücksichtigt werden müssen. Die Ausstellungsorte sollten auf verschiedenen Wegen und leicht – nicht schwieriger als T2 – erreichbar sein. Zudem waren der Zeitrahmen und das Budget vorgegeben.

Die spontanen Reaktionen waren jeweils aufschlussreich und wichtig für mich. Die Gespräche drehten sich oft sehr schnell um grundsätzliche Fragen wie, was Kunst in der Bergwelt denn überhaupt zu suchen habe oder welche Bedeutungsverschiebungen sich für die Kunst « dort oben » ergeben. In gewisser Weise ist es also auch ein Experiment. Die Antworten auf diese Fragen kann nur das realisierte Projekt geben.

Oberhalb der Baumgrenze haben Fragen nach dem Renommee der Künstler vielleicht keine so grosse Bedeutung mehr... Ich bin überzeugt, dass alle eingeladenen Kunstschaffenden für diese sehr spezifische Ausgangslage eine präzise Idee entwickeln und umsetzen werden.

Grundsätzlich funktionieren die fünf Standorte je für sich alleine. Dies war mir wichtig, denn ich gehe natürlich nicht davon aus, dass die Mehrheit der Besucher alle fünf Hütten aufsuchen wird.

Es versteht sich von selbst, dass die eigentliche Funktion der Hütten und deren interne Betriebsabläufe durch das Kunstprojekt nicht beeinträchtigt werden sollen. Viele künstlerische Interventionen werden übrigens ausserhalb der Hütte realisiert. Die jeweilige Hütte definiert also primär einen Ort und nicht einen Ausstellungsraum.

Entscheidend war für mich die tolle und sehr konstruktive Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. Zunächst natürlich mit den Kunstschaffenden, die sich begeistern liessen und sich sehr für das Projekt einsetzen. Dann waren für mich persönlich die äusserst positiven Begegnungen und Gespräche mit den Hüttenwarten und Hüttenwartinnen sehr wichtig. Sie werden im Sommer 2009 während über drei Monaten mit Fragen, Bemerkungen und Einwänden der Gäste konfrontiert – sie sind eigentlich die Schlüsselfiguren für die Vermittlung und damit den Erfolg des ganzen Projekts. Weiter ist es für mich auch eine grosse Freude, dass sich das Ausstellungskomitee vorbehaltlos und mit grossem Engagement hinter das ambitionierte Projekt stellt. Leider setzt das Budget Grenzen – so sind einige von Künstlern vorgeschlagene Projekte nur realisierbar, wenn wir zusätzlich finanzielle Unterstützung bekommen. Gönner sind also sehr willkommen!

Im Bereich der zeitgenössischen Kunst kannte ich den Prix Meuly, also jenen Kunstpreis, den der SAC alle paar Jahre vergibt. Ausserdem war mir bekannt, dass der SAC sporadisch Ausstellungen initiiert, so etwa « Gletscherblick 99 » oder « hoch hinaus ». Ganz allgemein schätze ich es sehr, dass sich der SAC auf verschiedenen Ebenen mit dem Alpenraum als Kulturraum auseinandersetzt.

 

Andreas Fiedler

Der Kunsthistoriker arbeitet als freier Kunstkritiker und Kurator im Bereich der zeitgenössischen Kunst. Er realisierte zahlreiche Ausstellungen, unter anderem im Helmhaus Zürich, im Kunstmuseum Solothurn und im Kunstmuseum Luzern.

24. SAC-Kunstausstellung

Der SAC hat sich in seinen Statuten selbst die Aufgabe gegeben, regelmässig Kunstausstellungen zu organisieren. Sie sollen die Auseinandersetzung mit gebirgsbezogener Kunst fördern. Die erste Ausstellung realisierte der SAC 1933 im Kunstgewerbemuseum in Zürich. Weitere fanden im Kunsthaus Glarus, in der Villa Malpensata in Lugano oder im Helmhaus in Zürich statt. Die letzte Ausstellung fand 2005 im Kunstmuseum Thun statt. Die diesjährige ist die 24. Kunstausstellung des SAC.

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