Sehen und gesehen werden. Rettungseinsätze in der Nacht
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Sehen und gesehen werden. Rettungseinsätze in der Nacht

Es war eine sternenklare, klirrend kalte Nacht im Februar 2004. Kurz nach zwei Uhr liess der Helikopter Marco Salis an der Winde zu den beiden im Schnee blockierten Männern hinunter. Sie waren unverletzt und noch ganz munter, erinnert sich Salis. Als er sie fragte, wohin sie denn unterwegs seien, deuteten sie talabwärts und sagten: « Nach Pontresina. » Was die beiden Tourenfahrer nicht wussten: Sie waren längst in Italien. Die Lichter, die sie sahen, blinkten von Fran-scia im Val Malenco herauf. Der Weiler liegt zirka 20 Kilometer südlich von Pontre sina.

chende Einstellung auch von gewissen neuen Geräten wiedergegeben werden können. Mithilfe des Analogtons ist es prinzipiell möglich, alle Verschüttungs-situationen zu lösen. Die Interpretation des Analogtones und der weiterführenden Suchtaktiken erfordert jedoch ein zusätzliches Training.

Auswahl eines geeigneten LVS

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Einantennengeräte eindeutig nicht mehr den Möglichkeiten der Technik entsprechen. Der Wechsel auf ein modernes LVS mit drei Antennen ist für einen Grossteil der Benutzer aufgrund der einfachen Bedienung angezeigt. Niemand sollte sich aus Preisgründen oder Selbstüberschätzung im Umgang mit den alten Geräten ein LVS ohne Suchrich-tungsanzeige zulegen. Besonders für ältere Personen, deren Hörfähigkeit abnimmt, drängt sich der Wechsel auf ein Gerät mit optischen Suchhinweisen auf. Zudem ist der Kauf eines LVS der Miete unbedingt vorzuziehen. Nur wenn jemand ein Gerät besitzt und sich somit immer wieder mit demselben Gerät auseinandersetzt, wird er es im Ernstfall effizient einsetzen können.

Umgang und Unterhalt des LVS

Der sorgfältige Umgang und eine periodische Überprüfung des LVS sind auch bei modernen Geräten immer noch Pflicht. Die meisten Hersteller empfehlen bei normaler Verwendungshäufigkeit alle drei Jahre eine Überprüfung. Für den täglichen Einsatz in Organisationen ist eine jährliche Überprüfung empfehlenswert. Da eine zuverlässige Energieversorgung für die Betriebssicherheit entscheidend ist, sollten ausschliesslich Alkaline-Batterien verwendet werden. Batterien müssen immer alle gleichzeitig auswechselt werden; wiederaufladbare Batterien sind tabu, da diese bei niedriger Temperatur schlechter arbeiten. Wird das Gerät längere Zeit nicht gebraucht, sollten die Batterien entfernt werden. a Manuel Genswein, Meilen Nach der erfolgreichen Ortung: harte Schaufel-arbeit, da jede Minute zählt. Die Sonde leitet die Retter zum Verschütteten.

Foto: Manuel Gensw ein Fotos: Rega/Christian Perr et Die Armee hilft mit: Nacht-einsatz eines helikopters der Schweizer Luftwaffe Das Licht des helikopters hilft nicht nur beim Suchen, sondern auch den Rettern am Boden.

genügt die Ausrüstung der Regaheli kopter nicht für eine Nachtrettung, kann man auf den Armeehelikopter mit spe ziellen wärmebildkameras zurückgreifen.

Der Rettung war eine aufwendige Suchaktion vorausgegangen, wie Marco Salis, Rettungschef SAC Bernina, erzählt. Etwa sieben Stunden früher hatten Enga diner Feriengäste ihre zwei Kollegen als vermisst gemeldet. Die beiden hatten im Gebiet Sils/Furtschellas–Piz Chapütschin eine Skitour unternommen und waren beim Eindunkeln noch nicht zurück. Die Telefonverbindung war schlecht, hie und da tröpfelte ein SMS herein. Daraus ging hervor, dass die Männer ins Rosegtal absteigen und nach Pontresina fahren wollten. Irgendwann war die Verbindung ganz weg.

Die Freunde alarmierten via Einsatzzentrale der Polizei die Alpine Rettung. Nach einer Situationsanalyse fuhr Rettungschef Marco Salis mit dem Auto ins Rosegtal, entdeckte aber keine Spur der Vermissten. Es erfolgte eine Rücksprache mit der Einsatzzentrale der Rega und der Besatzung der Einsatzbasis Samedan. Die Retter setzten darauf die Suche mit Helikopter, Nachtsichtgeräten und Suchscheinwerfern im weitläufi gen Tal fort. Ohne Erfolg. Nach einigem Werweissen entschlossen sich die Verantwortlichen, es weiter südlich zu versuchen. Und tatsächlich: Die Heli-Crew fand dank den Scheinwerfern Spuren und folgte ihnen. Statt ins Rosegtal waren die Tourenfahrer vom Piz Chapütschin ins Fextal abgefahren, hatten dann die Grenze nach Italien überquert und waren ins Valle Scerscen gelangt. In einem felsigen Steilhang endete die Irrfahrt der Männer. Sie waren blockiert – in völliger Dunkelheit und tiefem Schnee. Hier entdeckten die Retter die beiden und brachten sie mit dem Helikopter heil nach Samedan.

Ein Viertel der Rettungen in der Nacht

Nachteinsätze der Alpinen Rettung sind nicht selten. Von insgesamt 476 Einsätzen im Jahr 2006 fi elen 128 in die Zeit zwischen 18 Uhr abends und 7 Uhr morgens: Das ist über ein Viertel. Die eingeschränkte Sicht prägt Suchaktionen bei Nacht. Erste Wahl ist meist der Helikopter. Nachts erschweren Nebel oder Niederschlag eine Rettung aus der Luft aber noch mehr als tagsüber. Als Alternative bleibt die terrestrische Suche, teilweise mit Suchhundeteams. Aber auch am Boden sind nächtliche Rettungsaktionen heikler. Weil sie weniger Allgemeine Infos Vom 17. bis 2O. Oktober 2007 fand in Pontresina der Jahreskongress der Internationalen Kommission für Alpines Rettungswesen ( IKAR ) statt. Zentrales Thema war die Nachtrettung. Zudem verabschiedeten die Delegierten die « Empfehlung über die Organisation der Bergrettung » und die « Empfehlung über die Ausbildung von Bergrettern » einstimmig. Eine Bergrettungsorganisation soll demnach das Verhältnis zu den Behörden und die Zusammenarbeit mit anderen Rettungsorganisationen klar regeln, sie soll das Risiko für die Einsatzkräfte minimieren sowie organisatorisch und technisch auf dem neuesten Stand sein. Bergretter sollen über gewisse persönliche und soziale Kompetenzen verfügen und richtig ausgebildet sein. Der nächste IKAR-Kongress findet vom 8. bis 12. Oktober 2008 in Chamonix statt. Die neuen Empfehlungen der IKAR und weitere Informationen sind zu lesen unter www.ikar-cisa.org.

sehen, können die Suchmannschaften schlechter abschätzen, wie gross die Gefahr von Lawinen oder Steinschlag ist. Um die Sicherheit der Retter zu gewährleisten, muss darum zuweilen eine Suche abgebrochen werden, die bei Tag weitergeführt worden wäre. Wenn die herkömmlichen Mittel allein nicht zum Ziel führen, kann die Polizei die Luftwaffe um Unterstützung bitten. Diese verfügt über Super-Puma-Helikopter, die mit einer Wärmebildka-mera ausgerüstet sind. Das Suchsystem « Forward Looking Infrared » ( FLIR ) registriert die kleinsten Wärmestrah-lungen. Damit können Personen aus dem Helikopter auch in der Dunkelheit gesichtet werden. Im Jahr 2006 kam es zu 26 solchen Sucheinsätzen, davon 15 im alpinen Gebiet. Insgesamt konnten mit dem FLIR-System bisher sieben Personen lebend gefunden werden.

Leuchtstreifen und Stirnlampen

Dass die Rettungsaktion bei Samedan gut ausging, hatte mit Glück und mit Können zu tun. Glück hatten die beiden Tourenfahrer: Auf ihrem Weg waren sie an Felsabbrüchen und Gletscherspalten en masse vorbeigekommen, ohne es zu merken, ohne Seil, ohne Stirnlampe. Zum glücklichen Ausgang trugen auch die Wetterbedingungen bei. Hätte ein starker Wind geweht, wären die Spuren bald verwischt gewesen. Dann hätte der Crew des Rettungshelikopters alles Können nichts genutzt.

Berggänger, die sich nicht nur aufs Glück verlassen wollen, rüsten sich entsprechend aus. Marco Salis empfiehlt: « Wichtig sind Stirnlampen und gut sichtbare Kleider mit Leuchtstreifen. Damit sind Personen auch über weite Distanzen zu sehen. Was die Kommunikation betrifft: Eigentlich sollte man Funkgeräte mitnehmen. Sie sind im Gebirge zuverlässiger als Handys. » Bei den Stirnlampen gilt es zusätzlich zu beachten: Wenn man den Rettungshelikopter kommen sieht, sollte man den Lichtstrahl nicht auf ihn richten. Die Nachtsichtgeräte verstärken das wenige vorhandene Licht um ein Vielfaches. Werden sie direkt angeleuchtet, werden die Geräte praktisch « geblendet », alles um den Lichtpunkt herum erscheint schwarz.

Sorgfältige tourenplanung

Die Alpine Rettung verfügt über Mittel und Strategien, dank denen auch verzwickte Fälle wie der im Valle Scerscen glücklich enden. Eine bessere Ausrüstung der Berggänger würde den Rettern die Arbeit jedoch erleichtern. Für Marco Salis, seit 40 Jahren in der Flugrettung engagiert, ist aber etwas anderes noch wichtiger: eine gute Tourenvorbereitung. Hätten die beiden Engadiner Feriengäste diesen Grundsatz beherzigt, hätten sie sich und der Bergrettung den Abstecher nach Italien erspart. a Andreas Minder, Zürich Viel leichter erkennbar: eine Person, die eine Jacke mit reflektierende Streifen trägt.

Rettungschef Marco Salis trägt Kleider mit Leuchtstreifeneine Ausrüstung, die er allen Berggängern empfiehlt.

Fotos: A RS/Dieter Spinnler

Leserbriefe

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Courrier des lecteurs

SAC – Pause – wieder SAC

Meine Bergsteigerkarriere begann 1967 mit einer Skitour aufs Sustenhorn. Ich kannte nur die Route und war mit einer rudimentären Ausrüstung unterwegs, hatte keinen Pickel dabei, keine Steigeisen. Mit der Hilfe von zwei Bergsteigern, die ich in der Kehlenalphütte traf, konnte ich aber die Tour zu einem glücklichen Ende bringen. Die zwei Begleiter luden mich sogar ein, Mitglied bei ihrer SAC-Sektion zu werden. Als stolzes neues Mitglied der Sektion UTO absolvierte ich etliche Ausbildungen: Seilkurs, Eiskurs, Kletterkurs, Sek tionstouren und Tourenwochen. Nach vielen Touren und Tourenwochen wurde ich als Nachfolger des abtreten den JO-Chefs vorgeschlagen. Ich hatte das grosse Glück, gute und begeisterte Helfer zur Seite zu haben. Wir wollten auch anspruchsvolle Hochtouren und schwierigere Klettereien ins Programm nehmen. Wir engagierten Bergführer und führten im Programm « ungewöhnliche » Touren und Klettereien. Das gab regelmässig wortreiche Diskussionen im Vorstand und Reklamationen von anderen Sektionen. Eine bewegte Zeit.

Nach vielen Touren packte mich Ende der 70er-Jahre aber das Bedürfnis, das neu aufgekommene Drachenfliegen zu lernen. Bald war ich immer weniger in den Bergen anzutreffen, dafür immer mehr in der Luft. Aus Mangel an Bergtouren trat ich nach 25 Jahren SAC-Mit-gliedschaft aus dem Verband aus, obwohl ja keine Tourenpflicht vorgeschrieben war.

Dann aber, nach rund 30 Jahren Deltafliegen entdeckte ich das Bergsteigen wieder und begann, einfache Berg- und Skitouren zu unternehmen. So entdeckte ich in der Bergseehütte einige Ausgaben der ALPEN. Ich war völlig überrascht über das, was heute im SAC abgeht. Das ist ja überhaupt nicht mehr zu vergleichen mit früher! Die roten Socken sind verschwunden. Die Jugend kann jetzt wett- oder plauschklettern am Fels, am Eis und an Kletterwänden, an Skitourenrennen teilnehmen, ganz « gewöhnliche Touren » geniessen oder auch schwierige Touren mit Tourenleitern unternehmen. Ausser den wie früher interessanten und gut geführten Sektionstouren wird jetzt in Partnerschaft mit Bergsportschulen ein vielseitiges Sommer- und Winterprogramm angeboten. Daraus kann ich schliessen, dass es im Vorstand von SAC-Sektionen wohl keine bösen Diskussionen mehr gibt, ob man Bergführer auf JO-Touren beiziehen soll, oder über etwas ungewöhnliche Kletter- und Hochtouren.

Jetzt bin ich wieder Mitglied des SAC und freue mich auf jede Ausgabe der ALPEN, auf die Informationen auf der Homepage und auf einfache Berg- und Skitouren. Allen Damen und Herren, die zu dieser Entwicklung und Öffnung beigetragen haben, kann ich nur sagen: Hut ab, Danke. a Kur t Haas,. " " .Trasadingen

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