Weltmeister zu Besuch in Zürich
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Weltmeister zu Besuch in Zürich

Show auf hohem Niveau im Kletterzentrum Gaswerk Kürzlich waren die Kletter-Welt-meister François Petit und Liv Sansoz, beide aus Frankreich, im Kletterzentrum Gaswerk in Schlieren zu Besuch. Das Gespräch mit der 20jährigen Liv Sansoz und dem 22jährigen François Petit zeigte einige Tendenzen des Wettkampfkletterns auf: Die führenden Athleten scheinen sich zu « Kunstturnern in der Vertikale » zu entwickeln, die möglichst jung, leicht und beweglich sein müssen, um an Indoor-Wettkämpfen Erfolg zu haben.

Intensives Training und Gratwanderung Die filigrane Liv Sansoz, Schülerin an einer höheren Wirtschaftsschule, sagt, dass sie pro Woche mindestens 30 Stunden trainiert. Davon verbringt sie in der Wettkampfvorbereitung 90% an künstlichen Wänden. Erst nach der Weltmeisterschaft in Paris von Anfang Februar 1997 in Paris konnte sie ein paar Wochen lang nach Lust und Laune am natürlichen Fels klettern. Die junge Kletterin wurde in Paris Doppel-Weltmeisterin im On-sight-Klettern ( hier wird der offizielle Weltmeistertitel vergeben ) und im neu eingeführten Duell-Klet-tern1, das wie ein Parallel-Ausschei-dungsklettern durchgeführt wird. Die Duell-Disziplin kam beim Publikum sehr gut an und lockte eine grosse Zuschauerzahl nach Paris. Liv Sansoz meint denn auch, dass die Weltmeisterschaft nach der neuen Formel zur grösseren Beachtung des Wettkampfkletterns beigetragen hat. Sie kann vom Klettern leben, wenn auch mehr schlecht als recht: Branchenfremde Sponsoren sind an dieser Sportart nach wie vor kaum interessiert. Wie die junge Französin sagt, betrachtet sie das Wettkampfklettern als Spiel, das ihr neben einem gewissen finanziellen Einkommen auch eine umfassende Lebensschule bringt.

Liv Sansoz und François Petit, Trägerin und Träger des aktuellen Weltmeisterti tels, waren auf Einladung des italienischen Unternehmens für Bergsportartikel La Sportiva im Kletterzentrum Gaswerk Zürich zu sehen: Liv Sansoz ( Bild oben ) und François Petit ( Bild rechts ), beide Frankreich, anlässlich dieser am 11.. " " .April 1997 stattfindenden Kletterdemonstration.

Interessant ferner die Aussagen von Liv Sansoz zur Entwicklung des Wettkampfkletterns bei den Frauen: Sie sagt, dass immer jüngere und leichtere Kletterinnen Erfolg haben werden. Ihr eigenes Gewicht liegt -bei einer Körpergrösse von gut 160 cm - nur bei ca. 43 kg. Sie weiss, dass die Entwicklung zu immer leichteren Athletinnen nicht ungefährlich ist: Für sie selbst ist es eine Gratwanderung, den Weg zwischen Mager-sucht und Wettkampf-Idealgewicht zu finden. Sie findet auch die Entwicklung hin zum « Kunstturnen in der Vertikale » eher schade. Damit werden immer jüngere Kletterinnen an den Wettkämpfen teilnehmen, die vielfach nicht nur aus eigenem Antrieb klettern, sondern von Erwachsenen - Eltern, Trainern -gepusht werden. Weiter stellt sie fest, dass das Konkurrenzdenken unter den Wettkämpferinnen grösser ist als bei den Männern - sie fühlt sich unter den Kletterern wohler und trainiert häufiger mit ihnen als mit Frauen.

Duell-Disziplin ist attraktiver Bei den Männern ist der Druck, möglichst leicht sein zu müssen, laut François Petit etwas weniger gross. Doch auch hier sind zunehmend leichte, junge und agile Kletterer, die sich auf die künstlichen Wände spezialisieren, an den extrem überhängenden Wettkampfrouten erfolgreich. François Petit trainiert minde- stens 75% an Indoor-Wänden und höchstens 25% am natürlichen Fels.

Die Duell-Disziplin ist für Petit, der in Lyon eine Ingenieurschule besucht, die Zukunft des Wettkampfkletterns: Sie ist für den Zuschauer viel spannender, wie die Weltmeisterschaften in Paris bewiesen. Für den frischgebackenen On-sight-Weltmeister war dieser Titel das höchste erreichbare Ziel in seiner Sportart2 ( das Klettern ist keine olympische Disziplin ): Damit verbunden sind aber auch mehr Druck, mehr Stress und nicht viel mehr Einkünfte. Wohl können er und die zwei, drei besten Kletterer Frankreichs von ihrem Sport leben - doch reich werden sie nicht davon, und der Aufwand ist vergleichbar mit jenem eines anderen Spitzensportlers.

Eleganz und Präzision Beim Showklettern an den Wänden des Kletterzentrums Schlieren faszinierten die jungen Weltmeister durch ihre präzise Technik, durch die scheinbar mühelosen Bewegungen auch in schwierigsten Passagen. In einer Route, die « Normalverbraucher » als äusserst schwierig bewerten würden, turnten sie mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Eleganz hoch. Nichts erinnerte an den Kraftakt, mit dem Laien das Klettern in überhängenden Wänden oft gleichsetzen.

Christine Kopp, Flüelen1 Die internationale offizielle Bezeichnung ist entsprechend der englischen Schreibweise « Duel ».

2 Sieger in der Duell-Disziplin, für welche in Paris noch kein Weltmeistertitel vergeben wurde, wurde der Schweizer Elie Chevieux.

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